Erwin Strittmatter: Die Biographie (German Edition)
Eindruck von dem Mann gewesen. Unabhängig davon habe er fast zeitgleich Eva Strittmatter kennengelernt, die ihm lobende Sätze über eine seiner Erzählungen sagte. »So dass ich eine total widerspältige Gesamtvorstellung von der Familie Strittmatter hatte. Der Herr knarzte meinen Freund Kaufmann an, und die Frau sagte mir Freundliches, ja Beförderndes..
Schon während seines Studiums hatte Kant den Roman »Ochsenkutscher« gelesen und war begeistert. »Dieses plebejische Milieu war meins. Diese literarischen Träumereien, dieser Ehrgeiz und dergleichen, das war alles meins, das war sozusagen mein Buch.« Als er 1960 zunächst als freiberuflicher Mitarbeiter in den Verband kam, sei ihm Strittmatter natürlich bei Versammlungen begegnet. Eine andere Qualität habe ihre Beziehung erst mit der »Aula« bekommen, dem ersten Roman von Hermann Kant, der 1965 erschien. »Er hat mir also einen zweiseitigen Brief geschrieben, wo er die ›Aula‹ für seine Verhältnisse über den grünen Klee lobte. Dazu hat er noch ein paar Anmerkungen gemacht, was ihm besonders gefiel und was ihm nicht gefiel, und für mich war, als ob mir da jemand ein paar Flügel überreicht hätte.« Eine regelrechte Freundschaft mit gegenseitigen Besuchen habe wohl ein Jahr später begonnen, als Hermann Kant die Schauspielerin Vera Oelschlegel kennenlernte und die Strittmatters und die »Kantschlegels« – wie Erwin Strittmatter das Paar in seinem Tagebuch manchmal nennt – in Schulzenhof zusammen Silvester feierten.
Er sei nie »ein fanatischer Anhänger« von Strittmatters Büchern gewesen, sagt Kant. »Ich habe sie mit großer Freude gelesen, aber habe nie gedacht, was ich bei anderen Autoren natürlich gedacht habe: So’n Buch müsstest du mal hinkriegen! Ich wollte so’n Buch nicht hinkriegen. Das war eine andere Art. Es war am schlimmsten für mich beim ›Bienkopp‹,den ich einfach … ja, der kam nicht bei mir an.« Auch von Strittmatters Seite sei nach dem lobenden Brief zur »Aula« nicht mehr viel gekommen, bis auf ein paar freundliche Worte zum »Aufenthalt«. Sie hätten eigentlich nie groß über ihre »Sachen« miteinander gesprochen. Aber mit dem dritten Band des »Wundertäters« sei das anders gewesen, damit habe Strittmatter »eine neue Qualität« erreicht.
Bekanntlich sei dieses Buch »mehr als nur umkämpft« gewesen. »Ich habe das Buch faktisch gerettet«, sagt mein Gegenüber feierlich. »Ich wusste genau, man versuchte dieses Buch von der Öffentlichkeit fernzuhalten. Diese Tricks kennen Sie ja alle, dass man zum Beispiel einen Großteil der Auflage bei der Volksarmee ablieferte, also es gab tausend Geschichten, mit denen man versuchte, das Buch noch einmal so zu behandeln, wie man den ›Bienkopp‹ behandelt hatte. Und ich hab die Gelegenheit ergriffen und habe also eine Rezension geschrieben im ›Sonntag‹..
Vor der Veröffentlichung sei er zu Strittmatter in dessen Berliner Wohnung gefahren und habe ihm den Text gezeigt, weil er in diesem Fall nichts machen wollte, was dem Freund nicht recht sein würde. Der habe sich zum Lesen zurückgezogen und sei nach einer Viertelstunde mit Gläsern und einer Flasche Schnaps ins Zimmer gekommen und habe gemeint, darauf müssten sie einen trinken. »Und da er immer ein bisschen ein sentimentaler Mensch war, war er den Tränen nicht ganz fern. Also, er war – ohne Diskussion – dankbar..
Nach der Wende aber habe Erwin das Buch mit seinen Tagebuch-Auszügen zum »Wundertäter« herausgegeben, Kant überlegt ein bisschen, wie der Titel lautete – »Nachricht aus den Wolken« – nein, es war »Die Lage in den Lüften«. »Und da tauchte auch dieser mein Besuch mit meiner Rezension zum ›Wundertäter III‹ auf. Das hatte er alles zutreffend geschildert, aber dann hat er geschrieben und hat das auch gedruckt: Warum macht er das? Und ließ durchblicken, dass esmir nicht um das Buch ging, sondern eigentlich um irgendwelche Manipulationen.« 468 So groß war die Verletzung, dass Hermann Kant aus seiner Autobiographie »Abspann«, an der er gerade schrieb, die meisten Passagen über Erwin Strittmatter herausstrich. Der ließ ihm prompt die Frage ausrichten, ob er über ihre Freundschaft nichts mehr zu sagen hätte.
War das also das Ende ihrer Beziehung? »›Die Lage in den Lüften‹ hat also die Lage zwischen uns schwierig gemacht, und daraus ist dann nicht mehr groß was geworden – auch dadurch, dass er dann allmählich krank wurde und weiß der Teufel was, und ich
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