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Erzaehl mir ein Geheimnis

Erzaehl mir ein Geheimnis

Titel: Erzaehl mir ein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Cupala
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Erschreckend real.
    »Zeitpunkt der Geburt: siebzehn Uhr zweiundvierzig«, sagte die Ärztin und die Schwester notierte es.
    »Zwanzig vor sechs am Heiligabend«, sagte Shelley. »Dein ganz persönliches Weihnachtsgeschenk.«
    »An Weihnachten passiert nie was Gutes«, keuchte ich. Dennoch, ich konnte meine Augen nicht von meinem Baby abwenden. Ihre Haut war runzlig und spannte sich um ihre Gelenke, war bedeckt mit einer Schicht weißlicher Flocken, die sie vor dem Fruchtwasser geschützt hatten und sie jetzt vor dem Licht, den Geräuschen, der Luft und einem Raum voller Menschen schützte.
    Als sie schrie, hörte sie sich an wie ein neugeborenes Kätzchen. Ich konnte beinahe ihre Lungen durch die transparente Haut sehen.
    Ich durfte sie nicht einmal berühren, bevor sie in das Plastikbabybettchen gelegt und aus dem Zimmer gefahren wurde.

38
    Shelley wischte sich den Schweiß von der Stirn, als ob es die schwerste Arbeit ihres Lebens gewesen war, diesen Berg aus mir herauszupressen. Die Krankenschwester blieb im Zimmer.
    »Was ist mit meinem Baby? Kann ich sie sehen?«
    »Bald. Aber du solltest dich jetzt ausruhen. Sie wird gut versorgt.« Sie schnatterte weiter, erzählte, dass sie das Baby auf die Intensivstation gebracht hatten, ihre Lungen noch nicht voll entwickelt wären, sie noch keinen Saugreflex hätte und dass ihre Haut noch zu empfindlich für Berührungen sei.
    Shelley schloss die Augen, »nur für ein paar Minuten«, und innerhalb kürzester Zeit fiel ihr der Kopf auf die Schulter und sie fing leise an zu schnarchen.
    Die Krankenschwester sammelte die Klebestreifen, Schläuche und Sonden ein, mit denen ich übersät war. Ähnlich wie mein Dad, wenn er Geschenkpapier einsammelte, um es wegzuwerfen. Es war, als ob nichts passiert wäre, außer dass ich mich fühlte, als wäre ich von einem Lkw überfahren worden.
    »Kann ich dir was holen? Ein Wassereis?«
    »Ziehen Sie mir nur diese Kanüle raus«, sagte ich gereizt und bemerkte, dass meine Haut geschwollen und rot war an den Rändern des Klebebands. Als die Schwester sofort hilfsbereit zu mir eilte, beruhigte ich mich. »Vielleicht könnten Sie meiner Freundin auch ein Kissen bringen.«
    Im Zimmer war es still, bis auf Shelleys leises Schnarchen. Selbst nachdem die Schwester gegangen war, um sich um andere Patienten zu kümmern, konnte ich nicht einschlafen. Ich fühlte mich leer. Unruhig. Ich warf einen Blick auf mein Handy, zehn verpasste Anrufe. Kamran? Meine Eltern? Ich machte mir nicht die Mühe nachzusehen.
    Ich könnte mich anziehen und nach Hause gehen und es wäre, als ob es Lexi nie gegeben hätte. Irgendjemand hier – vielleicht Nichelle, die ein Baby wollte, ein Baby brauchte – könnte sie nehmen. Meine Eltern hätten ihre Tochter zurück und ich könnte wieder die Rolle der Brenda übernehmen, bereuen, und alles wäre wie vorher.
    Aber nichts war mehr wie vorher.
    Nachdem ich eingeschlafen war, summte das Telefon in meinen Träumen weiter. Der Boden unter meinen Füßen ratterte wie eine Säge. Ich lief an einem weißen Kreuz aus Sicherheitsnadeln vorbei. Ich konnte Xanda nirgendwo sehen, aber ich war sicher, dass sie bei Lexi war, ich konnte ihre Stimme hören, als wenn sie mit einem durchdringenden Brummen meinen Namen riefe: Mandy.
    Wieder dieses Brummen, ein Telefon klingelte irgendwo im Raum.
    Ich setzte mich schlaftrunken auf. Shelley war weg, aber sie hatte einen Zettel hinterlassen: Bin gleich wieder da.
    Streifen aus goldenem Licht waren am Himmel zu sehen. Wie viel Uhr war es? Das Handy summte in meiner Tasche, die ich unter die Bettdecke gestopft hatte.
    Halb acht am Weihnachtsmorgen.
    Ein erneutes Klingeln schrillte in meinen Ohren und brachte mich vollständig in die Gegenwart zurück. Lexi. Wo war sie? Ich schwang meine Beine aus dem Bett und Dunkelheit legte sich wie ein Turban um meinen Kopf. Langsam. Ich musste mich langsam bewegen, weil sonst die Körperteile, die noch in mir waren, mit Sicherheit herausfallen würden.
    Das Telefon im Zimmer klingelte weiter, nörgelnd und beharrlich. »Ruhe!«, brüllte ich und warf mein Kissen in Richtung des Telefons. Der Aufprall riss den Hörer von der Wand, er baumelte nutzlos hin und her. Ich hörte eine quakende Donald-Duck-Stimme am anderen Ende der Leitung. Während ich versuchte, mein Gleichgewicht wiederzuerlangen, verstummte sie. Noch immer nur mit einem OP-Hemd bekleidet, zog ich mir die passende Krankenhaushose an und versuchte aufzustehen. Mir wurde schwindlig, vom Kopf

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