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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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von Abbey, von Cavaillé-Coll …«
    Der Pfarrer mußte befürchten, daß das Namensregister bis zur bevorstehenden Vesperzeit nicht beendet sein würde.
    Dann fugte der Orgelbauer hinzu, indem er sich mit den Fingern durchs Haar fuhr: »Und wenn mir das mit der Orgel von Kalfermatt gelingt, wird sich keine andere Orgel mit ihr vergleichen lassen, weder jene der Alexander-Kathedrale in Bergamo, noch jene der Pauls-Kathedrale in London, noch jene in Freiburg, noch jene in Harlem, noch jene in Amsterdam, noch jene in Frankfurt, noch jene in Weingarten, noch jene in der Notre-Dame zu Paris, in der Madeleine, in Saint-Roch, in Saint-Denis, in Beauvais …«
    Und er sagte das alles mit begeisterter Miene und mit Gebärden, die in der Luft launenhafte Linien beschrieben. Bestimmt hätte er jedem anderen Menschen als einem Priester – der den Teufel mit einigen Worten Latein jederzeit vernichten kann – Angst eingeflößt.
    Glücklicherweise ließ sich die Vesperglocke vernehmen, und indem er seine Mütze ergriff und deren Federbusch mit einer leichten Fingerbewegung kräuselte, vollführte Meister Effarane eine tiefe Verbeugung und kehrte zu seinem Balgtreter auf dem Dorfplatz zurück. Obwohl er nun fort war, glaubte die alte Magd etwas wie Schwefelgeruch in der Luft festzustellen.
    In Tat und Wahrheit rauchte aber der Ofen.
VI
    Es versteht sich von selbst, daß von diesem Tage an nur noch über diesen ernsten Vorfall gesprochen wurde, der die Leute im Dorf leidenschaftlich bewegte. Der große Künstler namens Effarane, zugleich ein großer Erfinder, traute es sich zu, unsere Orgel mit einem Kinderstimmenregister zu bereichern. So würde man also nächste Weihnachten nach den Hirten und den Heiligen Drei Königen, die von Trompetenstößen, vom Schnarrwerk und von Flötenklängen begleitet wurden, die frischen, kristallklaren Stimmen der Engel hören, die um das kleine Jesuskind und um die Gottesmutter herumflattern.
    Die Arbeiten begannen schon am nächsten Tag; Meister Effarane und sein Gehilfe hatten sich ans Werk gemacht. Während der Schulpausen gingen ich und ein paar andere aus der Klasse die beiden besuchen. Man ließ uns auf die Empore hinaufsteigen unter der Bedingung, daß wir nicht stören würden. Das ganze Orgelgehäuse war geöffnet, in seinen Urzustand zurückversetzt. Eine Orgel ist lediglich eine an den Windkasten angebaute Panflöte mit Blasebalg und Register, das heißt mit einem Regierwerk, das die Windzufuhr steuert. Unser Instrument war ein großes Modell mit vierundzwanzig Hauptregistern und vier Manualen zu je vierundfünfzig Tasten, überdies mit einem Pedal für die zwei Oktaven umfassenden Grundstimmen der Baßlage. Wie riesig kam uns doch dieser Wald von Zungen-oder Lippenpfeifen aus Holz und aus Zinn vor! Man hätte sich in diesem dichten Massiv verlieren können! Und was für komische Namen kamen über die Lippen von Meister Effarane: Doppelregister, Flötenregister, Krummhörner, Bombarden, Prinzipal, Gemshörner!
    Wenn ich denke, daß es sechzehn Fuß lange Pfeifen aus Holz und zweiunddreißig Fuß lange aus Zinn gab! In diesen Pfeifen hätte man die ganze Schule mitsamt Herrn Walrügis verstauen können! Wir betrachteten das Durcheinander mit einer an Schrecken grenzenden Verblüffung.
    »Henri«, sagte Hockt und wagte einen Blick unter das Gehäuse, »es sieht einer Dampfmaschine ähnlich …«
    »Nein, eher einer Geschützbatterie«, sagte Farina, »es sind Kanonen, die mit Musikkugeln auf einen schießen …!«
    Ich fand keinen Vergleich, aber wenn ich an die Windstöße dachte, die der doppelte Blasebalg durch diese Riesenpfeifen hindurchjagen konnte, ergriff mich ein Schauer, der mich stundenlang erzittern ließ.
    Meister Effarane arbeitete inmitten dieses Wirrwarrs, ohne je in Verlegenheit zu geraten. In Wirklichkeit befand sich die Orgel von Kalfermatt in einem ziemlich guten Zustand, und die Reparaturen, die sie benötigte, waren nur geringfügig, dafür hätten mehrere Jahre alte Staubschichten entfernt werden müssen. Was die größten Schwierigkeiten bereiten würde, war der Einbau des Kinderstimmenregisters. Diese Vorrichtung, eine Reihe von Kristallflöten, die sicher liebliche Töne hervorbringen würden, lag in einem Kasten bereit. Meister Effarane, ein ebenso geschickter Orgelbauer, wie er ein hervorragender Organist war, hoffte, daß ihm endlich das gelingen würde, was ihm bis dahin mißlungen war. Allerdings bemerkte ich, daß er nur zögernd zu Werk ging, auf der

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