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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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anfangen.
    P. Am Anfang! Doch wo ist der Anfang?
    V. Sie wissen, der Anfang ist . (Dies sagte er in leisem, schauerndem Tone mit allen Zeichen der tiefsten Ehrfurcht.)
    P. Was ist das: ›Gott‹?
    V. (zögert eine Zeitlang) Ich kann es nicht sagen.
    P. Ist Gott ein Geist?
    V. Als ich wach war, wußte ich, was das Wort ›Geist‹ bedeutete, doch jetzt ist es mir nur ein Wort – wie zum Beispiel Wahrheit, Schönheit – eine Eigenschaft, meine ich.
    P. Ist Gott nicht körperlos?
    V. Es gibt keine Körperlosigkeit – Körperlosigkeit ist ein leeres Wort.
    Was nicht körperlich ist, das ist auch nicht – wofern nicht Eigenschaften Dinge sind.
    P. Gott ist also körperlich?
    V. Nein. (Diese Antwort überraschte mich natürlich im höchsten Grade.)
    P. Was ist er denn?
    V. (nach einer langen Pause, murmelnd) Ich sehe es – doch ist es sehr schwer zu sagen. (Lange Pause.) Er ist nicht Geist, denn er existiert.
    Auch ist er nicht Stoff, wie Sie denselben auffassen. Es gibt Abstufungen in der Materie, von denen die Menschen nichts wissen, die gröbere nimmt die feinere in sich auf, die feinere durchdringt die gröbere.
    Die Atmosphäre zum Beispiel setzt das elektrische Prinzip in Bewegung, während das elektrische Prinzip die Atmosphäre durchdringt.
    Diese Abstufung der Materie nimmt in Verdünnungen und Verfeinerungen so lange zu, bis wir zu einer unzusammengesetzten – nicht aus Molekülen bestehenden – unteilbaren – einzigen – Materie gelangen – und hier erfährt das Gesetz der Durchdringung und der Aufnahme eine Veränderung. Diese äußerste – nicht aus Molekülen bestehende – Materie durchdringt nicht nur alle Dinge, sondern setzt sie auch in Bewegung und ist also alle Dinge in einem Ding, das sie selbst ist. Diese Materie ist Gott. Was die Menschen in dem Wort ›Gedanken‹ auszudrücken suchen, ist diese Materie in der Bewegung.
    P. Die Metaphysiker behaupten, daß sich jede Handlung auf Bewegung und Denken zurückführen läßt, und daß das letztere der Ursprung des ersteren ist.
    V. Ich sehe jetzt ein, daß diese Annahme eine Begriffsverwirrung ist.
    Bewegung ist die Handlung des Geistes , nicht des Gedankens. Die unpartikulierte Materie oder Gott im Zustande der Ruhe ist das (soweit können wir’s einigermaßen vorstellen), was die Menschen ›Geist‹
    nennen. Und diese Fähigkeit des Selbstbewegens, die in der Wirkung dem Willen des Menschen gleichkommt, ist in der unteilbaren Materie das Resultat ihrer Einheit und Allmacht; wie , das weiß ich nicht und sehe jetzt ein, daß ich es niemals wissen werde. Diese unteilbare, durch ein Gesetz oder eine in ihr enthaltene Eigenschaft in Bewegung gesetzte Materie denkt .
    P. Können Sie mir keine genauere Erklärung darüber geben, was Sie unter der ›unpartikulierten Materie‹ verstehen?
    V. In gleichem Maße, in dem die Materie sich abstuft, entgeht sie dem Erkenntnisvermögen des Menschen. Stellen wir uns ein Metall, ein Stück Holz, einen Wassertropfen, die Atmosphäre, ein Glas, den Wärmestoff, die Elektrizität, den Äther vor! Dies alles nennen wir Materie und schließen die ganze Materie in eine einzige, große Definition ein; trotzdem gibt es aber keine zwei Vorstellungen, die in ihrem Wesen verschiedener wären als die, die wir uns vom Metall und vom Äther machen. Wir fühlen uns unwiderstehlich versucht, den letzteren schon zu dem Geist oder zum Nichts zu rechnen. Nur die Gewißheit, daß er aus Atomen zusammengesetzt ist, hält uns davon ab. Und dabei müssen wir noch unseren primitiven Begriff von einem Atom zu Hilfe rufen und uns erinnern, daß es ein Etwas ist, das bei unbegrenzter Kleinheit Dichtigkeit, Greifbarkeit und Schwere besitzt.
    Sehen wir einmal von der Idee der Zusammensetzung aus Atomen ab, so wird es uns unmöglich, den Äther als eine Wesenheit oder wenigstens als eine Materie zu betrachten. Mangels eines besseren Wortes könnten wir ihn Geist nennen. Steigen wir nun noch eine Stufe über den lichttragenden Äther hinauf, stellen wir uns eine Materie vor, deren Dünnheit in demselben Verhältnis zum Äther wie der Äther zum Metall steht – und wir gelangen endlich trotz aller Schuldogmen zu einer Einheit – einer unzusammengesetzten Materie; denn wenn wir auch eine unbegrenzte Kleinheit der Atome selbst annehmen können, so wäre der Gedanke an eine unbegrenzte Kleinheit der sie trennenden Zwischenräume eine Absurdität. Wir würden an einem Punkte zu einem Grade von Dünnheit gelangen, bei dem,

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