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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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mit seiner Schar durchstöbert hatte, entfernt waren. Nach einigen Tagen kam ich an einen alten, versiechten Brunnen, dessen Öffnung durch Brombeergestrüpp verborgen war, und auf seinem Boden fand ich, was ich suchte.
    Ich hatte jedoch auch zufällig die Unterhaltung der beiden Freunde mit angehört, in der das alte Karlchen Herrn Schüttelwert durch allerlei Schmeicheleien zu überreden gewußt, ihm eine Kiste Château Margaux zu versprechen. Diesen Umstand benutzte ich. Ich verschaffte mir ein steifes Stück Fischbein, stieß es in den Hals des Leichnams hinab, und legte ihn in eine alte Weinkiste, derart, daß sich der Körper mit dem Fischbein beugen mußte. Dann drückte ich den Deckel kräftig nieder und nagelte ihn an. Ich konnte also erwarten, daß er, sobald man die Nägel entfernte, aufspringen und der Leichnam in die Höhe schnellen werde.
    Danach markierte und numerierte ich die Kiste, schrieb die Adresse und den Brief unter dem Namen des Weinhändlers, mit dem Herr Schüttelwert in Verbindung gestanden; meinem Diener gab ich Befehl, die Kiste zu einer genau angegebenen Zeit in das Haus des Herrn Biedermann zu schaffen; und die Worte, die der Leichnam sprechen sollte, beschloß ich selbst so wirkungsvoll wie möglich hervorzubringen: infolge meines Talentes als Bauchredner durfte ich mir’s schon zutrauen. Im übrigen aber überließ ich alles dem bösen Gewissen des Mörders.
    Weiter habe ich nichts zu erzählen. Höchstens, daß Herr Pfennigfeder auf der Stelle freigelassen wurde: er erbte das Vermögen seines Onkels und zog aus einer schlimmen Erfahrung manche gute Lehre, begann einen neuen Lebenswandel, wurde ein anderer und lebte noch lange glücklich und zufrieden.

DAS LITERARISCHE LEBEN DES HERRN THINGUM BOB, HOCHWOHLGEBOREN
    The Literary Life of Thingum Bob, Esq ()

    Von ihm Selbst
    Man wird älter, und da ich mir darüber klar bin, daß Shakespeare und Mr. Emmons gestorben sind, so halte ich es nicht für unmöglich, daß auch ich einst sterben muß. So kommt mir der Gedanke, mich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen und auf meinen Lorbeeren auszuruhen. Doch mein Ehrgeiz spornt mich an, den Entschluß der Niederlegung meiner literarischen Herrschaft durch irgendeine für die Nachwelt wichtige Tat zu feiern. Kann ich es besser tun, als indem ich meinen literarischen Lebenslauf niederschreibe? Mein Name hat so lange und so beständig der Öffentlichkeit gehört, daß ich wohl verstehe, wie natürlich das Interesse ist, welches er überall erregt hat, und ich bin gern bereit, die außerordentliche Neugierde, deren Ziel sein Träger war, zu befriedigen. Wahrlich, es ist die unbedingte Pflicht dessen, der Großes erreicht hat, auf dem Pfade zur Höhe deutliche Wegzeichen zu hinterlassen, damit auch andre den Weg zur selben Höhe finden. Das Ziel, das mir beim gegenwärtigen Aufsatz (den ich eigentlich Memoranda zur Literaturgeschichte Ame rikas nennen wollte) vorschwebt, ist also, die wichtigen, wenn auch schwachen und schwankenden ersten Schritte, durch die ich zulegt den Höhenweg zum Gipfel menschlichen Ruhmes erreichte, näher zu beschreiben.
    Es ist wohl unnötig, viel Worte über die entfernteren Vorfahren zu verlieren. Mein Vater, der ehrenwerte Thomas Bob, stand jahrelang an der Spitze seiner Kollegen, der Barbiere in der Stadt Smug. Sein Laden war der Zusammenkunftsort aller hervorragenden Leute der Stadt, besonders aber kam bei ihm die Gilde der Herausgeber zusammen, eine Vereinigung, die tiefste Ehrfurcht und größte Scheu einflößt. Was mich betrifft, so betrachtete ich sie als Götter. Ich schlürfte leidenschaftlich den glänzenden Witz und die tiefe Weisheit, die von ihren göttlichen Lippen floß, während jenes Aktes der Behandlung, den wir ›einseifen‹ nennen. Die erste Inspiration kam blitzartig über mich, als der geistvolle Leiter der Bremse in den Pausen, die die Zeremonie der Einseifung ihm ließ, mit lauter Stimme vor der Versammlung unsrer Lehrlinge ein unvergleichbares Gedicht zu Ehren des ›einzig echten Bobschen Öles‹ (nach meinem Vater, seinem genialen Erfinder, so genannt) vortrug. Für diesen Erguß wurde der Herausgeber der Bremse mit königlicher Freigebigkeit von der Firma Thomas Bob & Co. belohnt.
    Die Genialität, die aus den Zeilen des ›Bobschen Öles‹ mich anwehte, hauchte mir, wie gesagt, göttliche Begeisterung ein. Auf der Stelle beschloß ich, ein großer Mann zu werden. Weiter beschloß ich, dies damit anzufangen, daß ich ein

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