Erzählungen
Transzendentalsten zu reden, meiner jung keimenden Hoffnung den ›coup-de-grâce‹ (wie man in Frankreich sagt).
Um bei der Wahrheit zu bleiben, muß ich gestehn, daß jedes der Blätter dem Mr. Oppodeldoc in dem Monatsbericht für Korrespondenten eine gründliche Abfuhr bereitete. Die Brummtrommel richtete ihn folgendermaßen zu:
» ›Oppodeldoc‹ (oder wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt) hat uns eine lange Tirade über einen Tollhäusler eingeschickt, den er ›Ugolino‹ nennt, der einen Haufen Kinder hatte, die alle durchgeprügelt und ohne Abendessen ins Bett hätten geschickt werden sollen.
Die ganze Geschichte ist unglaublich zahm, um nicht zu sagen platt.
›Oppodeldoc‹ (oder wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt) ist aller Phantasie bar; aber Phantasie ist, nach unsrer unmaßgeblichen Meinung, nicht allein die Seele der ›Poesie‹, sondern ihr Herz selbst.
›Oppodeldoc‹ (oder wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt) hat die Keckheit, von uns für sein Gewäsch ›schnelle Veröffentlichung und schleunigste Honorarzahlung‹ zu erbitten. Wir veröffentlichen weder solches Zeug, noch bezahlen wir es. Es ist jedoch unzweifelhaft, daß er all den Galimathias, den er da zusammenschmiert, bei den Redaktionen des Radau , des Honigsüßen oder der Blechschmiede loswerden würde.«
Man kann nicht leugnen: das war ein reichlich strenges Urteil über ›Oppodeldoc‹; aber die schärfste Spitze lag doch darin, daß das Wort Poesie durch besonderen Druck hervorgehoben war. Welch eine Welt von Bitterkeit ist in diesen fünf hervorstechenden Buchstaben ausgedrückt!
Der Radau strafte ›Oppodeldoc‹ mit gleicher Strenge. Er schrieb:
»Wir haben eine seltsame und unverschämte Zuschrift von einem Individuum, mit dem Pseudonym ›Oppodeldoc‹ (wer immer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt) unterzeichnet, erhalten. Der Kerl entblödet sich nicht, den gleichlautenden Namen des berühmten römischen Kaisers zu entweihen. Dem Schreiben ›Oppodeldocs‹ (oder wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt) waren verschiedene Verse beigeschlossen, die in schwülstiger Sprache von ›Gnadenboten und Engeln‹ handeln, wie sie eben nur ein Verrückter vom Schlage ›Oppodeldocs‹ selbst verbrechen kann. Und für diesen Quadratschund wird bescheiden von uns ›prompte Bezahlung‹ gefordert. Keine Rede davon, mein Herr! Für solches Zeug zahlen wir nicht. Wenden Sie sich an die Brummtrommel , den Honigsüßen oder die Blechschmiede . Diese „Zeitschriften“ werden fraglos jede Art von literarischem Müll, den Sie ihnen anbieten, aufnehmen und ebenso fraglos Bezahlung – versprochen.«
Das war sicherlich recht hart für den armen ›Oppodeldoc‹; aber in diesem Falle fiel doch die Hauptschwere der Satire auf die Brummtrommel , den Honigsüßen und die Blechschmiede , die beißend als „Zeitschriften“ – das Wort sogar in Gänsefüßchen – bezeichnet wurden, was sie mitten ins Herz treffen mußte.
Kaum weniger wild gebärdete sich der Honigsüße der sich folgendermaßen vernehmen ließ:
»Irgendein Individuum, das sich, offenbar sehr zu seinem eigenen Behagen, den Namen ›Oppodeldoc‹ beilegt (zu welch minderwertigen Zwecken werden die Namen berühmter Toten oft erniedrigt), hat uns fünfzig bis sechzig Verse zugehen lassen, die ungefähr so beginnen:
›Achills Zorn, für Griechenland der Grund Unzähligen Unheils,‹ usw. usw. usw. usw. ›Oppodeldoc‹ (oder wer sich unter diesem Pseudonym verbirgt) wird mit aller Höflichkeit darauf hingewiesen, daß in unsrer Redaktion nicht ein einziger Lauunge beschäftigt ist, der nicht täglich gewohnheitsmäßig bessere Verse zusammenschustert. ›Oppodeldocs‹ Verse sind unskandierbar. ›Oppodeldoc‹ sollte lieber zählen lernen.
Aber wie er auf den Gedanken kam, daß wir (unter allen gerade wir) unsre Seiten mit seinem unsagbaren Blödsinn verschandeln würden, entzieht sich unserm Begriffsvermögen. Du lieber Gott, das absurde Gewäsch wäre kaum gut genug für die Brummtrommel , den Radau oder die Blechschmiede , Zeug, das seinen Lesern sogar Mutter Gän sins Lieder als Originallyrik vorzusehen sich nicht entblödet. Und ›Oppodeldoc‹ (oder wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt) verlangt sogar mit kecker Stirne Bezahlung für sein Gefasel. Weiß ›Oppodeldoc‹ (oder wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt) denn tatsächlich nicht, ist es ihm denn wirklich nicht eingefallen, daß wir es nicht einmal drucken
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