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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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lautete:
    Über das ›Prachtöl des Herrn Bob‹ …
    Nachdem ich nun aber mit alleräußerster Sorgfalt alle passenden Reimworte auf ›Bob‹ durchgegangen war, saß ich fest. In dieser Schwierigkeit nahm ich Zuflucht zu meinem Vater, und nach einigen Stunden tiefen Nachdenkens stellten mein Vater und ich den Text folgendermaßen fest:
    Über das ›Prachtöl des Herrn Bob‹
    Eine Ode zu schreiben, lohnt sich gottlob!
    (Unterschrift) Snob Gewiß ist, daß dieses Kunstwerk nicht allzu lang war, doch mir muß, wie die Edinburgh Review zu sagen pflegt, ›erst bewiesen werden‹, daß die bloße Länge einer literarischen Schöpfung etwas mit ihrem Werte zu tun hat. Was nun das zunftmäßige, immer wiederholte Getue über ›dauernde Anspannung‹ betrifft, so kann ich dem Ausdruck mit dem besten Willen keinen Sinn abgewinnen. Im großen ganzen war ich also mit dem Ausfall meiner Jungferndichtung zufrieden, und nun war die einzige Frage, wie ich sie verwenden sollte. Mein Vater schlug vor, sie an die Bremse zu schicken; aber zwei Gründe hielten mich von der Befolgung dieses Rates ab. Ich fürchtete die Eifersucht des Redakteurs, und ich hatte herausgebracht, daß er für Originalbeiträge nichts bezahlte. Ich bestimmte daher nach reiflicher Erwägung den Beitrag für die würdevolleren Spalten des Honigsüßen und wartete das Ergebnis dieses Schrittes etwas unruhevoll zwar, doch mit Ergebung ab.
    Mit stolzer Befriedigung fand ich in der nächsten Nummer mein Gedicht unverkürzt an der Stelle des Leitartikels abgedruckt. Beigefügt waren, in Kursivdruck und zwischen Klammern, noch die folgenden so bezeichnenden Worte:
    »[Wir möchten die Aufmerksamkeit unserer Leser auf die unten abgedruckten bewundernswerten Verse über das ›Bobsche Öl‹ hinlenken. Es wäre überflüssig, ein Wort über ihre Erhabenheit oder über den Pathos, der aus ihnen spricht, zu verlieren. Niemand kann sie wohl trockenen Auges lesen. Diejenigen, die sich vor einiger Zeit durch eine traurige Stilprobe über denselben herrlichen Gegenstand aus dem Gänsekiel des Redakteurs der Bremse angeekelt fühlten, mögen abwägen und vergleichen.
    P.S. Wir zittern vor Begierde, das Geheimnis zu durchdringen, das offenbar unter dem Pseudonym ›Snob‹ verborgen liegt. Dürfen wir auf den Vorzug eines persönlichen Interviews hoffen?]«
    Dies alles war nicht mehr als gerecht, doch überraschte es mich, offen gestanden, da ich nicht so viel erwartet hatte – ein Geständnis, das ich zur Schande der undankbaren Menschheit im allgemeinen und meines Vaterlandes im besonderen nicht verheimlichen kann. Immerhin verlor ich keine Zeit und besuchte den Herausgeber des Honigsüßen .
    Ich hatte das Glück, den Herrn zu Hause zu treffen. Er begrüßte mich mit allen Zeichen großen Respekts, der eine kleine Beimischung von väterlicher und gönnerhafter Bewunderung zeigte. Offenbar kam dieser kleine Beigeschmack vom außerordentlich Jugendlichen und Unerfahrenen meiner Erscheinung. Er bot mir einen Sitz an und begann sogleich, von meinem Gedicht zu sprechen. Meine Bescheidenheit erlaubt mir nicht, die tausend Komplimente zu wiederholen, die er in verschwenderischer Fülle über mich ausstreute. Die Lobsprüche des Herrn Sauertopf (so hieß der Redakteur) waren jedoch keineswegs unkritisch oder übermäßig. Er analysierte meine Schöpfung mit viel Freimut und großer Geschicklichkeit und stand nicht an, einige kleinere Fehler zu erwähnen, was ihn hoch in meiner Achtung steigen ließ. Die Bremse wurde selbstverständlich auch aufs Tapet gebracht, und ich hoffe, niemals solch durchdringender Kritik, solch vernichtendem Tadel ausgesetzt zu werden, wie sie Herr Sauertopf über das unglückselige Machwerk des Redakteurs der Bremse ausgoß. Früher hatte ich diesen Redakteur als ein übermenschliches Wesen betrachtet; aber Herr Sauertopf belehrte mich bald eines bessern. Er setzte den literarischen und den persönlichen Charakter der ›Klapper‹ (wie er höhnisch seinen Gegenpart nannte) ins rechte Licht. An dieser Klapper war wirklich wenig zu loben. Er hatte niederträchtige Sachen geschrieben. Er war ein Zeilenfuchser, ein Hansnarr, ein Schurke. Er hatte eine Tragödie geschrieben, über die das ganze Land in Gelächter ausbrach, und eine Farce, die das Weltall in Tränen versenkte. Neben diesen schlimmen Taten hatte er noch die Unverschämtheit gehabt, ein Zeug niederzuschreiben, das er als Schmähschrift auf ihn (Herrn Sauertopf) verfaßt hatte, und die

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