Erzählungen
Frechheit, ihn einen Esel zu nennen.
Wenn ich die Absicht hätte, in den Spalten des Honigsüßen die Klapper anzugreifen, so, versicherte mir Herr Sauertopf, würde er zu meiner unbeschränkten Verfügung stehen. Inzwischen sei es aber ziemlich sicher, daß die Klapper mich wegen meines Versuches, mit seinem Gedicht über das ›Bobsche Öl‹ zu rivalisieren, angreifen würde. Dann würde er (Herr Sauertopf) es auf sich nehmen, in äußerst energischer Weise meine privaten und persönlichen Interessen zu verteidigen.
Wenn ich jetzt also nicht auf einen Schlag ein gemachter Mann werde, so läge das gewiß nicht an ihm, Herrn Sauertopf.
Da nun Herr Sauertopf eine kurze Pause in seiner Rede (deren letzten Teil ich beim besten Willen nicht verstehen konnte) machte, so wagte ich es, etwas von dem Honorar zu erwähnen, das ich für mein Gedicht erwartete, da ich auf dem Umschlag des Honigsüßen eine Notiz bemerkt hatte, die verkündigte, daß der Honigsüße ›seinen Ehrgeiz‹ darin sehe, exorbitante Honorare für alle angenommenen Beiträge zu bezahlen, daß er oft mehr Geld für ein einziges kurzes Gedicht ausgebe, als die jährlichen Auslagen von der Brummtrommel , dem Radau und der Blechschmiede zusammen betrügen.
Kaum aber war das Wort ›Honorar‹ meinen Lippen entflohen, als Herr Sauertopf zuerst seine Augen weit aufriß und dann seinen Mund zu ungeheurer Weite aufsperrte, so daß der Eindruck, den er bot, ganz dem glich, den eine aufgeregte alte Ente in dem Moment auf uns macht, wo sie im Begriff ist, zu quaken. Und in diesem Zulande blieb er. Hie und da preßte er seine Hände krampfhaft an seine Stirne, als wenn er sich in einem Zustande verzweifelter Verwirrung befände, und so also blieb er, bis ich mit dem, was ich zu sagen hatte, so ziemlich zu Ende war.
Als ich aufhörte, zu sprechen, sank er in seinen Stuhl mit einer Gebärde zurück, als sei er tief erschüttert; schlaff ließ er die Arme zu beiden Seiten sinken und vergaß seinen noch immer offenen Mund zu schließen, als wäre er wirklich eine Ente. Während ich nun so in sprachlosem Erstaunen vor ihm stand und mir sein Besorgnis erregendes Benehmen nicht zu deuten wußte, sprang er plötzlich auf und rannte nach dem Klingelzug. Im Moment, wo er ihn erreichte, schien er seine Absicht zu ändern (welche, weiß ich nicht), denn er tauchte unter den Tisch und erschien in unglaublich kurzer Zeit mit einem Knüttel. Gerade erhob er ihn (zu welchem Zwecke, kann ich mir nicht vorstellen), als sich plötzlich ein mildes Lächeln über seine Züge verbreitete und er friedlich wieder in seinen Stuhl zurücksank.
»Herr Bob,« sagte er (denn ich hatte ihm meine Visitenkarte hinaufgeschickt, eh’ ich selbst eintrat), »teuerster Herr Bob, Sie sind ein junger Mann – ich vermute, sehr jugendlich?«
Ich gab das zu und fügte bei, daß ich vorläufig noch nicht drei Lustren vollendet habe.
»Ah, ja.« äußerte er, »ganz gewiß. Die Sache ist mir jetzt klar; Sie brauchen weiter nichts zu sagen. Was nun die Honorarfrage betrifft, so muß ich zugestehen, daß, was Sie da sagten, wohl sehr richtig ist, sogar äußerst richtig. Aber – hm – hm – der erste Beitrag, wissen Sie, der erste Beitrag, muß ich Ihnen sagen, wird gewohnheitsmäßig von der Zeitung nicht bezahlt. Sie begreifen – hm, um ganz die Wahrheit zu sagen – gewöhnlich sind wir noch die Empfangenden in solchen Fällen.« (Herr Sauertopf lächelte süßlich und betonte ganz besonders das Wort ›Empfangenden‹). »Im Durchschnitt werden wir für die Aufnahme eines Jungfernbeitrags bezahlt, besonders wenn es sich um Verse handelt. Und dann, Mr. Bob, ist es Prinzip bei den Zeitschriften, niemals en argent comptant (wie man in Frankreich sagt) – also sozusagen niemals bar zu bezahlen. Sie verstehen sicher, nicht wahr? Ein Vierteljahr, manchmal auch zwei nach der Veröffentlichung eines Artikels, oder ein Jahr oder zwei Jahre später haben wir nichts dagegen, ein Akzept auf neun Monate auszustellen, vorausgeht natürlich, daß wir unsere geschäftlichen Verpflichtungen so ordnen können, daß eine Pleite für die nächsten sechs Monate ausgeschlossen erscheint. Ich hoffe von Herzen, Herr Bob, daß Sie diese Erklärung als ausreichend betrachten werden.« Jetzt schwieg Herr Sauertopf und seine Augen füllten sich mit Tränen. Tief betrübt, die allerdings unschuldige Ursache der Schmerzen dieses so hervorragenden und gefühlvollen Mannes zu sein, beeilte ich mich, ihn um
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