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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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und schief; mehr noch, manche standen direkt auf dem Kopfe. Es waren sogar einige vorhanden, die bis zu einem gewissen Grad durch dieses Ausrenken Schaden nahmen. Nur die des Mr. Lewis G. Clarke waren so derb und kräftig gebaut, daß sie durch keine noch so verrückte Art der Stellung aus dem Konzept zu bringen waren; sie sahen immer gleich befriedigend und frohgemut aus, ob sie auf den Füßen standen oder auf dem Kopfe.
    Was aus dem Verfasser der Bremse wurde, nachdem meine Kritik über sein ›Bobsches Öl‹ veröffentlicht war, ist schwer festzustellen.
    Die Vermutung, die die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat, ist, daß er sich zu Tode weinte. Wie dem auch sei, er verschwand augenblicklich vom Angesicht der Erde, und niemand hat auch nur mehr seinen Geist erblickt.
    Nachdem nun dieses Geschäft in gehöriger Weise erledigt war und die Furien sich besänftigt hatten, stieg ich mächtig in der Gunst des Herrn Sauertopf. Er zog mich ins Vertrauen, gab mir eine Daueranstellung als Thomas Hawk beim Honigsüßen , und da er mir für den Augenblick kein Honorar bezahlen konnte, so erlaubte er mir, in jeder Beziehung von seinen Ratschlägen zu profitieren.
    »Mein lieber Thingum,« sagte er eines schönen Tages nach dem Essen, »ich habe Achtung vor Ihrem Können und liebe Sie wie einen Sohn. Sie sollen mein Erbe sein. Wenn ich sterbe, will ich Ihnen den  Honigsüßen hinterlassen. Inzwischen will ich Ihnen aber helfen, daß Sie ein gemachter Mann werden. Ich werde das tun – vorausgeht natürlich, daß Sie meinem Rate Folge leisten. Das erste, was Sie zu tun haben, ist, daß Sie sich den alten Stocherer abhalftern.«
    »Stocherer?« sagte ich, »Hauerträger, nicht? – aper ? (wie der Lateiner sagt) – Wer? – Wo?«
    »Ihren Vater.« sagte er.
    »Gewiß, gewiß« sagte ich. »Schwein!«
    »Sie können Ihr Glück machen, Thingum«, fuhr Herr Sauertopf fort; »dieser, Ihr Leiter und Führer, ist ein Mühlstein an Ihrem Hals.
    Wir müssen ihn schleunigst absäbeln.« (Hier zog er sein Messer heraus.) »Wir müssen ihn absäbeln,« fuhr Herr Sauertopf fort, »und zwar ein für allemal. Wir können ihn nicht brauchen – es geht wahrhaftig nicht. Wenn ich mir die Sache wirklich recht überlege, so sollten Sie ihn eigentlich mit Fußstößen bearbeiten oder ihn durchprügeln oder so was ähnliches.«
    »Was würden Sie dazu sagen,« wagte ich bescheiden einzuwerfen, »wenn ich ihm erst ein paar Tritte gäbe, ihn dann durchprügelte und zum Abschluß an der Nase zupfte?«
    Herr Sauertopf blickte mich einige Augenblicke nachdenklich an und antwortete wie folgt:
    »Ich denke, Mr. Bob, bis zu einem gewissen Punkte sind Ihre Vorschläge sehr praktisch. Ja, – tatsächlich, außerordentlich zweckmäßig. Aber bei Barbieren begegnet das Absäbeln ganz außerordentlich großen Schwierigkeiten, und ich denke, Sie sollten, wenn Sie an Thomas Bob die von Ihnen vorgeschlagenen Operationen vollzogen haben, ihm mit Ihren Fäusten beide Augen so sorgfältig und gründlich bearbeiten, daß er Sie nie wieder auf den vornehmen Promenaden erblicken kann. Wenn Sie dies vollbracht haben, so weiß ich wirklich nicht, was Sie noch mehr tun könnten. Vielleicht wäre es aber auch nicht übel, ihn ein- oder zweimal in der Gosse herumzuwälzen und ihn dann der Polizei anzuvertrauen. Sie können ja am nächsten Morgen zur Polizeiwache gehen und einen Überfall vorgeben.«
    Ich war im Innersten von dem gütigen Gefühl ergriffen, das Herr Sauertopf mir gegenüber an den Tag legte, indem er mir diesen vorzüglichen Rat gab, und ich verfehlte auch nicht, mich dieses Rates zu bedienen. Das Resultat war, daß ich den alten Stocherer los wurde und mich unabhängiger und vornehmer zu fühlen begann. Trotzdem war der Geldmangel in den nächsten Wochen eine Quelle der Unbehaglichkeit für mich. Aber mit der Zeit, als ich gelernt hatte, meine beiden Augen gut zu gebrauchen und den Lauf der Welt besser zu verstehen, bekam ich allmählich heraus, wie man den Stier bei den Hörnern fassen müsse und wie das Ding zu deichseln wäre. Ich sage ›Ding‹, weil ich gehört habe, daß das lateinische Wort dafür ›rem‹  sei. Weil ich übrigens gerade von Latein spreche: kann mir vielleicht jemand sagen, was ›quocunque‹ bedeutet oder welche Bedeutung das Wort ›modo‹ hat?
    Mein Plan war außerordentlich einfach. Ich kaufte mir für ein paar Batzen ein Sechzehntel des Schnapphahn – und damit war die Sache erledigt. Es war erreicht, ich

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