Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
Vom Netzwerk:
gebracht, mir in ausreichender Weise Rechenschaft über das sonderbare Benehmen zu geben, das Herr Sauertopf zur Schau trug, als ich ihm meine Absicht darlegte. Er führte wieder die ganze Szene mit dem Klingelzug und dem Knüttel auf und vergaß auch die Ente nicht. Einen Augenblick lang glaubte ich, daß er wirklich losquaken würde. Sein Anfall ging jedoch wieder vorbei, wie er das letzte Mal vorübergegangen war, und er fing an, in vernünftiger Weise zu handeln und zu sprechen. Er lehnte es rundweg ab, mein Kartellträger zu sein, und redete mir aus den Langlebigen  überhaupt herauszufordern. Andrerseits gab er mit liebenswürdigster Offenherzigkeit zu, daß der Langlebige stark im Unrecht sei, besonders was die Bezeichnungen ›hochbegabter Mann‹ und ›Gelehrter‹ beträfe.
    Gegen das Ende dieser Unterredung mit Herrn Sauertopf, der ein wahrhaft väterliches Interesse an mir zu nehmen schien, rückte er mit dem Vorschlag heraus, daß ich mir eigentlich einen ganz hübschen kleinen Verdienst schaffen und zugleich meinem Ruhme förderlich sein könnte, wenn ich hie und da für den Honigsüßen den Thomas Hawk spielen würde.
    Ich bat Herrn Sauertopf, mir mitzuteilen, wer denn eigentlich Herr Thomas Hawk sei und wie ich ihn darstellen solle.
    Hier machte Herr Sauertopf von neuem ›große Augen‹ (wie man in Deutschland zu sagen pflegt); aber nachdem er sich von seinem heftigen Erstaunen erholt hatte, versicherte er mir, daß er die Worte ›Thomas Hawk‹ anwende, um den pöbelhaften Ausdruck Tommy zu vermeiden, aber daß er eigentlich Tommy Hawk oder, genauer gesagt, Tomahawk meine und daß er durch den Ausdruck ›Tomahawk darstellen‹ auf ›Skalpieren‹ anspielen wolle, das heißt, auf die verächtliche Behandlung, die man der Herde von armen Teufeln angedeihen ließe, die sich Autoren nennen.
    Ich versicherte meinem Beschützer, daß, wenn er weiter nichts von mir wolle, ich mich vollkommen damit einverstanden erkläre, die Rolle des Thomas Hawk zu übernehmen. Hierauf forderte mich Herr Sauertopf auf, nur gleich einmal den Herausgeber der Bremse  ordentlich vorzunehmen und ihn im wildesten Stil, den ich nur aufbringen könnte, abzuschlachten. Es sei dies zugleich eine Probe meines Könnens. Ich machte mich sogleich daran. Ich schrieb eine Kritik seines Gedichtes über das ›Bobsche Öl‹, die sechsunddreißig Seiten des Honigsüßen füllte. Dabei kam es mir zum Bewußtsein, daß das Thomas-Hawk-Spielen eine weit weniger beschwerliche Aufgabe sei als das Verfertigen von Gedichten. Ich verfiel auf ein famoses System, und so war es nicht schwer, die Sache gründlich und vortrefflich abzumachen. Ich griff die Sache nämlich folgendermaßen an. Ich kaufte in Auktionen (und zwar billigst) Exemplare von Lord Broughams  Reden , Cobbetts vol ständige Werke , ein Lexikon der Gaunersprache , die  Gesamtkunst des Anschnauzens , Lehrlings Schimpfredensammlung (Folio-Ausgabe) und Lewis G. Clarkes Sprache der Gosse . Diese Werke zerschnitt ich gründlich mit einem Gerbermesser, dann warf ich die Schnitzel in einen Korb, sortierte dann sorgsam alles heraus, was einigermaßen anständig erschien (es war wenig genug), und hielt nur die pöbelhaften Sätze zurück, die ich in einen großen zinnernen Pfefferstreuer, der in der Längsrichtung Löcher besaß, warf, so daß ein ganzer Satz herausgleiten konnte, ohne irgendwie Schaden zu leiden. Nun war die Mischung gebrauchsfertig. Forderte man mich nun auf, Thomas Hawk zu spielen, so bestrich ich einen Foliobogen mit Klebstoff, zerschnitt das Schriftstück, das ich rezensieren sollte, in derselben Weise, wie ich vorher die Bücher zerschnitten hatte, nur ein wenig sorgfältiger, so daß jedes Wort einzeln zu stehen kam. Nun warf ich die zuletzt gemachten Schnitzel zu denen, die schon im Pfefferstreuer lagen, schraubte den Deckel sorgfältig auf, schüttelte das Ganze gründlich durch und stäubte die Mischung auf das mit Klebstoff versehene Papier, wo sie haften blieb. Das Resultat übertraf alle Erwartungen, es war fesselnd. Niemals hat irgend jemand die Kritiken auch nur von ferne erreicht, die ich auf diese Weise zustande brachte. Sie waren ›das Weltwunder‹. Im Anfang war ich, aus Mangel an Erfahrung, etwas schüchtern und ließ mich durch eine gewisse Zusammenhangslosigkeit, ein bizarres Aussehen (wie man in Frankreich sagt), die das Werk im ganzen zeigte, verwirren. Nicht alle Sätze saßen (wie man im Angelsächsischen sagt). Manche waren ganz krumm

Weitere Kostenlose Bücher