Erzählungen
den Honigsüßen tief in Schatten, aber in jeder andern Hinsicht ist ihnen der Honigsüße überlegen. Wie die berühmte Zeitschrift ihre offensichtlich horrenden Spesen zu decken vermag, geht über unsre Begriffe. Allerdings erscheint sie in einer Auflage von genau einer halben Million Exemplaren, und ihre Abonnentenzahl ist in den letzten zwei Tagen um Prozent gestiegen, aber andrerseits ist die Summe, die sie monatlich für Beiträge aufzubringen hat, von kaum glaublicher Höhe. Es ist uns nicht unbekannt geblieben, daß Fräulein Kleindieb nicht weniger als siebenundachtzigeinhalb Pfennige für ihre letzte Erzählung aus der Revolutionszeit bekam, die den Titel führt: ›Die Großstadt-Pflanze und die Häusler-Unschuld‹.
Die besten Artikel der uns vorliegenden Nummer sind natürlich die des Redakteurs (des hervorragenden Herrn Sauertopf), doch enthält das Blatt außerdem noch großartige Beiträge. Wir finden Namen wie: Snob, Fräulein Kleindieb, Schlauesel, Frau Schwindlian, Saugfinger, Fräulein Spottvogel, und als letzten, nicht geringsten, Fettquaker. Wir fordern die Welt in die Schranken. Sie mag zeigen, ob sie eine so glänzende Versammlung genialer Autoren zum zweitenmal vorweisen kann.
Das mit ›Snob‹ unterzeichnete Gedicht zieht, wie wir besonders betonen möchten, die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich, und wir müssen zugeben, daß es, wenn möglich, noch mehr und höheres Lob verdient, als es bereits erhalten hat. Dies Meisterwerk der Kunst und der Beredsamkeit führt den Titel ›Das Bobsche Öl‹. Ein oder der andre Leser mag noch eine schwache, wenn auch reichlich widerliche Erinnerung an ein ähnlich betiteltes Gedicht (?) haben, die Freveltat eines Zeilenfuchsers, eines elenden Bettlers, eines Halsabschneiders, der, wie wir glauben, als Küchenjunge bei einem der unanständigen Vorstadtblätter angestellt ist. Wir bitten die Leser, um Gottes willen die Gedichte nicht zu verwechseln. Der Verfasser des ›Bobschen Öles‹ ist, wie uns gesagt wird, der sehr ehrenwerte Thingum Bob, ein hochbegabter Mann und ein Gelehrter. ›Snob‹ ist nur ein ›nom de guerre.‹ Sept. , – t. «
Ich konnte meine Entrüstung kaum zurückhalten, als ich die Endzeilen dieser Kritik las. Es war mir klar: die gewundene ›Wasch mir den Pelz und mach mich nicht naß!‹-Manier, um nicht zu sagen: die sanfte Art, die Schonung, mit der der Langlebige das Schwein, den Redakteur der Bremse , behandelte – es war mir ganz klar, daß diese milde Sprache von nichts anderm herrühren konnte, als von einer Voreingenommenheit für die Bremse . Es lag am Tage, daß der Langlebige die Absicht hatte, die Bremse auf meine Kosten herauszustreichen. Selbst ein Blinder mußte deutlich erkennen, daß der Langlebige sich in spitzeren, präziseren, dem Zweck mehr angepaßten Ausdrücken hätte ergehen können, wäre seine Absicht wirklich die gewesen, die er vorgab. Die Worte ›Zeilenfuchser‹, ›Bettler‹, ›Küchenjunge‹ und ›Halsabschneider‹ waren so absichtlich zweideutig und ausdruckslos gewählt, daß sie schlimmer waren als gar nichts, wenn man in Betracht zieht, daß sie einem Verfasser galten, der die schlechtesten Verse verbrochen hatte, die je eine menschliche Feder verbrochen hat. Wir alle wissen, was der Ausdruck ›durch schwaches Lob verurteilen‹ bedeutet. Hier war es unverkennbar, daß der Langlebige eine versteckte Absicht hatte, nämlich – durch leichten Tadel zu erheben.
Schließlich ging es mich ja nichts an, was der Langlebige in seinem Verkehr mit der Bremse zu sagen für richtig befand. Aber was er über mich äußerte, darin hatte ich ein Wort mitzureden. Nach der achtungsvollen Kritik, die Eule , Kröte und Maulwurf über mein Können von sich gegeben hatten, war es wirklich unerträglich, sich von einer solchen Kreatur wie dem Langlebigen mit so kühlen Worten, wie z. B. ›ein hochbegabter Mann und Gelehrter‹, abfertigen zu lassen. Also nichts als – ein hochbegabter Mann. Ich faßte sofort den Entschluß, entweder den Langlebigen zu einer schriftlichen Entschuldigung zu zwingen oder ihn herauszufordern.
Ganz erfüllt von meinem Vorhaben, sah ich mich nach einem Freunde um, den ich mit einer Botschaft an Ihro Gnaden den Langlebigen betrauen könnte, und da der Redakteur des Honigsüßen mir deutliche Beweise seines Wohlwollens gegeben hatte, so entschloß ich mich zulegt, seinen Beistand im vorliegenden Falle nachzusuchen.
Ich habe es niemals fertig
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