Erzählungen
jedoch, der ihm so plötzlich zugefallen, boten alle diese und ähnliche Arten, Geld anzuwenden, ein viel zu beschränktes Feld. Man berechnete, daß selbst zu dem niedrigsten Zinssatze von drei Prozent das jährliche Einkommen Ellisons nicht weniger als dreizehn Millionen fünfhunderttausend Dollar betragen würde, monatlich also eine Million einhundertfünfundzwanzigtausend Dollar, oder sechsunddreißigtausendneunhundertsechsunddreißig Dollar täglich; oder eintausendfünfhunderteinundvierzig Dollar in der Stunde, gleich sechsundzwanzig Dollar in der Minute. Der Weg für Vermutungen war also überallhin versperrt. Man konnte sich durchaus nicht denken, was nun geschehen sollte. Einige gingen so weit, zu vermuten, daß Herr Ellison sich selbst wenigstens der Hälfte seines Vermögens als einer lästigen Überfülle berauben und die ganze Schar seiner Verwandten mit diesem Überfluß bereichern werde. In der Tat trat Ellison seinen Angehörigen das außergewöhnlich große Vermögen ab, das er schon vor seiner ungeheuerlichen Erbschaft besessen hatte.
Es überraschte mich nicht im geringsten, daß er selbst sich über die Frage, die seinen Freunden so viel Kopfzerbrechen machte, längst im klaren war. Auch setzte mich seine Entscheidung durchaus nicht in Erstaunen. Den Forderungen der Nächstenliebe hatte sein Gewissen Genüge getan. Und an die Möglichkeit einer von Menschen selbst vollbrachten Vervollkommnung des allgemeinen Zustandes der Menschen überhaupt glaubte er, wie ich leider gestehen muß, in nur sehr beschränktem Maße. Kurz, zu seinem Glück oder Unglück kehrte er stets wieder auf sich selbst zurück.
Er war im edelsten und weitesten Sinne ein Poet. Er verstand überdies den wahren Charakter, die erhabenen Ziele, glaubte an die höchste Würde und größte Notwendigkeit des poetischen Gefühls.
Sein Instinkt sagte ihm, daß die vollkommenste, wenn nicht die einzige Befriedigung dieses Gefühles in dem Schaffen neuer Formen der Schönheit bestehe. Einige Besonderheiten, in seiner Erziehung vielleicht oder in der Natur seiner Verstandesfähigkeiten, hatten seinen ethischen Spekulationen eine Neigung zum Materialismus gegeben; und wahrscheinlich führte ihn diese Neigung zu dem Glauben, daß das beste, wenn nicht allein berechtigte Gebiet der Ausübung poetischer Fähigkeiten das Schaffen neuer Formen rein physischer Schönheit sei. Dies war wohl auch die Ursache, daß er weder Musiker noch Dichter wurde – wenn wir hier dieses Wort einmal in seiner Alltagsbedeutung gebrauchen wollen. Vielleicht hatte er es auch nur versäumt, das eine oder andere zu werden, weil er seiner Lieblingsidee folgte, der Überzeugung nämlich, daß in der Verachtung jeglichen Ehrgeizes eine der wesentlichsten Bedingungen zum Erdenglücke liegt. Und ist es wirklich so schwer zu glauben, daß, wenn ein Genie höherer Ordnung notwendig ehrgeizig ist, ein solches höchster Ordnung selbst über dem steht, was man Ehrgeiz nennt? Und könnte es auf diese Weise nicht vorkommen, daß viel Größere als Milton zufrieden ›stumm und ruhmlos‹ blieben? Ich glaube, daß die Welt – wenn nicht durch eine Reihe anstachelnder Zufälle ein Genie jener höchsten Ordnung zu der ihm widerstrebenden Ausführung seiner Ideen gezwungen wird – niemals das vollkommene, triumphierende Werk sehen und nie bemerken würde, was die menschliche Natur auf den reichsten Gebieten der Kunst zu schaffen fähig ist.
EIlison wurde weder Musiker noch Dichter, obwohl kein Mensch Musik und Dichtung heißer liebte als er. Unter anderen Lebensumständen wäre er vielleicht Maler geworden. Die Skulptur ist, obgleich ihrem Wesen nach dichterisch, eine Kunstform, deren Sphäre und Wirkung zu beschränkt ist, als daß sie seine Aufmerksamkeit lange und tiefer in Anspruch hätte nehmen können. Ich habe nun alle Gebiete aufgezählt, in welchen sich der poetische Geist nach Behauptung der Kenner äußern kann. Ellison jedoch behauptete, daß das reichste, wirklichste und natürlichste, wenn nicht sogar das allerausgedehnteste Gebiet in unerklärlicher Weise vernachlässigt worden sei.
Noch nie hat irgendeine Definition von dem Landschaftsgärtner als von einem Dichter gesprochen; mein Freund jedoch glaubte, daß die Schöpfung eines Landschaftsgartens der Muse eine ganz besonders glückliche Gelegenheit zu Äußerungen geben werde. Hier breitete sich in der Tat der Phantasie das herrlichste Feld zu unaufhörlicher Verbindung von neuen Formen der Schönheit aus;
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