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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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gezählt.
    Der Mensch war dann ins Erdinnere vorgedrungen und förderte von dort Kohle zutage, die ihm freigebig ihre Wärme abgab. Er hatte die latente Kraft im Wasser befreit, und der Dampf zog von da an auf Eisenschienen schwere Lastzüge oder betätigte ungezählte Kraftmaschinen, die fein und genau arbeiteten; dank diesen Maschinen wiederum vermochte der Mensch Pflanzenfasern zu verarbeiten, Metalle, Marmor und Felsen. Auf einem weniger konkreten – oder wenigstens nicht direkt anwendbaren, weniger unmittelbaren – Gebiet drang er nach und nach in das Geheimnis der Zahlen ein und erforschte, immer näher an die Unendlichkeit heranrückend, die mathematischen Wahrheiten. Gestützt auf diese vermochte er die Himmelsräume zu durchfliegen. Er erkannte, daß die Sonne bloß ein Stern auf dem Wege durchs All war, der seine Bahn nach strengen Gesetzen durchmaß und seine sieben Planeten 1 mit sich zog auf seiner leuchtenden Bahn. Er kannte die Kunst, gewisse chemische Stoffe so zu verbinden, daß neue entstanden, die mit den ersten nichts mehr gemeinsam hatten. Er beherrschte ferner die Kunst, gewisse andere Stoffe in ihre wesentlichen Bestandteile zu zerlegen. Er konnte den Schall, die Hitze, das Licht analysieren und ihre Gesetzmäßigkeit und Beschaffenheit bestimmen. Fünfzig Jahre zuvor hatte er gelernt, jene Kraft selber zu produzieren, die sich im Donner und in den Blitzen äußert, und sie sich sogleich zum Sklaven gemacht. Schon gelang es, mit diesem Mittel den geschriebenen Gedanken auf unerrechenbare Distanzen zu übertragen; morgen würde er den Schall übertragen können, übermorgen zweifellos sogar das Licht 2 … Ja, der Mensch war groß, größer als das gewaltige Universum, über das er eines Tages, in naher Zukunft, vollkommen Herr sein würde …
    Es wäre also dieses letzte Problem noch zu lösen, damit man der ganzen Wahrheit habhaft werden konnte: Dieser Mensch, der Herr der Welt, wer war er? Wo kam er her? Auf welch unbekannte Ziele richtete er sein unermüdliches Streben?
    Über genau dieses weitgespannte Thema hatte der Zartog Sofr soeben im Verlauf der Feier, von der er jetzt kam, gesprochen. Selbstverständlich hatte er den Fragenkomplex nur anschneiden können, da ein derartiges Problem in der Tat unlösbar blieb und es auf lange Sicht bleiben würde. Einige schwache Strahlen begannen zwar das Geheimnis etwas anzuleuchten. Und hatte nicht eben unser Zartog Sofr die lichtstärksten dieser Strahlen ausgesandt, als er die schrittweisen Beobachtungen seiner Vorläufer systematisierte und einordnete und dann seine persönlichen Beobachtungen anfügte: Er war bei seinem Gesetz der Entwicklung der lebenden Materie angekommen, einem universell anerkannten Gesetz, das heute keiner mehr zu widerlegen sich erdreistete.
    Diese Theorie beruhte auf einer dreifachen Basis.
    Erstens einmal beruhte sie auf der geologischen Wissenschaft, die an dem Tage geboren wurde, als der Mensch erstmals ins Erdinnere vorstieß, und sie wurde in dem Maße vervollkommnet, in dem die Entwicklung der Bergwerkindustrie voranschritt. Die Erdrinde kannte man nun so ausgezeichnet, daß man ihr Alter auf vierhunderttausend Jahre festlegen durfte, das Alter des Mahart-Iten-Schu auf zwanzigtausend Jahre, so wie es jetzt war. In früheren Zeiten aber hatte dieser Kontinent unter dem Meer geschlummert, was sich aus der dicken Schicht von alluvialem Lehm beweisen ließ, der überall, ohne den geringsten Unterbruch, die darunterliegenden Gesteinsschichten bedeckte. Durch welchen Mechanismus war der Kontinent aus dem Wasser gehoben worden? Zweifellos durch eine Kontraktion der erkaltenden Erdkugel. Wie die Dinge in dieser Beziehung auch liegen mochten, das Auftauchen des Mahart-Iten-Schu aus dem Meer mußte jedenfalls als gegebene Tatsache hingenommen werden.
    Die beiden andern Grundlagen waren Sofr aus den Naturwissenschaften gegeben worden. Er konnte die enge Verwandtschaft der Pflanzen untereinander beweisen, die enge gegenseitige Verwandtschaft unter den Tieren. Sofr war aber noch weiter gegangen: er wollte den über jeden Zweifel erhabenen Beweis aufstellen, daß fast sämtliche existierenden Pflanzen von einer Meerpflanze und daß fast alle auf der Erde lebenden Tiere – sogar die Vögel – von Meertieren abstammten. Durch langsame, aber stetige Evolution hatten sich diese Tiere und Pflanzen ihren wechselnden Lebensbedingungen angepaßt – erst an die in der Nähe bestehenden, dann an weiter von ihrem ursprünglichen Leben

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