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Es begann in einer Winternacht

Es begann in einer Winternacht

Titel: Es begann in einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Sessels. Sie setzte sich ohne jede Grazie oder Eleganz. Mauerblümchen, dachte Sebastian und erinnerte sich, dass sie nicht nur mit Lillian Bowman, sondern auch mit Lillians jüngerer Schwester Daisy und mit Annabelle Hunt befreundet war. Diese Gruppe junger Frauen hatte die ganze letzte Saison zusammen an den äußeren Rändern der vielen Bälle und Abendgesellschaften verbracht, eine kleine Gemeinschaft ewiger Mauerblümchen. Doch jetzt schien sich das Blatt gewendet zu haben, denn Annabelle hatte endlich einen Ehemann eingefangen, und Lillian hatte gerade einen Heiratsantrag von Lord Westcliff erhalten. Sebastian bezweifelte, dass ihr Glück sich auf dieses linkische Wesen vor ihm übertragen würde.
    Auch wenn er versucht war, nach den Gründen für ihren Besuch zu fragen, befürchtete Sebastian, dass das nur zu einem langen und für sie beide qualvollen Anfall von Gestottere führen würde. Also wartete er mit erzwungener Geduld, während Evangeline offensichtlich darüber nachdachte, was sie als Nächstes sagen sollte. Als die Stille länger wurde, beobachtete Sebastian sie im tanzenden Licht des Feuers, und ihm wurde zu seiner großen Überraschung bewusst, dass sie schön war. Er hatte sie zuvor noch nie wirklich angesehen und nur den vagen Eindruck eines unordentlichen rothaarigen Mädchens mit schlechter Haltung gehabt. Aber sie war bezaubernd.
    Während Sebastian sie musterte, bemerkte er, dass seine Muskeln anfingen, sich zu spannen, und sich die kleinen Härchen in seinem Nacken aufstellten. Er blieb entspannt in seinem Sessel sitzen, doch seine Fingerspitzen pressten sich leicht in die weiche Oberfläche des Samtbezugs der Armlehnen. Er fand es seltsam, dass sie ihm vorher nie aufgefallen war, wo es doch so viel an ihr gab, was einem ins Auge springen konnte. Ihr Haar hatte die prächtigste rote Farbe, die er je gesehen hatte. Es schien das Licht des Feuers in sich aufzusaugen und mit einer inneren Flamme zu glühen. Die schmalen Schwingen ihrer Brauen und die dichten Wimpern hatten eine dunklere kastanienbraune Farbe, doch ihre Haut war die einer wahren Rothaarigen, hell und auf Nase und Wangen leicht mit Sommersprossen bedeckt. Sebastian fand die fröhlichen kleinen goldenen Sprenkel, die wirkten, als hätte eine freundliche Fee sie aus einer Laune heraus verstreut, amüsant. Sie hatte unmodisch volle Lippen, die ein natürliches Rosa färbte, und große runde blaue Augen hübsch, aber emotionslos, wie die einer Wachspuppe.
    „Ich habe g-gehört, dass meine Freundin Miss Bowman nun Lady Westcliff ist“, sagte Evangeline sorgfältig. „Sie und der Earl sind nach Gretna Green weitergereist, nachdem er Sie … entfernt hatte.“
    „‚Zu Brei geschlagen‘ würde es genauer treffen“, sagte Sebastian liebenswürdig. Er wusste, dass sie die dunklen Flecken, die Westcliffs wütende Fäuste auf seinem Kinn hinterlassen hatten, kaum übersehen konnte. „Er hat es nicht gut aufgenommen, dass ich mir seine Verlobte ausgeliehen hatte.“
    „Sie haben sie e-entführt“, stellte Evangeline ruhig klar. „‚Ausleihen‘ würde bedeuten, dass Sie vorhatten, sie zurückzugeben.“
    Sebastian fühlte, wie sich seine Lippen zum ersten Mal seit sehr langer Zeit zu einem echten Lächeln verzogen.
    Offensichtlich war sie kein Dummkopf. „Nun, wenn Sie so genau sein wollen: dass ich sie entführt habe. Ist das der Grund, warum Sie mich besuchen, Miss Jenner? Um mir von dem glücklichen Paar zu berichten? Ich gestehe, ich bin dieses Themas müde. Sie sollten schnell etwas Interessantes sagen, oder ich fürchte, Sie werden bald gehen müssen.“
    „Sie w-wollten Miss Bowman, weil sie eine Erbin ist“, sagte Evangeline, „und Sie jemanden mit Geld heiraten müssen.“
    „Stimmt“, gab Sebastian bereitwillig zu. „Mein Vater, der Duke, hat bei der einen Verantwortimg in seinem Leben versagt: das Familienvermögen zusammenzuhalten, um es an mich weiterzugeben. Meine Verantwortung hingegen ist es, in Verschwendung und Muße zu leben und darauf zu warten, dass er stirbt. Ich erfülle meine Aufgabe vorbildlich. Der Duke hingegen tut es nicht. Er hat bei der Verwaltung der Finanzen der Familie vollkommen versagt und ist nun unverzeihlich arm und, noch schlimmer, gesund.“
    „Mein Vater ist reich“, sagte Evangeline ausdruckslos. „Und stirbt.“
    „Meinen Glückwunsch.“ Sebastian musterte sie aufmerksam. Es machte ihm keine Mühe zu glauben, dass Ivo Jenner mit seinem Spielkasino ein beträchtliches

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