Es bleibt natürlich unter uns
fast unhörbar.
„Und woher weißt du es, — eh, ich meine“, stotterte er, „nun ja, ich meine, gibt es da nicht vielleicht die Möglichkeit, daß du dich irrst...?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich war in München bei einem Arzt.“
„Na schön“, murmelte er, „da hast du also noch eine Menge Zeit bis zur Hochzeit. — Was ist nun mit Herrn van Dorn los? Sag einmal: heißt er wirklich und wahrhaftig Fred van Dorn?“
„Weshalb soll er nicht so heißen? Was ist daran so sonderbar: Er stammt vom Niederrhein. Da sind die van Geldern und van Straaten und van Hout so daheim wie bei uns die Huber und Meier. Er heißt Alfred van Dorn.“
„Ein lustiger Rheinländer...“, knurrte er, „ein fabelhafter Gesellschafter, wie? Und natürlich bildhübsch und immer tipptopp angezogen, nicht wahr? Und ein Auftreten, daß die Kellner nur so herumspritzen, wenn er die Karte verlangt, wie? Wie alt?“
„Vierunddreißig...“, sagte sie ein wenig verletzt.
„Richtig!“ rief er fast begeistert, „und schon ein wenig grau an den Schläfen, nicht wahr? Na klar doch! Ich kenne ihn!“
„Du bist gemein!“ sagte sie zornig.
„Weshalb?“ fragte er grimmig, „weil jedes Wort, das ich gesagt habe, stimmt?“
„Er hat keine grauen Schläfen!’*
„Das kommt noch!“ sagte er sehr bestimmt; aber er spürte, daß er zu weit gegangen war und streichelte ihre Schulter: „Sei mir nicht böse, aber ich könnte jeden Kerl, der dich in solch einen Schlamassel gebracht hat, erwürgen. Vielleicht bin ich auch nur eifersüchtig, daß du ihn liebst. — Du liebst ihn doch, nicht wahr?“
„Ja...“
„Na, das kommt aber reichlich zögernd!“ knurrte er.
„Weshalb quälst du mich so?“ fragte sie, den Tränen nah.
„Weil ich ein deutscher Mensch bin, ein gründlicher Mensch! Verstehst du? Weil ich es ganz genau wissen möchte, was zwischen euch los ist!“
„Ich weiß es nicht..
„Was weißt du nicht?“ fragte er scharf.
„Wenn ich ihn sehe, dann gibt es für mich keinen Zweifel. — Aber wenn er sich dann wochenlang nicht meldet —“
„Dann könntest du ihn umbringen, nicht wahr?“
„Ach nein, nicht ihn, — eher mich selber...“
„Genau so habe ich es mir gedacht!“ stieß er hervor und schüttelte sie ein bißchen, „du hast die Röhre mit Veronal schon unterm Kopfkissen, was? So ein verdammter Blödsinn...!“ Er klopfte seine Taschen nach Zigaretten ab: „Mit den Stäbchen fing unsere Bekanntschaft an. Besinnst du dich noch? Soll ich dir eine anstecken?“
„Nein, danke, sie schmecken mir nicht mehr...“
„Es ist auch besser für Otto, wenn du nicht rauchst“, murmelte er und spürte, daß ihre Schultern wieder zu beben begannen. „Was hast du schon wieder? Wenn du so weiter machst, wird der kleine Otto noch ersaufen...“
Sie schluckte ein bißchen: „Ich weine ja gar nicht! Ich lache… dein Otto — es klingt zu blödsinnig...“
Er ließ das Feuerzeug aufspringen, es brauchte wieder dreimal, bis es endlich funktionierte. Die Flamme züngelte empor, beleuchtete für eine Sekunde ihre Gesichter und erlosch, aber das flüchtige Aufzucken der Flamme und die schwache rötliche Glut der Zigarette genügten, um ihn erkennen zu lassen, in welch verzweifelter Stimmung sie sich trotz des nervösen Gelächters befand.
„Was erfuhr dein Vater durch die Auskunftei über Herrn van Dorn?“
„Es hat da mal vor Jahren eine unangenehme Wechselgeschichte gegeben“, antwortete sie stockend; „kurz und bündig: er ist vorbestraft. — So, und jetzt weißt du es.“
„Au verdammt...!“ entfuhr es ihm.
„Wechselfälschungen... Ich kann mir vorstellen, daß das in den Augen deines Vaters genau so schlimm oder vielleicht sogar noch schlimmer ist als Mord und Kirchenschändung...“
„Genau so ist es auch...“
„Er ist also Kaufmann, dieser Herr van Dorn... In was für einer Branche? Textilien?“
„Er ist Kommissionskaufmann...“
„Ich verstehe, — heute Leder, morgen Kaffee, übermorgen Porzellan, wie gerade die Konjunktur am günstigsten ist. — Geht es ihm wirtschaftlich gut?“
„Er lebt nicht schlecht..
„Das habe ich von vorneherein angenommen!“ knurrte er böse; „mich interessiert, ob er es sich leisten kann, gut zu leben.“
„Ich weiß genau, worauf du hinaus willst. — Mein Vater behauptet, daß er ein Hochstapler ist. Das wolltest du mit deiner Frage doch auch sagen, nicht wahr?“
„Nein, durchaus nicht! Ich wollte von dir erfahren, wofür du ihn
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