Es duftet nach Liebe (German Edition)
einen Baum an. Ich rutsche ein wenig herum, lege meinen Kopf auf seinen Schoß, biete ihm ein Stück von meinem Kuchen an. Er beißt zu und lächelt mich an.
„Das hier war mein geheimer Zufluchtsort. Ich bin in einen der Bäume geklettert und habe nachgedacht, mich gefragt, was mit mir verkehrt ist. Wieso mein Vater, anstatt mit mir zu spielen, in diesem verdammten Zimmer saß“
„Was denn für ein Zimmer?“
„Das zeigt er dir bestimmt noch …“
„Dort drüben habe ich mir eingestanden, dass ich Sophie nie wieder küssen möchte … und davon geträumt, wie sich wohl ein Kuss von Janosch anfühlen würde“
„Wer ist denn Janosch?“, frage ich und spüre so etwas wie Eifersucht in meiner Brust.
Christian lacht, stupst mir gegen die Nase. „Kein Grund zur Eifersucht … Janosch ist der Sohn des Fleischers. Er hat sich schon ziemlich früh geoutet. Das war natürlich ein Skandal! Aber ich habe ihn dafür bewundert, wie lässig er damit umgegangen ist … seine Eltern im Übrigen auch.“
„Und du? Wieso hast du es nicht probiert?“
„Ich bin nicht so wie er. Nicht so offen, so selbstsicher. Ich wollte nicht, dass mein Vater noch weniger an mir interessiert ist ...“
„Glaubst du, das wäre passiert?“
„Natürlich, er ist doch so alt. Wie sollte er verstehen, dass sein Sohn ..." Christian bricht, ab, beißt sich auf die Unterlippe. Seine Augen verdunkeln sich. Er hält sie starr auf einen Punkt gerichtet.
„Und deine Mutter? Hat sie niemals gefragt oder so?“
„Sie … ich habe es mal versucht, aber sie wollte mir nicht zuhören. Und dann habe ich mich nicht mehr getraut, dachte, sie wird es schon merken.“
„Und damit sie es merkt, hast du mich hierher gebracht?“
Er nickt unsicher.
„Und auch diese kleine Pornovorstellung ist ein Teil deines großartigen Plans?“
Christian sieht mich an, zuckt mit den Schultern. Ich richte mich auf, hauche einen Kuss auf seine Lippen. „Ich halte ja immer noch mehr vom Reden … aber nach gestern Nacht dürfte wohl auch so kein Zweifel mehr bestehen.“
„Glaubst du?“
„Natürlich, du hast gestöhnt, als wenn du den Schwanz im Arsch gehabt hättest ... und hast damit jeden Pornostar hinter dir gelassen.“
„Du übertreibst“, murmelt er und bekommt rote Wangen.
„Nur ein wenig, aber dein Gesichtsausdruck ist es wert“, erwidere ich lachend.
Eine Kanne Kaffee befindet sich ebenfalls im Korb. Ich gieße uns beiden eine Tasse ein. Wir trinken, genießen die Ruhe. Das wäre wohl auch mein Lieblingsplatz. Vor allem, weil im Haus so eine drückende Enge herrscht.
Nach dem Kaffee strecken wir uns auf der Decke aus. Ich lege meinen Kopf auf seine Brust, lausche seinem Herzschlag. Am liebsten möchte ich den Rest des Wochenendes hier verbringen. Aber dann hören wir laute Stimmen und Musik und ich vermute, damit hat sich mein Wunsch in Luft aufgelöst.
„Wir sollten zurückgehen", sagt Christian und bestätigt meinen Verdacht.
„Gibt es was zu feiern?“
„Keine Ahnung“
Wir packen zusammen. Der Weg zurück fällt mir schwer. Vielleicht, weil ich nicht weiß, was mich erwartet … vielleicht auch, weil ich das Gefühl habe, dass es zwischen Christian und seiner Mutter noch nicht ausgestanden ist.
***
Die Stimmung ist ausgelassen und fröhlich. Nur zwei Leute stehen ein wenig Abseits und beobachten das Spektakel. Einer davon bin ich, der andere ist Christians Vater. Allerdings ist er mit dem Grill beschäftigt. Aber es ist ihm deutlich anzusehen, dass er sich nicht richtig wohlfühlt. Und ich … ich bin wieder an diesem Punkt, wo ich die Flucht ergreifen möchte. Ich sehne mich nach meinem Auto und nach der Autobahn …
Von dem Christian zwischen den Kirschbäumen ist nichts mehr zu sehen. Ganz im Gegenteil. Er steht da, eingekeilt zwischen seiner Mutter und zwei anderen Frauen, von denen die eine vielleicht so alt wie Christian ist. Sie scheinen sich gut zu kennen und unterhalten sich angeregt. Es sieht sogar so aus, als wenn sie mit ihm flirten würde. Auf jeden Fall berührt sie ihn andauernd und legt ihren Arm auf seine Hüfte. Sicherlich hat sie die Unterstützung von Christians Mutter, denn sie lächelt selig. Bekommt Christian das wirklich nicht mit oder ist er so ein guter Schauspieler?
Dass er uns schon wieder verrät, tut verdammt weh. Wut frisst sich unaufhörlich durch meine Eingeweide. Ich schließe die Augen, atme tief durch. Lautes und schrilles Lachen dringt in meine Ohren und löst Übelkeit in mir
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