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Es geht auch anders

Es geht auch anders

Titel: Es geht auch anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Lotz (Hg.)
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wird gegessen«, dann ist das eine Vergewaltigung, oder nicht? Wenn mein Bäuchlein etwas Schnuckeliges haben möchte, dann gebe ich es ihm. So wie ich meiner Katze Moona eben die Sahne gegeben habe. Nun ist sie abgezischt, legt sich aufs Bett und pooft. Ist das nicht ein schönes Leben? Sie war noch nie krank in ihren elf oder zwölf Jahren, weil sie nach ihrem Gesetz lebt. Was ich bestens verstehe! Willste, willste – willste nicht, willste nicht.
    Glaubst du, dass du weise geworden bist im Alter?
    Ach, du lieber Gott! »Weise« ist so ein protziges, pompöses Wort. (singt) »Ja, ich bin klug und weise, und mich betrügt man nicht.« – »Zar und Zimmermann«, hast du die Oper gesehen? Ja, Liebling, weise? Ich bin nicht weise. Von Sokrates stammt der Satz: »Ich weiß, dass ich nichts weiß.« Und deswegen halten wir ihn für weise. Dem kann ich nur zustimmen. Und ich weiß, dass ich einiges weiß, aber das ist in dem großen Pott des Wissens sehr wenig. Ein paar Löffel voll.
    Wo bleibt die Würde des Alters?
    Im Arsch (lacht). »Würde« reimt sich auf »Bürde«. Ich finde, die Würde des Alters gibt es, aber es gibt genauso die Würde des Kindes, die Würde des Tieres, die Würde der Pflanze – also die Würde des Lebens. Lediglich das Alter würdig zu nennen ist eine wahnsinnige Begrenzung. Alt zu sein ist doch kein Verdienst, sondern eine biologische Entwicklung, und ein weißer Bart sieht so alt aus, so würdig, dass man immer denkt: »Gott, ist der weise.« Quatsch! Man kriegt weiße Haare, und der Bart wird grauer, fertig.
    Die Würde des Alters hat vielleicht damit zu tun, dass man im Alter toleranter wird, einsichtiger wird, liebevoller. Aber wie viele sind das schon? Die meisten werden eher stur und eigensinnig, noch egozentrischer und bösartiger. Das alles ist möglich im Alter. Die »Würde des Alters«, wenn du schon davon sprichst, hat etwas mit den Erkenntnissen zu tun, die man liebevoll verarbeitet und sich durch seine Persönlichkeit erworben hat.
    Bist du jetzt die andere Lotti, die anfängt nachzudenken?
    Die fängt doch nicht an! Nachdenken ist bei mir eine Dauerbeschäftigung. Ich bin neugierig, wissbegierig, und ich will noch eine Menge dazulernen.

… und weiter geht’s:
    Lotti Huber
Jede Zeit ist meine Zeit
Gespräche
    Herausgegeben und mit einem Vorwort von Peter Süß
    ISBN 978-3-86034-503-0

Gad Beck
Und Gad ging zu David
    »Alle im Hof versammeln, in geordneten Reihen aufstellen!« Eines Morgens wurde in meiner Schule dieser Befehl ausgegeben, noch vor dem Unterricht. Zusammen mit meinen Klassenkameraden gehorchte ich, fünfzehn zehn- bis zwölfjährige Quintaner in kurzen Hosen marschierten die Treppe hinunter. Alle Jahrgänge strömten mit militärischem Trappeln in den Hof.
    Die Nazis hatten an allen Schulen einen Brauch eingeführt, der sich »Fahnenappell« nannte. Jeden Morgen vor der ersten Stunde mussten alle im Hof antreten, die Hakenkreuzfahne wurde gehisst, und auf Befehl salutierte die ganze Schule vor der Fahne. Und an diesem Tag im Frühling 1933 wurde der Fahnenappell zum ersten Mal durchexerziert.
    Doch plötzlich schoss unser Klassenlehrer auf mich zu, streckte den Zeigefinger in meine Richtung und befahl schnarrend: »Beck, vortreten!« Ich begriff nicht. »Raus aus der Reihe, Beck! Du nicht! Du bist Jude!«
    Ich musste mich in eine Ecke des Hofs stellen, allen anderen gegenüber. In meiner Klasse war ich der einzige Jude, bei mir standen noch ein paar andere Verlorene aus anderen Klassen. Und dann kam der Befehl, mit einem lauten Knallen sausten die Hacken zusammen, und Hunderte von Jungensarmen schossen zum Hitlergruß in die Höhe, wie gereckte Bajonette uns entgegen. Jeden Morgen wiederholte sich dieses Schauspiel. Wir gehörten nicht mehr dazu, Ausgestoßene, die es nicht wert waren, die deutsche Fahne zu grüßen.
    Die Veränderung der politischen Atmosphäre spürten wir Kinder natürlich zunächst weniger als die Erwachsenen. Was immer sich vor 1933 angekündigt hatte, wir waren davon unberührt, vielleicht auch abgeschirmt geblieben. Doch seit das deutsche Volk Hitler gewählt hatte, verschärfte sich die Stimmung überall. Man hätte blind und taub sein müssen, um das nicht zu bemerken. Überall tauchten »Boykottiert Juden!«-Schilder auf, das konnte auch das abgeschirmteste Kind nicht übersehen. Mein Vater bekam es in seinen Geschäftsbeziehungen zu spüren; aber darüber sprach er nicht mit uns. Mir reichte, was ich selbst erlebte.
    Bisher

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