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Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Titel: Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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kam ihm auf dem Weg zu Ulpius in den Sinn, dass er sich schon sehr, sehr lange nicht mehr bei Mutter bedankt hatte.
    Für sieben Uhr hatten sie sich abgesprochen. Sigi war zu früh aufgebrochen. Die Uhr der Großen Kirche zeigte nur wenig über halb, als er in die Brockstraße einbog. Die Ruten wippten auf der Schulter im Takt der Schritte. Er brauchte sie nicht zu halten.
    Hoffentlich beißen die Aale. Der Mond wird erst nach Mitternacht aufgehen. Warm ist es und dunstig. Beißwetter eben. Aber Aale sind mal so, mal so.
    »He, du!«
    Sigi schrak auf. Er hatte die Fahrräder nicht gehört. Auf einmal bremsten sie neben ihm. Sechs, sieben.
    »Ja?«
    Ein Bursche hielt und stellte einen Fuß auf die Erde. Die anderen Räder rollten ganz langsam vorbei.
    »Wir suchen das Judenhaus.«
    Sigi griff nach den Ruten. Beinahe wären sie auf das Pflaster gesprungen. Er blickte dem Burschen ins Gesicht. Nie zuvor hatte er ihn gesehen. Er wohnte nicht in dieser Stadt. Langsam ging Sigi weiter.
    »Hier leben viele Juden«, antwortete er kurz angebunden. Erregung klang in seiner Stimme.
    Der Radfahrer stieß sich mit dem Fuß ab und schwang sich wieder neben Sigi.
    »Stell dich nicht so dumm. Wir wollen uns das Haus von diesem Waldberg oder so ähnlich ansehen.«
    »Waldberg? Kenne ich nicht.« Sigi ging entschlossen weiter.
    »Blödmann«, schimpfte der Radfahrer hinter ihm drein. Vor Ulpius’ Haus schaute Sigi zurück. Die Burschen standen bei Peter Bosshage aus seiner Klasse. Er sah, wie er ihnen den Weg erklärte. Peter blickte zu Sigi herüber und erkannte ihn. »Sie wollen zu euch!«, schrie er.
    Einen Augenblick waren die Burschen verblüfft. Dann drohte einer: »Wart nur, das zahlen wir dir aus.«
    Sigi rannte in den Hof, stellte die Ruten in den Stall und ging in die Stube.
    »Gut, dass du schon da bist«, begrüßte ihn Karl. »Wir können gleich losgehen.«
    Sigi reichte Herrn Ulpius die Hand.
    »Ihr seid ja ganz wild«, neckte er die Jungen.
    Sigi hörte nur halb zu. Die Radfahrer wollten ihm nicht aus dem Kopf. Was hatten sie vor? Wollten sie Mutter und Ruth ärgern? Oder waren sie zu Schlimmerem gekommen?
    »Ich glaube, ich muss eben noch einmal nach Hause«, sagte er.
    Zugleich befiel ihn Angst, den Burschen noch einmal zu begegnen.
    »Hast du etwas vergessen?«, fragte Karl.
    »Nein, nur …« Sigi zögerte, aber erzählte dann hastig, was er auf dem Herweg erlebt hatte.
    Herr Ulpius paffte ein paar dicke Wolken aus der Pfeife, erhob sich schließlich und sagte: »Tragt ihr zwei das Angelzeug in den Hof. Vergesst nichts. Ich will selbst mal nach dem Rechten sehen.«
    Sigi atmete auf.
    Längst hatten sie Stöcke, Eimer, Körbe, Decken in den Hof getragen, als endlich Herr Ulpius zurückkam. »Es ist alles in Ordnung«, beruhigte er die Jungen. »Los, jetzt wird es für uns Zeit.«
    Unwirsch wehrte er Karl ab, der mehr erfahren wollte. Sie liefen los. Frau Ulpius rief ihnen nach: »Aber kommt mir nicht ohne Aale nach Hause!« Und dann, als sie ihre Stimme schon beinahe nicht mehr verstehen konnten, klang noch das »Petri Heil!« herüber.
    Herr Ulpius drehte sich um, lachte und winkte und Karl schrie: »Petri Dank!«
    Noch stand die Sonne über den Bäumen, als sie am toten Arm des Flusses die Angelplätze aussuchten. Sigi wählte eine freie Bucht. Karl gesellte sich zu ihm. Herr Ulpius ging einen Steinwurf weiter. Dort war eine gute Stelle. Das wussten die Jungen. Aber ein paar Weiden streckten ihre Äste bis ans Ufer. Leicht verfingen sich die Schnüre in den Ästen. Nachts waren sie dann kaum heil wieder zu bergen. Nur ein sehr geschickter oder ein sehr dummer Angler wird im Dunkeln an einem solchen Platz die Schnüre auswerfen.
    Sigi köderte die eine Angel mit einem Tauwurm. Er suchte einen kleinen heraus, denn die dicken wollte er für die Nacht aufsparen. Erst dann beißen die Aale richtig. Solange es hell ist, gehen an den Köder zu oft Barsche. Die sind manchmal kürzer als der Wurm, den sie fressen wollen.
    An die andere Angel band er einen kleinen Haken und schob ein winziges Stückchen gekochte Kartoffel auf die Spitze. Ähnlich machte es auch Karl. Nur schwor er auf einen kunstvoll zubereiteten Teig aus Zwiebackkrümeln, Mehl und sieben Körnchen Zucker, fein geknetet und gemischt und mit einem Fingerhut voll Milch geschmeidig gemacht. Hastig waren die Bewegungen der Jungen. Es schien so, als ginge es um Sekunden.
    Dann sirrten die Schnüre durch die Luft, die Köder sanken, die Schwimmer richteten sich

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