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Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Titel: Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Vater. Es scheint vorbei zu sein.«
    »Das weiß man nie. Ich will zu den Aposteln hinüber. Wollt ihr mit?«
    »Was meinst du, Sigi?«
    »Ich möchte lieber noch ein wenig hierbleiben.«
    »Gut. Bleibt. Ihr findet den Weg leicht. Wenn der Mond kommt, geht schnurstracks auf die Eiche überm Damm zu.«
    »Ja, Vater. Nimmst du die Brassen schon mit?«
    »Nein, die tragt ihr nur. Ich habe einen Schoppen Klaren. Den will ich mit den Männern dort trinken.«
    Er ging.
    »Wenn der Mond da ist, kommen wir nach.«
    »Gut, aber schlaft nicht ein.«
    Die Jungen hätten gleich mitgehen können. Aale schien es nicht mehr in diesem Wasser zu geben. Einmal noch schlug Sigis Rutenspitze aus, doch er zog nur einen dünnen Fisch ans Ufer.
    »Schnürriemen«, sagte er, löste ihn vom Haken, lockerte den harten Griff ein wenig und ließ den Aal ins Wasser zurückgleiten. »Komm in zwei Jahren wieder.«
    Rötlich stieg die Mondscheibe aus dem Wasser, matt glänzte sie auf.
    »Jetzt ist es ganz vorbei. Lass uns gehen.«
    Sigi war einverstanden. Sie rollten die Schnüre um die Ruten, legten die Angeln ins Gras und machten sich auf den Weg. Schwarz ragte die Eiche über den Damm hinaus. Sie wies ihnen die Richtung. Über Zäune stiegen sie geradewegs auf den Baum zu. Träge wichen ein paar Kühe zur Seite, ein Junghase hoppelte vor ihnen her, zutraulich, denn die Hasenjagd war noch nicht auf und noch waren ihm keine Schrotkugeln um den Schnurrbart gepfiffen.
    Plötzlich blieb Karl stehen.
    »Die Fische! Wir haben die Brassen vergessen.«
    »Ach, pfeif was auf die Brassen. Ich geh nicht mehr zurück.«
    »Weil du nur zwei gefangen hast, wie?«
    »Blöd. Ich bin zu faul. Da drüben liegt Schapendyck schon.«
    »Mach es, wie du willst. Ich hole die Fische jedenfalls.«
    Karl kehrte um. Sigi ging weiter. Bald war Karl verschwunden. Kurze Zeit hörte man noch seine Schritte, dann das Quietschen des Drahtes, als er über den Zaun kletterte. Endlich blieb es still.
    Allein war es zwischen den Wassern unheimlich. Die Weidenknorren nahmen Fabelgestalten an, große Wesen mit aufgerecktem Arm, geduckte Tiere, sprungbereit, Schattenbilder. Glitzernde Wasserflächen spiegelten den Mond. Sigi beschleunigte seinen Schritt. »Der Knabe im Moor« fiel ihm ein, den Lehrer Coudenhoven mit seiner Stimme so in die Klasse gezaubert hatte, dass ihm eine Gänsehaut über den Rücken gelaufen war. Und die spürte er auch jetzt. »Schaurig ist’s, übers Moor zu gehen …« Er rannte. Da, vor ihm der Deich. Er keuchte die steile Böschung hinauf. Die Nachtgestalten zerflossen. Breit öffnete sich das Strombett vor seinem Blick. Unterm Ufer lag die Fee, die Salmwippe der zwölf Apostel, jenes klug ausgesonnene Salmfangschiff, dem die Männer ihren Wohlstand verdankten.
    Sigi blieb auf der Deichkuppe stehen. Die Rufe der arbeitenden Fischer schallten herüber. Gerade zogen sie an mächtigen Balken mit einem Schwung das Netz hoch, ein großes Netz. An der Längsseite war es an vier Wippbalken aufgehängt wie ein vierfacher Ziehbrunnen. An der anderen Seite der Balken half das Gewicht schwerer Kiesel, das Netz zu heben. Trotzdem mussten die Männer hart zupacken, sooft sie das Netz hochhievten. Es sollte aus dem Wasser schnellen, denn die flinken Salme durften nicht entkommen.
    Eine Weile horchte Sigi zur Fee hinüber. Hatten sie Glück bei diesem Zug? Nur ab und zu drang ein Kommando halb laut herüber. Schon senkten sich die Balkenenden wieder. Er ging auf Schapendyck zu. Die feste Steinhütte diente den Aposteln als Unterschlupf. Tief reichte das Schilfdach herunter. Aus der Giebelspitze stieg Rauch.
    Sechs Fischer schliefen, ruhten, aßen hier. Nach sechs Stunden machten die Männer von der Fee Feierabend, und die aus der Hütte gingen an die Arbeit. Fünf Tage lang kamen sie kaum vom Strom weg. Die Frauen sahen jeden Morgen herein und fragten nach Fisch. Sie empfingen die Beute und verkauften sie. Der Gewinn wurde durch zwölf geteilt.
    Sigi näherte sich der Brettertür. Sie stand einen Spalt weit offen in dieser Nacht. Schon wollte er sie ganz aufstoßen, da hielt ihn ein Wort zurück.
    »Räuchert sie aus, diese Juden. Mistet den Stall aus.«
    War das nicht Herr Ulpius?
    Sigi war verwirrt. Herr Ulpius redete doch sonst ganz anders. Aber er irrte sich nicht. Schon ging es weiter:
    »Dieses Pack ist der Ruin unseres Volkes. Es lebt von der Arbeit anderer. Wer kennt schon einen jüdischen Handwerker oder Arbeiter der Faust? Das Weltjudentum ist eine große Gefahr

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