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Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Titel: Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Schlafmützen.«
    Während die Männer, die die Nacht auf der Fee gearbeitet hatten, aßen und tranken und sich zum Schlafen auf die Streu wälzten, machten sich die anderen sechs bereit. Mit ihnen gingen auch die Jungen und Herr Ulpius aus der Hütte.
    »Sollen wir es noch auf Barsche versuchen?«, fragte Herr Ulpius.
    Aber die Jungen hatten schlafschwere Augen und wollten nach Hause.
    »Lauft ihr nur«, sagte Herr Ulpius. »Ihr könnt eure Ruten und den Aalkorb mitnehmen. Ich fange noch ein paar Barsche. Sie beißen, bevor die Sonne aufgeht.« Im Morgendunst stapften die Jungen durch das Gras. Es war schwer von Tau. Die Kälte kroch ihnen in den Körper.
    »Hör mal, Karl, kannst du mich nicht mitnehmen, wenn du auf den Turm der Großen Kirche steigst?«
    Karl gähnte. »Wenn es dir Spaß macht, Sigi, warum nicht? Ich war schon dreimal oben. Einmal hat Coudi mich mitgenommen. Er sagte: ›Von dieser höheren Warte aus kann man alles ganz anders beurteilen.‹ Coudi ist in Ordnung. Dem kann man vertrauen. Manchmal denke ich, es muss schön sein, Lehrer zu sein.«
    »Ich freue mich schon darauf, wenn wir auf den Turm steigen, Karl.«
    Noch ehe die Sonne aufging, erreichten sie die ersten Häuser. »Bis nachher.« Karl bog in die Brockstraße ein.
    »Ja, aber bis zehn werde ich erst mal schlafen«, sagte Sigi. Er war noch keine hundert Meter weiter, als sie über ihn herfielen. Harte Fäuste schlugen auf ihn ein. Korb und Ruten ließ er fallen und riss die Arme hoch. Genau vor sich erkannte er das Gesicht des Burschen, der ihn nach seinem Haus gefragt hatte. Er schlug zu, wütend und hart. Doch gleich darauf spürte er eine Faust auf der Brust. Der Stoß nahm ihm den Atem. Trotzdem ging er ein, zwei Schritte auf den Gegner zu, sah nur ihn und achtete nicht auf die anderen und ihre Schläge.
    Schließlich bildeten sie einen Kreis um Sigi und den Burschen. »Gib es dem Saujuden, Robert!«, riefen sie ihm halb laut zu. Robert war größer und breiter als Sigi. Auch stand er ihm an Beweglichkeit wohl nicht nach. Zwar wich Sigi dem ersten Schlag aus und stieß seine Faust gerade in die ungedeckte Stelle unter den Arm, doch Robert schien den Schlag nicht zu spüren und prügelte auf Sigi ein. Sigis Lippe sprang auf. Er schmeckte das Blut süß auf der Zunge. Wütend schoss er die Rechte in Roberts hochgezogene Deckung und ließ die Linke nachsausen. Sie traf die Magengrube. Robert krümmte sich und stöhnte auf. Sigi nützte den Augenblick und suchte Rückendeckung an der Hauswand. Doch schon war Robert wieder vor ihm. Seine Schläge waren nicht mehr so wild, doch schien er jetzt mit Sigi Katz und Maus spielen zu wollen. Sigi spürte den Hieb auf den kurzen Rippen, japste nach Luft. Jetzt fuhr ihm die Faust an den Hals, ins Gesicht. Einmal noch schien es Sigi, als habe er eine Chance. Er sah das Kinn des Burschen frei und ungedeckt in der Reichweite seiner Fäuste. Doch es war eine wohl berechnete Falle. Sigi stieß ins Leere, taumelte und spürte den Schlag hinter das Ohr kaum. Er sank in die Knie.
    »Gebt ihm den Rest, dem Schlappschwanz«, hörte er wie durch einen Nebel. Er sah undeutlich, wie sie langsam auf ihn zuschritten, von allen Seiten kamen sie. Sie traten auf ihn ein. Sie wollten sich die Hände nicht beschmutzen. Jetzt schrie Sigi zum ersten Male lang und laut, stürzte vollends auf das Pflaster und spürte nicht mehr, dass einer der Burschen den Korb ergriff und die Aale über ihn ausleerte. Als er sich wieder erheben konnte, war die Straße still und leer.
    Er wusste, dass er geschrien hatte. Hatte niemand ihn gehört? Er blickte zu Dreigens hinüber. Die ersten Sonnenstrahlen blinkten im Fenster. Frau Dreigens und ihr Mann standen hinter den Scheiben. Als sie bemerkten, dass er sie sah, ließen sie die Vorhänge fallen. Sie halfen ihm nicht. Mühsam raffte er sich auf. Die Ruten lagen zerbrochen. Der Korb war leer. Nasse Spuren im Sand zeigten ihm den Weg der Aale. Nur drei fing er wieder. Sie hatten den Weg ins Gras nicht gefunden. Er fuhr sich mit der Hand vorsichtig durch das Gesicht. Die Lippe war dick aufgequollen. Sein Arm schien verletzt, in seinem Rücken stachen Nadeln. Er gab die Suche nach den entwichenen Aalen auf, packte die Reste seines Angelzeuges und schleppte sich nach Hause.
    Mutter lag noch. Doch sie hatte seinen leisen Schritt gehört.
    »Bist du es, Sigi?«, rief sie halblaut.
    »Ja, Mutter.«
    »Hast du etwas gefangen?«
    »Nur drei Aale, Mutter.«
    »Wir Juden essen niemals Aale,

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