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Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Titel: Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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Professor.‹
    Flint meldete sich: ›Kurz nach zehn bin ich gegangen, Herr Professor. Das Mikroskop war unbeschädigt.‹
    ›Danke, meine Herren. Wir machen weiter.‹ Einer der Mitstudenten lachte hämisch. Der Professor sah ihn scharf an und sagte: ›Holen Sie den Besen, und fegen Sie die Scherben zusammen, Verlimann.‹ Der murrte zwar etwas von Putzfrau, aber dem Professor zu widersprechen, das war schon so eine Sache.
    Verlimann fegte mit verdrossenem Gesicht, und der Professor trug die Reste des Mikroskopes ganz behutsam in seinen Schrank. Es war nichts mehr wert, verstehst du. Gegen Ende der Übung sagte er: ›Wir sehen uns morgen um zehn in der Vorlesung wieder, meine Herren. Was ich übrigens noch sagen wollte: Bis sich die Angelegenheit aufgeklärt hat, arbeitet hier niemand, wenn ich abwesend bin. Ich möchte in Zukunft selber abschließen.‹
    Die Studenten scharrten, am meisten die, die kaum den Raum zur Arbeit benützten. Am selben Tag noch kam mir das Gerücht zu Ohren, ich sei derjenige, der das Mikroskop zerschlagen habe. Man erwarte von mir, dass ich mich binnen vierundzwanzig Stunden melde.
    Ich tat die Nacht kein Auge zu, das kannst du mir glauben. Am nächsten Morgen wollte ich im Hörsaal eine Erklärung abgeben. Es war der bare Unsinn, was sie glaubten. Das mussten sie doch einsehen. Aber sie sahen gar nichts ein. Sie hörten mich nicht einmal an. Als ich begann, scharrten sie mit den Füßen und schwatzten so laut, dass ich mein eigenes Wort nicht verstehen konnte. In meiner Kladde fand ich eingeschrieben: ›Du erlebst dein blaues Wunder, Streber, wenn du kneifst.‹
    Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Keiner sprach ein Wort mit mir. Wenn ein Präparat zum Anschauen herumgereicht wurde, dann ging es an mir vorüber. Ich beschwerte mich. Sie lachten nur und zwinkerten sich zu. Nach der Vorlesung lief ich hinaus. Ich wollte keinen mehr sehen. Doch vor dem Eingang warteten sie auf mich. ›Warum hast du dich nicht gemeldet?‹
    ›Da hat sein Vater ein schönes Schwein gemästet, was?‹
    Sie rückten mir auf den Leib. Ich war damals nicht der Schwächste, weißt du. In den Semesterferien musste ich in Feld und Stall mächtig heran. Das kam mir jetzt zustatten. Ich nahm die Fäuste hoch. Aber was will schon einer gegen mehr als zwanzig ausrichten. Da kam Flint.
    ›He, was geht denn hier vor sich?‹, fragte er.
    ›Abrechnung mit Vaters dümmstem Schwein‹, höhnte einer.
    ›Einen Augenblick mal, meine Herren. Ich möchte nur vorher meine Jacke ausziehen.‹ Sie lachten über Flint, denn er war ein kleiner, schmächtiger Student. Da, wo bei mir harte Muskeln vorsprangen, da gab es bei ihm nur Plumpudding. Sie glaubten wohl, er wolle auch mitschlagen. Sorgfältig legte er seine Jacke zusammen, nahm seine Brille ab, steckte sie in die Brusttasche und stellte sich neben mich. Was sollte das? Ich verstand ihn nicht.
    ›So, meine Herren, dann los.‹
    Sie waren verblüfft. ›Lassen Sie den Blödsinn, Flint. Er war es. Er soll sich melden.‹
    ›Woher wissen Sie nur so genau, dass er es war? Ich weiß zwar auch nicht, dass er es nicht gewesen ist. Aber ich glaube ihm. Ich glaube ihm, verstehen Sie!‹
    ›Macht einen Märtyrer aus ihm‹, schrie einer. ›Mal sehen, ob er für seinen Glauben etwas einstecken kann.‹
    ›Sie riesengroßer Narr‹, sagte verbissen ein langer Kerl und schlug zu. Ich habe mich gewehrt wie nie zuvor in meinem Leben, Junge. Sie haben uns zusammengehauen, wie du es dir kaum vorstellen kannst. Wenn nicht der Professor gekommen wäre und sich die Burschen nicht schnell in alle Winde zerstreut hätten, ich weiß nicht, was sie noch mit uns gemacht hätten.
    ›Aber, meine Herren‹, sagte der Professor, ›wer wird sich denn prügeln?‹ Er sah sich nicht einmal nach uns um. Wir rappelten uns auf. Flint heulte ein wenig. Er staubte seine Hose ab, versuchte, die Fetzen seines Hemdes in den Hosenbund zu stopfen, und zog sein Jackett über. Mit dem Taschentuch wischte er sich die Tränen weg. Ich stand beschämt da. Ich hätte ihn umarmen mögen. Seinetwegen hatte mir die Rauferei eher Spaß gemacht. Da kam er auf mich zu. Ich wollte ihm danken, ihm die Hand schütteln. Er wies mich ab und sagte: ›Provozieren Sie bitte nicht noch einmal solch ein Theater. Ich bin nämlich kein Held.‹
    ›Mensch, Flint‹, sagte ich.
    ›Sehen Sie bitte nach, ob meine Krawatte gerade sitzt‹, fuhr er mich an. Da musste ich lachen. Lachen, obwohl ich merkte, wie ein Veilchen an

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