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Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Titel: Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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meinem Auge wuchs. Seine Krawatte saß schließlich. Er lud mich in seine Bude ein, holte eine Flasche und sagte: ›Zum Bruderschaftstrinken, das müssen Sie sich merken, braucht man einen guten Tropfen. Dies ist einer.‹ Er hielt mir die Flasche vor die Augen. ›Guntersblumer Eiserne Hand, Spätlese‹, las ich. Wir tranken. ›Wie heißt du eigentlich, Ulpius?‹
    ›Theodor.‹
    ›Angenehm, ich heiße Roderich.‹«
    Ulpius schwieg, Karl fragte: »Und wie ging es mit dem Mikroskop aus?«
    »Nie fand sich der, der es zerschlagen hatte. Mir blieb während der folgenden Semester in Marburg etwas an der Weste haften. Aber das war mir gleich. Ich hatte Freundschaft erlebt, weißt du.«
    »Ja, Vater«, sagte Karl.
    »Ist diese Geschichte eine Antwort auf deine Fragen?«
    »Ja, Vater.«
    Für Karl bedeutete sie noch mehr. Jetzt ahnte er, warum Vater nicht mit den Wölfen heulte. Er war eher wie Coudi. Wie Dutt. »Vielleicht werde ich Lehrer, Vater.«
    Überrascht ließ Herr Ulpius die Zeitung sinken. »Lehrer? Nicht mehr Polizist?«, wollte er fragen, doch Karl war schon aus dem Zimmer gerannt.

19
    Sigi besaß einen schnellen Schlitten. Den Vormittag über war er in jeder freien Minute in den Hof gelaufen und hatte die Kufen mit harten Schneebällen poliert. Der schuppige Rostbelag war längst verschwunden. Blank glänzten die Eisenbänder.
    Gegen drei kam Karl. »Ist der Schlitten in Ordnung?«
    »Und ob. Wir werden die Schnellsten sein.«
    »Abwarten. Hein Bökeloh hat sich in Märzenichs Schmiede neue Bänder unter die Kufen ziehen lassen.«
    »Neue Bänder sind stumpf.«
    »Das weiß Hein auch. Heute Morgen in der Zeichenstunde hat er erzählt, dass sein Vater schon in der Frühe über Land gefahren ist. Hein hat den Schlitten hinter den Pferdewagen gebunden. Vier oder fünf Stunden Fahrt hinter dem Wagen, die machen das Eisen glatt.«
    »Ich habe auch nicht geschlafen.«
    Sigi holte den Schlitten vom Hof und stellte ihn aufrecht. Karl prüfte die Kufen mit der Fingerspitze. »Fein.«
    Er ging zum Grafenberg hinauf. Zehn Wegminuten hinter dem Schützenhaus begann der kahle Hang. Gleich vorn rodelten die Kleinen und die Mädchen. Je weiter man sich hinaufwagte, umso steiler wurde der Abhang. Am oberen Rande des Platzes, da, wo die Fichten aufragten, war die Bahn der Großen. Wer hier den Schlitten bestieg, der hörte den Fahrtwind pfeifen. Vor allem aber musste er die Kunst des Stürzens beherrschen. Nicht, weil der Hang selber gefährlich gewesen wäre, sondern weil die Bahn auf den alten Rheinarm mündete. Am Ufer war das Eis dick und trug verlässlich. Aber irgendwo weiter der Mitte zu, da gab es Quellen, die das Eis selbst bei strengem Frost brüchig hielten. Deshalb stürzten die Jungen ihren Schlitten um, sobald die Kufen das Eis berührten, rutschten wohl noch zehn, zwölf Meter über die glatte Fläche, aber blieben weit genug von den tückischen Stellen entfernt.
    In dem Fichtenbestand gab es weiter oben eine breite Schneise. Wenn es dunkel wurde, kamen die erwachsenen Burschen und Mädchen zum Rodeln. Doch seit drei Jahren trauten sich selbst die Verwegensten nicht mehr diesen Steilhang in der Schneise hinabzufahren. Damals war Jonny Kellner, einer der geschicktesten Rodler der Stadt, verunglückt, als er seinen Schlitten aus der rasenden Fahrt heraus stürzte, und hatte wochenlang mit einer Gehirnerschütterung und Knochenbrüchen im Krankenhaus gelegen.
    Karl und Sigi versuchten es nicht gleich bei den Fichten.
    »Man muss sich erst wieder daran gewöhnen«, meinte Sigi. Auch vom halben Hang her kamen sie in schnelle Fahrt. Kaum berührten die Kufen das Eis, da befahl Karl: »Los!«
    Sie warfen sich nach links. Die rechte Schlittenkufe hob sich. Der Schlitten kippte. Sie rutschten. »Prima!«
    Die Jungen lachten sich an. »Der Schlitten ist in Form, was?«
    Sigi deutete zum Waldrand hin: »Sieh mal. Das wird Hein sein.«
    In gerader Linie glitt ein Schlitten herab. Der Fahrer lag weit vornübergebeugt. Sein hellblauer Schal flatterte wie eine Fahne im Fahrtwind. »Toll! Sieh mal, wie er stürzt!«
    »Es ist wirklich Hein. Er hat sich einfach abgerollt, hast du gesehen?«
    »Ja. Aber ich habe auch seinen neuen Trick bemerkt.«
    Karl schaute noch einmal scharf zu Hein hinüber, der sich nicht weit von ihnen aufrappelte. »Trick?«
    »Ja, er hat beim Sturz die Schnur des Schlittens festgehalten. Er braucht ihn nie weit zu holen.«
    »Das versuchen wir auch.«
    »Klar. Man muss eben nur darauf

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