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Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Titel: Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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das war vielleicht ein Ausweg. Viele Überlegungen wurden notwendig, ein langer Marsch stand bevor. Es gab etwas zu tun, seine Hände konnten zugreifen, seine Füße ausschreiten, es ging auf ein Ziel zu. Endlich sollte dieses elende Warten ein Ende nehmen. Plötzlich spürte er seinen Hunger. Er begann zu essen. Es schmeckte ihm wieder. Ruth ging es ebenso. Auch Frau Waldhoff wurde ruhiger, als die Entscheidung gefallen war. So kamen sie doch noch zu ihrem Abendbrot.
    Ruth hätte am liebsten gleich ausgesondert und gepackt. Sigi fiel ein, dass er den Handkarren unbedingt schmieren musste. Die Räder an der Hinterachse quietschten. Doch es war Sabbat. Es blieb also bei den Plänen.
    Am Nachmittag klopfte Karl an die Tür. »Seid still«, flüsterte Ruth. »Niemand darf es wissen.«
    Doch Sigi sagte: »Ich lege für ihn die Hand ins Feuer.«
    Mutter gab ihm einen Wink. Er ließ Karl hereinschlüpfen. »Wie geht es dir?«, fragte Karl. »Was machen Hände und Füße?«
    »Sie schmerzen nicht mehr. Das ist auch gut so. Wir haben in der Nacht noch einen weiten Weg vor uns.«
    »Wollt ihr verreisen?«
    »Wir werden fortgehen.«
    »Ganz fort aus der Stadt?«
    »Ja.«
    »Wirst du mir sagen, wohin ihr zieht?«
    »Dir schon, wenn Mutter es erlaubt.«
    »Warum sollte ich es nicht erlauben, Junge?« Dann sagte sie es selbst: »Wir ziehen nach Neuß, aber es ist besser für uns, wenn es nicht alle wissen.«
    »Ich werde es nicht verraten, Frau Waldhoff.«
    »Nein, Junge, ich weiß es.«
    »Wann kommt ihr zurück?«, fragte Karl.
    »Wenn Vater wieder da ist, dann kommen wir wieder in die Stadt, nicht wahr, Mutter?«
    »Vielleicht, Junge. Aber warten wir lieber, was Vater selbst dazu sagt.«
    »Wenn es nach mir geht«, widersprach Ruth, »kommen wir nie mehr hierher zurück.«
    »Aber warum denn, Ruth? Vater ist unschuldig. Es wird sich zeigen.«
    Sigi rückte ein wenig näher zu Karl. Mutter blickte auf die beiden. Ein Lächeln zitterte über ihr Gesicht. »Meinst du, es würde je wieder sein wie vor dem Peter-und-Pauls-Tag?«
    Karl antwortete für Sigi: »Es wird den Leuten leid tun. Sie werden besonders nett zu euch sein.«
    Mutter ließ sich mit der Antwort Zeit. Doch dann sagte sie: »Sie werden uns stets als Vorwurf empfinden. Es wird nie wieder so sein können, wie es früher war.«
    Karl ging bald wieder fort. Er versprach, Sigi bis auf den Hügel vor der Stadt zu begleiten, wenn sein Vater nichts dagegen hätte.
    Als der Sabbat vorüber war, schafften die Waldhoffs all das in die Werkstatt, was sie mit nach Neuß nehmen wollten. Bald hatten sie so viel zusammengetragen, dass es auf drei Wagen nicht zu verpacken gewesen wäre. Frau Waldhoff schleppte die kleine Kiste mit der Bettwäsche in die Kammer zurück, und Ruth stapelte die Tuche und Laken wieder in die Aussteuertruhe. Allein auf Tante Judiths Kissen, ihr erstes Stück, mochte sie nicht verzichten. Sigi spannte endlich eine feste Segeltuchplane über den Wagen.
    »Setzt euch in die Stube«, sagte Mutter. »Wir brauchen ein kräftiges Essen, bevor wir uns auf den Weg machen.«
    »Warum, Mutter? Ruth und ich haben bestimmt keinen Hunger. Lass uns gleich losziehen.«
    »Nein, es ist zu früh. Wenn die Straßen leer sind, wenn die Menschen in ihren warmen Stuben schlafen, dann erst wollen wir fliehen.«
    »Ich werde dir helfen, Mutter«, bot Ruth an. Mutter schob sie ins Wohnzimmer.
    »Kind, lass mich. Ich möchte allein sein. Ganz allein. Ich will Auf Wiedersehen sagen. Der Herd – die Töpfe – das Geschirr, ach . . .«
    Sie lief in die Küche und zog die Tür hinter sich zu. Sigi lehnte seine Stirn gegen die Scheibe. Das Eis auf dem Pflaster blinkte. Die Häuser lagen im schwarzen Schatten. Über den beschneiten Dächern schwebte der Mond, klar und kalt. Die Sterne funkelten. Der Turm der Großen Kirche stach hoch und spitz in den Himmel.
    Ruth trat neben den Bruder und legte ihm den Arm um die Schultern. »Karl hat mir versprochen, dass ich im Sommer mit in die Glockenstube darf. Vielleicht sind wir im Sommer längst wieder zu Hause.«
    Schritte knirschten. Ein Schatten glitt am Fenster vorüber.
    »Es ist Karl.« Sigi lief zur Tür und hielt die Klingel. »Darfst du mit?«
    »Ja. Vater hielt es für selbstverständlich.«
    »Was sagt deine Mutter?«
    »Sie wird kein Auge zutun, bis ich die Tür wieder von innen verschlossen habe, hat sie gesagt.«
    Frau Waldhoff brachte heiße Milch, Brot, Butter und Käse. Dazu stellte sie den Honigtopf. Ruth zündete das Licht

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