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Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Titel: Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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zu.
    »Aber zieh dir die Mütze bis über die Ohren«, erinnerte ihn die Mutter. Es hätte keiner Mahnung bedurft. Die Kälte war seit Wochen nicht gewichen. Jeden Tag, den ganzen Januar lang, war der Himmel blau gewesen und der Nordostwind blies beständig sibirische Kälte ins Land. »Stell dir vor, der Rhein ist zugefroren!«, empfing Karl den Freund. »Die Apostel sollen eine Brücke über die Schollen gebaut haben. Man kann ans andere Ufer kommen. Sogar Pferd und Wagen trägt das Eis. Ich darf heute hin. Vater hat mir einen Groschen gegeben.«
    »Wozu brauchst du einen Groschen?«
    »Sie kassieren Brückengeld, wenn man hinüberwill.«
    »Ich gehe mit, Karl. Du kannst mir ja unterwegs erzählen, was ihr heute gelernt habt. Vergiss die Schlittschuhe nicht.«
    Bald trabten die Jungen los. Sigi hatte sich seinen Schal so um den Kopf gebunden, dass nur noch ein schmaler Schlitz für die Augen frei blieb. Bald gelangten sie in die Flussniederung. Das Adventshochwasser hatte die Wiesen bis zum alten Flussarm hin überschwemmt. Der Frost fror das Wasser zu einem riesigen, glatten Spiegel, noch ehe es sich verlaufen konnte. Sie schnallten ihre Schlittschuhe unter. In geübten Schritten glitten sie über das Eis.
    »Wer ist zuerst an der Weide drüben?«, forderte Karl Sigi heraus. Er ließ Sigi einen kleinen Vorsprung. Dann setzte er nach, den Oberkörper weit vorgebeugt, die Arme auf dem Rücken verschränkt. Sigi schwang seine Arme wild, strengte sich an, kämpfte. Aber es war heute wie stets, Karl konnte er nicht schlagen.
    Das letzte Stück bis zum Damm fuhren sie nebeneinander. Dann stöckelten sie die Dammböschung hinauf. Vor ihnen lag der starre Strom. Scholle hatte sich über Scholle getürmt, ein weites Feld von Eisspitzen und Eisblöcken. Die schmale schwarze Fahrtrinne inmitten der Schollen, die bislang noch offen gewesen war, war verschwunden. »Wirklich, ganz zugefroren. Vater sagt, das ist seit vierundzwanzig Jahren nicht mehr da gewesen.«
    Dort, wo in den anderen Jahreszeiten die Fähre über den Strom schwamm, bewegten sich viele schwarze Punkte auf dem Eis, hinüber und herüber. »Wie eine Ameisenstraße«, sagte Sigi.
    Sie banden die Schlittschuhe zusammen und hängten sie über die Schulter. Der Pfad auf der Dammkrone war ausgetreten, und sie kamen schnell vorwärts. Am Fährkopf drängten sich viele Menschen. Die meisten wollten den Weg über den Strom wagen und waren gern bereit, den Aposteln die fünf Pfennige, die sie forderten, zu zahlen. Die Fischer hatten sich große Arbeit damit gemacht, durch das Schollengebirge einen halbwegs gangbaren Weg zu bahnen. Eisblöcke waren zur Seite gewälzt worden, sie hatten Vertiefungen mit Eisstücken und Schnee aufgefüllt, dann aus einem Eisloch Wasser geschöpft und darübergegossen.
    Das Ergebnis war eine wagenbreite Fahrspur bis auf die andere Stromseite hinüber. Ganz richtig hatten die Apostel die Lust der Leute eingeschätzt, gefahrlos zum anderen Ufer gelangen zu können. Nun klimperten die Fünfer in ihren Lederbeuteln. Sie lachten und scherzten mit den Frauen und Männern. Sie waren zufrieden. Am Abend beteten sie darum, dass das Wetter noch bis weit in den Februar hinein nicht umschlüge. Vor allem vom Sonntag versprachen sie sich ein Geschäft, das ihnen ein schönes Stück Geld bringen sollte. Für Samstag hatten sie eine Anzeige in den Blättern der nahen Großstädte aufgegeben, in der das »Abenteuer der Flussüberquerung trockenen Fußes« angepriesen wurde.
    Sigi und Karl schauten zunächst zu. Doch Karl juckte der Groschen in der Tasche. Er wäre längst auf dem Eis gewesen, aber ohne Sigi mochte er nicht gehen. Sigi aber hatte keinen Groschen.
    »Willst du nicht übers Eis?«, fragte Sigi schließlich.
    »Ich möchte schon. Aber was machst du?«
    »Ich vertreibe mir hier die Zeit. Oder bleibst du hier?«
    »Ich möchte schon hinüber. Es soll in der Mitte knacken und knirschen. Man kann den Strom spüren. Wir können ja beide gehen, wenn …«
    »Wenn ich einen Groschen hätte«, ergänzte Sigi.
    »Vielleicht auch so. Meinst du, die lassen uns nicht mehr zurück?«
    »Ohne Fünfer nicht. Da könnte ja jeder kommen.«
    »Hin kommen wir mit dem Geld. Drüben steht Willem. Der kennt uns. Meinst du, er lässt uns drüben verschmachten? Der drückt bestimmt ein Auge zu, wenn wir ihm sagen, dass wir keinen Pfennig mehr haben.«
    »Also gut«, stimmte Sigi zu. »Wenn wir erst mal drüben sind, dann wollen wir weitersehen.«
    Karl warf den

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