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Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Titel: Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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ihr Gespräch und brachte Kappe, leutselig wie er heute war, zur Tür. «Und weiterhin frohes Schaffen.»
    Kappe bedankte sich und kehrte mit einem nie gekannten Hochgefühl in sein Büro zurück. Er hatte Berlin erobert! Es war die richtige Entscheidung gewesen.
    Inzwischen war auch Galgenberg erschienen, und sie teilten sich seine Zeitung. Zuerst las Kappe natürlich das, was aus dem Moabiter Unruhegebiet berichtet wurde. Die Festnahme Dlugys nahm nicht mehr als drei Zeilen ein, was aber mit dem Redaktionsschluss zu tun haben musste, wie Galgenberg meinte. Da war auf die Mittagsausgabe zu warten. Was gab es noch? Der Kaiser hatte dem Reichsversicherungsamt sein Bildnis mit eigenhändiger Unterschrift geschenkt. Die Eröffnung der Schöneberger U-Bahn war für Ende November in Aussicht genommen. Direktor Max Reinhardt hatte sich geweigert, das Gastspiel des Deutschen Theaters in München fortzusetzen. Der 41-jährige Anstreicher Erich Grimm war nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis sofort wieder als Heiratsschwindler in Erscheinung getreten. In einer feschen Jägeruniform hatte er nach neuen Opfern Ausschau gehalten. Der Wegelagerer von Cöpenick war endlich gefasst worden. Der Techniker Treff hatte in den letzten Wochen fortwährend dreiste Raubüberfälle auf wehrlose Frauen ausgeführt. Bei einer Bahnfahrt hatte ein vierzigjähriger Reisender den Tod gefunden.
    Auf der Fahrt von Görlitz nach Berlin stürzte er aus bisher noch nicht ermittelter Ursache aus dem Abteil heraus, las Galgenberg laut vor. Unglücklicherweise blieb der Rock am Laufbrett hängen, und so wurde der Verunglückte mitgeschleift und unter die Räder geschleudert. Kopf und Brust wurden dem Manne vollständig zermalmt, sodass der Tod fast auf der Stelle eintrat.
    Kappe schüttelte sich. «Hören Sie auf! Das erinnert mich zu sehr an mein Abenteuer in der U-Bahn, Sophie-Charlotte-Platz. Außerdem muss ich am Sonntag wieder mit der Eisenbahn fahren - zu meinen Verwandten nach Hoppegarten.»
    «Mit Ihrem Fräulein Braut?», wollte Galgenberg wissen.
    «Braut wäre schön», seufzte Kappe. «Klara. ..»
    «Klara Fall», analysierte Galgenberg die Sache, «die lässt Sie zappeln. So sind die Frauen eben.»
    «Wenn’s nur das wäre, aber ich habe so das dumpfe Gefühl, dass mein lieber Freund Liepe dabei ist, ihr den Kopf zu verdrehen.»
    «Wenn sie diese Probe nicht besteht, sollten Sie froh sein, dass Sie jetzt schon merken, wes Geistes Kind sie ist, und nicht erst dann, wenn es zu spät ist.» Galgenberg gefiel sich in seiner Rolle als väterlicher Ratgeber in allen Lebenslagen. «Vorsicht mit der Devise: Liebe mir - oder ick zerhack dir die Kommode.»
    Kappe schaute in den berlinisch blauen Himmel. «Ob ich nicht doch mal zu Rudolph Hertzog gehe und sehe, was sie macht?»
    «Was wird sie machen? Korsetts wird sie verkaufen.»
    «Ich meine, was sie im Hinblick auf mich denkt.»
    «Tun Sie, was Sie nicht lassen können.» Galgenberg warf ihm einen Blick zu, der ebenso verschwörerisch wie schelmisch war.
    «Fragt jemand nach Ihnen, dann sage ich, Sie suchen den Mörder von Königs Wusterhausen.»
    Kappe konnte ihm nicht folgen. «Wen?»
    «Na, meinen Sie denn, der Reisende mit der zermalmten Brust ist von alleine aus dem Zug gestürzt? Den hat doch einer rausgeworfen.»
    «Malen Sie nicht den Teufel an die Wand!» Möglich war alles. Kappe stand auf. «Ja, dann. .. Ich werde in einer knappen Stunde wieder zurück sein.»
    «Ein Satz mit. ..»
    «Dann erst in dreien.»
    Mit gemischten Gefühlen schlenderte Kappe zum Kaufhaus Rudolph Hertzog. Einerseits war er voller Vorfreude, Klara endlich wiederzusehen, andererseits fürchtete er, brüsk zurückgewiesen zu werden und am Ende aller Träume angelangt zu sein. Ob Gottlieb Lubosch wirklich so gemein und hinterhältig sein würde, ihm Klara auszuspannen? Was hatten sie ihm bei der Schulung zum Kriminalwachtmeister beigebracht? Dass die Triebe, wurden sie nicht gebändigt, einen jeden Menschen zum Verbrecher machen konnten.
    Als er in der feudalen Eingangshalle des Kaufhauses stand, verließ ihn der Mut. Er fühlte sich in diesem Tempel der eleganten Welt mehr als deplatziert und schrumpfte immer mehr. Wenn sie ihn als Bettler und Landstreicher verhaften würden, wäre er kaum verwundert. Wie anders könnte er auftreten, wenn er als Kriminaler hier wäre! Ein Amt hob einen Menschen ungemein, multiplizierte es doch seine geringe Größe mit der Allmacht des Staates.
    Kappe straffte sich und gab sich

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