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Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Titel: Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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det nich ’ne Braut für Sie, Kappe?»
    «Ja. ..» Kappe spürte durchaus ein gewisses Kribbeln in der Lendengegend.
    Galgenberg packte seine Hände und hielt sie hinter seinem Rücken fest. «Gestehen Sie, Kappe, deswegen haben Sie den Kohlenarbeiter Paul Tilkowski erschossen!»
    «Nein, nicht ich, der Dlugy hat es für mich getan und tausend Mark dafür bekommen.»
    Galgenberg ließ ihn wieder frei. «Ach schade, dass das Leben kein Roman von Hedwig Courths-Mahler ist. Meine Frau kommt gar nicht mehr los von der.»
    Kappe fragte einige Leute, die halbwegs friedlich und vernünftig aussahen, nach dem Streikkomitee. «Wir sind Freunde von Gustav Dlugy.»
    «Keine Ahnung, der ist mal hier, der ist mal dort.»
    Sie bedankten sich und ließen sich wieder treiben. Dabei musste Galgenberg aufpassen, dass ihn die Kollegen, die hier im Einsatz gegen die Aufrührer waren, nicht erkannten und freudig begrüßten, womit sie dann jede Chance verspielt hätten, Dlugy aufzustöbern. Für Kappe war das kein Problem, ihn kannte kaum jemand.
    Um 21 Uhr kam es vor dem Hause Thurmstraße 58 zu einem Zusammenstoß. Wie auf Kommando gingen in diesem und den Nebenhäusern die Fenster auf, und herunter flogen Blumentöpfe, Gläser und Flaschen, während die auf der Straße versammelte Menge, fünfhundert Köpfe mochte sie zählen, laut schrie und johlte und Miene machte, sich auf die Schutzleute zu stürzen. Sofort wurden Schüsse auf die Fenster abgegeben, und es wurde Attacke auf die Menge geritten. Zehn bis fünfzehn Bürger wurden verletzt, ein Schutzmann erhielt aus der Menge einen Schuss in die Hand.
    «Bravo, Dlugy!», schrie einer, aber Kappe und Galgenberg waren viel zu weit entfernt, um das hören zu können.
    Um 22.15 Uhr erschienen der Minister des Innern von Dallwitz und der Polizeipräsident von Jagow in Moabit, um sich von den getroffenen Maßnahmen persönlich zu überzeugen. Der Minister begrüßte Major Klein und ließ sich von ihm ausführlich Bericht erstatten. Anschließend trat der Polizeipräsident auf die anwesenden Vertreter der Berliner Zeitungen zu und sagte: «Beruhigen Sie doch Ihre englischen Kollegen. Es ist bedauerlich, dass die Herren ins Gedränge gekommen sind. Ich habe mich sofort informiert; es ist ja glücklicherweise nur einer der Herren leicht verletzt. Er hat diese Wunde auf dem Felde der journalistischen Ehre davongetragen.
    Sie alle stehen mehr oder minder bei solchen Anlässen ebenso wie unsere Beamten stets in hoher Gefahr. Hoffentlich werden sich Ihre englischen Kollegen nicht weiter beunruhigen.»
    Der hohe Besuch brach dann zu einem Rundgang durch die Moabiter Straßen auf, und der Minister trat hin und wieder an die Schutzleute heran und sprach ihnen seinen Dank für ihre gute Haltung aus. Auf seine Frage nach der Wirkung des Einsatzes von Karabinern wurde ihm geantwortet, dass die Exzedenten die Fenster viel schneller schließen würden, als wenn man nur mit Brownings auf sie feuerte. Am Ende wollte man noch den Lagerplatz der Firma Kupfer & Co. besichtigen. Während ihres Rundganges hatten etwa fünfhundert Menschen an der Heilandskirche versucht, den Polizeikordon zu durchbrechen, waren aber zurückgeschlagen worden.
    Kappe und Galgenberg hatten diesen Vorfall aus der Ferne verfolgt. Noch immer irrten sie ziemlich planlos in Moabit herum. Was anderes hätten sie auch tun können.
    «Vielleicht sollten wir doch sehen, dass wir mit Major Klein sprechen und uns Amtshilfe erbitten», sagte Kappe schließlich.
    «Dann laufen wir zwar quasi mit offenen Visier herum, aber wir wissen wenigstens, in welche Richtung wir zu laufen haben.»
    «Hört sich gut an, Ihr Vorschlag, Kappe. Also auf zu Kupfer & Co., da wird er sicher noch zu finden sein.»
    Und richtig, der Polizeipräsident und der Minister waren gerade dabei, sich zu verabschiedeten, und auch der Major Klein wollte den Heimweg antreten, als sie in der Sickingenstraße eintrafen. Da man Galgenberg kannte, war es kein Problem, zum Einsatzleiter vorzudringen.
    «Herr Major, wir sind unterwegs, um Gustav Dlugy festzunehmen», erklärte ihm Galgenberg. «Er steht in dringendem Verdacht, den Kohlenarbeiter Paul Tilkowski als einen Streikbrecher erschossen zu haben.»
    «Ja, habe davon gehört. Warum haben Sie nicht eher mit mir gesprochen?»
    «Wir wollten die Leute nicht zusätzlich reizen», begründete Kappe ihr Vorgehen.
    «Wir werden auch mit gereizten Leuten fertig. Nun aber. ..! Ich vermute, dass der Dlugy wieder in der Beusselstraße

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