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Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Titel: Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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ist, in diesem Anarchistenlokal da, Nummer 25. Uns ist gerade mitgeteilt worden, dass auf dem Hof dieser Wirtschaft eine Anarchistenversammlung stattfinden soll.»
    Es war 23.20 Uhr, als sich Kappe und Galgenberg auf den Weg machten. Sie waren gerade rechtzeitig zur Stelle, um mitzuerleben, wie zwölf uniformierte Schutzleute und dreißig Kriminalbeamte unter Führung eines Polizeileutnants in das Lokal eindrangen. Die Aufforderung des Leutnants, dieses sofort zu räumen, wurde mit Hohngeschrei aufgenommen, dann stürzten sich die Anwesenden auf die Polizeibeamten. Es entspann sich ein kurzer, aber erbitterter Kampf. Ein Teil der Anarchisten entfloh, ein anderer Teil wurde überwältigt und festgenommen. Fast alle trugen Verletzungen davon. Einer hatte einen Schuss in die linke Brusthälfte abbekommen, nicht weit weg vom Herzen war die Kugel im Körper steckengeblieben, und er wurde auf einer Bahre davongetragen.
    «Ist zufällig der Gustav Dlugy unter den Festgenommenen?», fragte Kappe den Leutnant, nachdem Galgenberg sie miteinander bekannt gemacht hatte.
    «Weiß ich nicht, wir haben noch keine Zeit gehabt, alle Personalien aufzunehmen.»
    «Hier, Gustav Dlugy, das bin ich.» Der Mann auf der Bahre versuchte, sich ein wenig aufzurichten. «Sind Sie Arzt?», fragte er Kappe.
    «Nein, Kriminaler. Wir sind hier, um Sie zu verhören. Sie werden verdächtigt, am 24. September dieses Jahres den Kohlenarbeiter Paul Tilkowski erschossen zu haben.»
    «Ja, ich gebe zu, dass ich ihn. .. Wenn ich jetzt abkratze, dann sollen wenigstens alle wissen, wer’s war.»

ELF
Freitag, 30. September 1910
    HERMANN KAPPE liebte es, morgens an seinem Schreibtisch zu sitzen, seinen frisch gebrühten Kaffee zu trinken und die Morgenausgabe des Berliner Lokal-Anzeigers zu lesen, die Galgenberg regelmäßig mitbrachte, aber dazu sollte er heute nicht kommen, denn kaum war er im Dienstgebäude erschienen, wurde er schon zu seinem Vorgesetzten zitiert. Waldemar von Canow erhob sich sogar, als er bei ihm angeklopft hatte und eingetreten war, und kam ihm entgegen, um ihm lang und anhaltend die Hand zu schütteln.
    «Bravo, Kappe, Gratulation! Der Herr Polizeipräsident ist sehr erfreut darüber, dass Sie und Galgenberg es geschafft haben, den Mörder des Kohlenarbeiters. .. da in der Sickingenstraße dingfest zu machen.»
    Kappe verkniff es sich, den Namen Paul Tilkowski herauszuposaunen und seinen Vorgesetzten dahingehend zu korrigieren, dass sich der Tatort in der Wiclef- und nicht in der Sickingenstraße befand. Er beließ es dabei, sich mit einer stummen Verbeugung für das Lob zu bedanken, das ihm zuteil geworden war.
    «Was man heute morgen von der Moabiter Front hört, klingt ja sehr verheißungsvoll», fuhr von Canow fort. «Alles ruhig, die Kommandos und Patrouillen sind vermindert worden. Die Kohlenwagen von Kupfer & Co. werden nicht mehr behelligt. Auch für den heutigen Abend ist man guter Hoffnung, dass es zu keinen weiteren Ausschreitungen kommen wird.»
    Kappe freute sich, endlich mal wieder einen freien Abend zu haben. Es sein denn. .. «Wie geht es Dlugy?», fragte er schnell.
    «Ich habe mich vor einer Viertelstunde telefonisch nach seinem Befinden erkundigt und vom Krankenhaus Moabit die Auskunft erhalten, dass keine Lebensgefahr mehr besteht, er aber bis auf weiteres noch nicht vernommen werden kann. Da wir aber sein Geständnis schon haben, erscheint mir das nicht relevant zu sein.»
    «Ist es genehm, dass ich mich bis dahin dem Abfassen der Protokolle widme und zudem versuche, des Mannes habhaft zu werden, der in Storkow den Major von Vielitz bedroht hat und mich um ein Haar erschossen hätte?», fragte Kappe.
    Von Canow war entzückt darüber, wie elegant sich Hermann Kappe auszudrücken wusste. Wenn man den jungen Mann gezielt förderte, konnte der bei der Berliner Kriminalpolizei eine große Karriere machen, obwohl da noch ein anderer war, der über außergewöhnliche Talente verfügte, dieser Ernst Gennat. Von Canow selber hatte nicht die geringsten Ambitionen, in höhere Ämter zu gelangen und eine Legende zu werden. Glücklich war nur der, der wollte, was er bekam.
    «Machen Sie sich mal heute einen ruhigen Tag», sagte er zu Kappe. «Sie haben sich’s verdient. Und wenn die Fahndungsplakate erst aushängen, werden Sie auch wieder alle Hände voll zu tun haben. Ich meine, mit Ihrem Mörder da aus. .. aus. ..»
    «Storkow.» Nun hatte sich Kappe doch nicht bremsen können.
    «Ja, Storkow.» Damit beschloss von Canow

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