Es gibt kein nächstes Mal
paar Wochen
nach der Hochzeit zum Arzt gegangen war, hatte er seine Mißbilligung deutlich
zum Ausdruck gebracht und gesagt, darüber müsse er auch mit Ken reden. Es war
alles derart peinlich, daß sie nicht noch einmal hingegangen waren. Wie sich
später herausstellen sollte, hatten sie ohnehin nie etwas gebraucht. Als sie
ein paar Jahre später denselben Arzt aufgesucht hatte, um ihn zu fragen, wie es
kam, daß sie nicht schwanger wurde, hatte er sie seltsam angesehen, als
erinnerte er sich noch an ihren früheren Besuch und als sei die Unfruchtbarkeit
gewissermaßen ihre Strafe dafür, daß sie um ein Verhütungsmittel gebeten hatte.
Und dann war da auch noch dieses andere
Geheimnis. Stella hatte ihr an ihrem Hochzeitstag das Versprechen abgenommen,
es für sich zu behalten. Shirley war sehr betrübt darüber gewesen. Es schien,
als hätte Stella endlich einen netten Mann gefunden, jemanden, der sich um sie
kümmern würde. Vielleicht war er ein wenig zu alt für sie, aber dennoch war er
attraktiv. Sie hatte Bertie auf Anhieb gemocht. Sie war sicher, daß er
Verständnis dafür aufgebracht hätte. Aber Stella sagte: Nein, das gehört der
Vergangenheit an, und ich beginne ein neues Leben.
Wie oft konnte man sein Leben wohl von neuem
beginnen? hatte sich Shirley gefragt, doch das Versprechen hatte sie trotzdem
abgegeben.
»Hand aufs Herz?« hatte Stella gesagt, als sie
in der eisigen Kälte vor dem Standesamt gestanden hatten, ehe sie eintrat, um
ihre Gelübde abzulegen.
»Hand aufs Herz«, hatte Shirley pflichtbewußt
bestätigt, wie ein kleines Mädchen, und das, obwohl sie damals schon volle
fünfunddreißig Jahre alt war. »Ich gebe dir mein großes Ehrenwort darauf.«
Das bombastische Finale klang wie eine
Maschinengewehrsalve. Am Himmel loderten goldene und silberne Kaskaden, und
noch lange Zeit, nachdem der Glanz erloschen war, hingen weiße Rauchschwaden in
der Luft. Shirley stellte fest, daß sie fror. Sie trat ins Zimmer, zog eine
Strickweste über und schenkte sich ein großes Glas Cognac ein.
Dann griff sie nach ihrem Telefon und wählte
Gemmas Nummer.
22
Sieben Ratschläge, was du tun solltest, wenn
dein Liebhaber dich verläßt.
Du bist niedergeschlagen und weißt nicht, was du
mit dir anfangen sollst? Es folgen einige Anregungen. Eine für jeden Tag dieser
schwierigen ersten Woche...
Daisy war sicher, daß sie schon tausend Artikel
dieser Art gelesen hatte, die Listen mit wertvollen Tips enthielten. Sie sagte
sich, sie könnte eigentlich selbst einmal einen solchen Artikel schreiben:
1. Iß jede Menge Zitrusfrüchte.
Zitrusfrüchte und grüne Blattgemüse waren in
Frauenzeitschriften ein universelles Allheilmittel.
Bisher hatte Daisy auf dem Rückweg vom
Schreibwarenladen weiße Schokolade gefrühstückt und sich abends eine Pizza ins
Haus bestellt.
Sie fühlte sich so unglaublich allein, daß sie
eines Abends beinah der Versuchung erlegen wäre, den Knaben, der die Pizza
lieferte, in ihre Wohnung zu bitten, damit er sich die Capricciosa mit einer
zusätzlichen Portion Pepperoni mit ihr teilte.
Die letzten zehn Urlaubstage hatten sie fast so
ausgelassen verbracht wie die ersten zehn Tage ihrer Romanze. Es war, als hätte
die beschlossene Trennung sie befreit, und sie waren mit einer Art
verzweifelter Gier übereinander hergefallen und hatten versucht, einander
soweit wie möglich zu verschlingen, ehe sie auseinandergingen.
Als auf der Rückfahrt von dem
Tintenfischrestaurant die Nacht angebrochen war, war Oliver plötzlich von der
Straße abgebogen und zu einem menschenleeren kleinen Strand hinuntergefahren. Das
Wasser schillerte phosphoreszierend und sah so einladend aus, daß sie ihre
Shorts auszogen und in die seichten Wellen eintauchten, einander naßspritzten
und wie Kinder lachten. In jener Nacht hatten sie sich geliebt, und es war
wieder ein ganz wunderbares Gefühl gewesen. Zwischen dem frisch gewaschenen und
gestärkten Bettzeug ihrer Mönchszelle hatte es fast etwas Verbotenes an sich
gehabt.
Oliver fand jeden Tag ein neues Ziel, das sie
erkunden konnten, und allabendlich kehrten sie an ihren Strand zurück und
badeten nackt im Meer. Am letzten Abend liebten sie sich dort in einer Senke im
Sand und leckten einander das Salz von den Körpern, und Daisy hatte nicht
gewußt, ob sie das Meer schmeckte oder Tränen.
Und jetzt war er fort. Eine Stunde nach ihrer
Rückkehr vom Flughafen war er mit einem Koffer durch die Straße gelaufen. Er
hatte sich
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