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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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behandelt und als individuelle Schicksale beschrieben, sondern – wie Opfer einer Schlacht – alphabetisch aufgelistet. Miss Francis, die voller Hektik versucht hatte, rechtzeitig all ihre Pflanzen und Geräte aus ihrer Küche auszuquartieren, war aus dem abblätternden Stuck vertrieben worden und hatte sich denen angeschlossen, die (mit einigen Schwierigkeiten) Zuflucht in anderen Teilen der Stadt suchten.
    Die Ausläufer ganz im Süden krochen auf den Hollywood Boulevard zu, wo alle Bemühungen, sie zu bekämpfen, koordiniert wurden, und die im Norden wanderten umher und verirrten sich anscheinend in der Wüste aus Beifuß und Fettholz in der Gegend der Hollywood Gowl. Der Verkehr durch den Cahuenga Paß, der großen Arterie zwischen Los Angeles und dem Nebental der Stadt, drohte zerstört zu werden.
    Doch während die Mutterpflanze sich ausbreitete, waren, wie Miss Francis vorausgesehen hatte, ihre Abkömmlinge zutage getreten. Dutzende neuer Kerne wurden gesichtet, einige ganz nahe, andere am Sunset Strip und in Hollywoodland. Diese kleineren Pflanzen wurden sofort nach ihrer Entdeckung attackiert, aber natürlich hatten sie in jedem einzelnen Fall schon zu große Fortschritte gemacht, denn im Anfangsstadium waren sie von normalem Teufelsgras nicht zu unterscheiden, und sobald ihre wahre Natur erkannt wurde, war ihr Wachstum so schnell, daß sie bereits nicht mehr unter Kontrolle zu bringen waren.
    Das Gras stand jetzt in jedermanns Gedanken an vorderster Stelle; es ersetzte den Mond (bei den Liebespärchen), die Einkommenssteuer (bei bedeutenden Persönlichkeiten), das Wetter (bei Zufallsbekanntschaften) und Krankheiten (bei älteren Damen, die der Mond nicht mehr interessierte) als Gesprächsthema. Alte Bekannte, die sich nach Jahren zufällig wieder begegneten, begrüßten sich mit: „Was gibt’s Neues über das Gras?“ Rundfunk-Entertainer feuerten Gag-Schreiber, die es nach Wochen nicht mehr fertigbrachten, botanische Witze zu erfinden, oder sie heuerten aufgrund eines einzigen agrostologischen Sketches neue Autoren an, die seit Olims Zeiten am Rande Hollywoods vegetiert hatten. Zeitungen veröffentlichten lange Abhandlungen über Cynodon dactylon, und die Redakteure der Haus-und-Garten-Beilagen wurden aus der Schläfrigkeit gerissen, in die sie seit ihrer Anstellung gefallen waren, und in fettgedruckte Schlagzeilenpositionen katapultiert.
    Sachbücher über Botanik liefen populären Romanen den Rang ab, und ein Werk reiner Dichtkunst, das zufällig den Titel Es grünt so grün trug, schoß in den Bestseller-Listen nach oben, ehe jemand bemerkte, daß es sich nicht um einen wissenschaftlichen Beitrag über die Familie der Gramineen handelte. Autoren von Sciene-fiction-Magazinen jagten ihren Blutdruck hoch, indem sie beglückt pro Tag zehntausend Worte ausstießen, welche die Abenteuer ihrer Helden im roten Gras des Mars oder im blauen Gras der Venus beschrieben, nachdem diese im Handstreich – mit der Hilfe von Todesstrahlen oder durch die reine Liebe der Heldin – das grüne Gras von Tellas besiegt hatten.
    Professoren, schüchterne und andere, wurden aus den Vorlesungssälen gelockt, um vor Damenkränzchen zu dozieren, die bis dahin den Aspekten transozeanischer Riten und Eleanor Roosevelt vorbehalten waren. Dort konkurrierten sie vor wechselnden Auditorien mit schriftstellernden Gärtnern und stotternden Gartenbau-Amateuren. Ausläufer, Wurzelstock und Grashalm ersetzten im gebräuchlichen Wortschatz Begriff wie Kurbelwelle und Kolben; die kindischen Berichte, die Gootes unter meinem Namen als der Mann, der für das Phänomen verantwortlich war, fabrizierte, wurden von Zeitungen des ganzen Kontinents nachgedruckt, und die Daily Mail schickte eine Anfrage nach den Lizenzgebühren.
    Bruder Pauls Mahnpredigten im Rundfunk nahmen an Länge und Eindringlichkeit zu, als das Gras sich ausbreitete. Pastoren anderer Kirchen und Verantwortliche ähnlicher Sendungen brandmarkten ihn als fehlgeleitet; Grundstücksspekulanten, besorgt über das Gerede, das Gras bringe das Verderben und mindere den Wert ihrer Besitztümer, beklagten sich bei der Bundesmedienkommission; Sonntagsschulen wählten ihn zum Mann des Jahres und Hunderte mütterlicher Frauen überschwemmten den Sender mit selbstgebackenen Plätzchen. Bruder Pauls Antwort an Befürworter und Gegner gleichermaßen bestand darin, noch mehr Sendezeit zu kaufen.
    Keiner bezweifelte, daß die Regierung auf lange Sicht aus ihrer Apathie erwachen und der

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