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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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mir, Weener, ich habe keine persönliche Anklage aufgeworfen: Auch ich bin schuldig – unendlich schuldig. Selbst wenn ich mein Leben der reinen Wissenschaft gewidmet hätte – dann vielleicht sogar noch mit größerer Sicherheit –, mich wie ein mittelalterlicher Mönch den Gelübden der Armut und des Alleinseins unterworfen hätte, auch wenn ich meine Bemühungen für ein scheinbar löbliches Ziel nicht aus fundamentaler Habsucht selbst verraten hätte, auch wenn ich nie ein unwürdiges – seien Sie nicht wieder beleidigt, Weener, Unwürdigkeit ist eine Tatsache, insoweit es überhaupt Tatsachen gibt –, nie ein unwürdiges Werkzeug wie Sie ergriffen hätte, auch wenn ich Biologe oder Astronom gewesen wäre – auch dann wäre ich schuldig, die Dinkmans ruiniert und heimatlos gemacht zu haben, genauso wie Sie schuldig sind, und wie es der Reporter hier ist, und der Müllmann und der Pastor auf seiner Kanzel.“
    „Schuldig!“ schrie Gootes plötzlich, „schuldig! Was bin ich eigentlich für ein lausiger Zeitungsmensch? Sorge mich um Schuld und Lösungen angesichts eines drohenden Unglücks, anstatt es einer bebenden Öffentlichkeit glühendheiß zu servieren. Schuldig – Hölle auch, man sollte mich feuern. Oder jedenfalls erschießen. Wo ist das Telefon?“
    „Trotz neugieriger Reporter und arbeitsloser Handelsvertreter leiste ich mir ein Minimum an Privatsphäre. Ich habe kein Telefon.“
    „Alles klar, macht nix. Ich bin sofort zurück.“
    Ich folgte ihm, da ich nicht den Wunsch hatte, mit jemandem allein gelassen zu werden, der sich als gefährlich erweisen konnte. Aber seine langen Beine trugen ihn schnell außer Sichtweite, bevor ich ihn, obwohl ich rannte, einholen konnte, und deshalb verfiel ich in eine ruhigere Gangart. Das metaphysische Gerede von Miss Francis ging über meinen Horizont, aber das bißchen, was ich verstehen konnte, war schierer Unsinn. Schuldig! Wieso – ich hatte in meinem Leben nie etwas Ungesetzliches getan, es sei denn, man zählte ein Glas Bier nach der Sperrstunde dazu. Dieses ganze Gerede über Schuld ließ auf eine Art umgekehrten Verfolgungswahn schließen. Wie traurig, daß die geistige Exzentrizität des Genies ihre Besitzer so oft zu schrulligen Käuzen macht. Ich war dankbar dafür, von normaler Intelligenz zu sein.
     
    12.
     
    Aber ich verschwendete keinen Gedanken mehr an sie und betrachtete die ganze Episode mit dem Metamorpher als erledigt, denn jetzt hatte ich etwas flüssiges Kapital. Gewiß, es war nicht viel, aber es existierte, zerknittert in meiner Tasche, und ich war sicher, mit meiner Erfahrung und Begabung könnte ich die vierzig Dollar vom Daily Intelligencer in eine viel größere Summe verwandeln.
    Aber der Entschluß, den Metamorpher zu vergessen, versetzte mich nicht in die Lage, Mrs. Dinkmans Rasen zu entkommen. Als ich den Hollywood Boulevard entlangschlenderte, Pläne für meine Zukunft formulierte, verwarf und neu gestaltete, kam ich an einem Radiogeschäft vorbei, und von einem Lautsprecher, der über der Tür hing, um beeinflußbare Passanten dazu zu bringen, hineinzugehen und ein Gerät zu kaufen, wurde mir der neueste Bericht über den Fortschritt des Teufelsgrases entgegengebrüllt:
    „… Sender KPAR, die Stimme von Edendale, aus einer mobilen Sendestation in der Straße vor dem Grundstück, das früher die Heimstatt von Mr. und Mrs. Dinkman war. Ich nehme an, Sie haben alle die Geschichte gehört, wie ihr Rasen angeblich mit einer Chemikalie besprüht wurde, die das Gras Amok laufen ließ. Darüber weiß ich gar nichts, aber ich möchte Ihnen mitteilen, daß dieses Gras tatsächlich Amok läuft. Es dürfte gut und gerne fünf Meter hoch sein – stellen Sie sich das einmal vor, so hoch wie drei Männer, die auf den Schultern übereinander stehen. Es hat das Dach fast bis zum First bedeckt und versperrt Fenster und Türen auf beiden Seiten des Hauses. Der ganze Bürgersteig ist voll damit, sieht aus wie ein riesiger grüner Wollteppich – nein, das ist nicht ganz richtig –, es hat den Bürgersteig bedeckt und wäre auch schon hier auf der Straße, wo ich stehe, wenn die Feuerwehr nicht ständig damit beschäftigt wäre, die Ausleger abzuhacken, sobald sie über die Bordsteinkante kommen. Eins muß ich sagen, es ist ein furchterregender Anblick, das Gras – das gleiche Gras, das in Ihrem und in meinem Vorgarten wächst –, dieses Gras so vergrößert oder vielleicht, meine ich, hundertfach vermehrt zu sehen – oder vielleicht

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