Es grünt so grün
noch mehr, und es kommt auf einen zu wie ein Feind – nur der kalte Stahl der Äxte der Feuerwehrleute rettet einen.
Während wir darauf warten, daß etwas passiert – nein, das stimmt nicht ganz, das Gras sorgt sowieso dafür, daß hier eine Menge passiert –, werde ich versuchen, Ihnen die Stimmen der Leute auf der Straße näherzubringen. Tatsächlich auf der Straße, denn der Bürgersteig ist mit Gras bedeckt. Entschuldigen Sie, mein Herr – möchten Sie einige Worte zu der unsichtbaren Zuhörerschaft des Senders KPAR sprechen? Sprechen Sie genau ins Mikrofon. Sagen Sie uns zuerst Ihren Namen. Seien Sie nicht schüchtern.
Haha. Der Herr möchte seinen Namen nicht sagen. In Ordnung, das macht nichts. Sagen Sie uns einfach, was Sie von diesem Phänomen halten. Was für einen Eindruck macht es auf Sie? Beunruhigt Sie dieser grüne Wildwuchs? Genau ins Mikrofon …“
„Ääh … hallo … nun, ich glaube, ich weiß nicht … ähh, viel zu sagen … hübsche Farbe … bösartiges Zeug, denke ich. Bin nur froh, daß es nicht in meinem Garten wächst …“
„Ja, sprechen Sie nur weiter, mein Herr. Oh … der Gentleman ist schon fertig. Sehr interessant und vielen, vielen Dank.
Jetzt bringen sie einen ganzen Trupp mit Unkrautbrennern herbei – damit wollen sie versuchen, die Geschichte unter Kontrolle zu kriegen. Die Männer haben alle Kanister mit Öl oder Kerosin auf dem Rücken. Einen Moment, meine Zuhörer, ich will herausfinden, ob es wirklich Öl oder Kerosin ist. Brabbel. Brabbel. Tut mir leid, liebe Zuhörer, aber dieser Herr hier weiß nicht genau, was in den Kanistern ist. Jedenfalls ist es Kerosin oder Öl, und es sind lange Schläuche mit einer weiten Öffnung daran. Fast wie Staubsauger. Nun, der Vergleich stimmt nicht ganz. Jedenfalls stecken sie jetzt die Schlauchöffnungen an. Das wuuscht ganz ordentlich. Ordentlich. Jetzt gehe ich mit dem Mikrofon näher ran, damit Sie vielleicht das Geräusch der Flamme hören können. Hören Sie es? Das brüllt richtig. Ich schätze, jetzt wird Mr. Gras dem Ende entgegengehen.
Jetzt rücken die Männer in grader Linie von der Straße über den Bordstein vor, die züngelnden Fackeln im Anschlag. Das Teufelsgras schrumpft zusammen. Jawoll, es schrumpft richtig zusammen – wie ein Spritzer Tabaksaft auf einem heißen Herd. Sie haben schon einen guten Meter weggebrannt. Nichts bleibt übrig, bis auf ein paar schwelende Halme. Eine Menge schwelende Halme – eine richtig dichte Decke – aber das ganze Grünzeug ist weggebrannt. Jawoll, Leute, weggebrannt, regelrecht weggebrannt; schade, daß wir kein Fernsehen hier haben, sonst könnte ich Ihnen zeigen, wie diese Schicht aus Halmen dort liegt, ohne einen Funken Leben darin.
Jetzt räumen sie den Gehweg frei. Ich bleibe mit dem Mikrofon direkt dahinter – vielleicht können Sie jetzt wieder das Brüllen der Unkrautbrenner hören. Bitte vergegenwärtigen Sie sich die Höhe dieses Grases. Sie haben noch nie so hohes Gras gesehen, wenn Sie noch nicht im Dschungel oder in Südamerika oder sonstwo gewesen sind, wo das Gras so hoch wächst. Es ist wirklich hoch. Selbst hier auf dem Gehweg ist es mehr als mannshoch, zwei Meter oder noch mehr. Und der Feuerwehrtrupp gräbt sich hinein, schneidet es wie Stahl mit einem Autogenschweißer. Sie brennen große Löcher hinein. Hören Sie das Zischen? Dieses Geräusch wie aus einem Dampfrohr? Ja, das ist das schrumpfende Gras. Überlegen Sie mal, Gras mit so viel Saft darin, daß es zischt! Eins, zwei, drei trocknet es aus! Jetzt stürzt der obere Teil zusammen – fällt nach vorn – nähert sich wie eine sich brechende Woge. Huch! Hee … es hat eine der Fackeln ausgelöscht, hat die Flamme einfach erstickt. Mit Gras überschwemmt. Nichts Ernsthaftes – er hat sie schon wieder neu entzündet.
Es geht hier langsam voran, Leute – Sie müssen sich vorstellen, daß das Zeug über drei Meter hoch ist. Weiter drinnen ist es mindestens fünf Meter hoch. Der Kampf dagegen ist wie eine Schlacht gegen einen Kraken mit einer Million Armen. Das Zeug kriecht und windet sich und wächst die ganze Zeit. Es ist schrecklich! Stellen Sie sich Stacheldraht vor, Hunderte und aber Hunderte Ballen oder Rollen, oder wie man Stacheldraht so nennt, und alles bedeckt Ihren Vorgarten und Ihr Haus – nur daß es kein Stacheldraht ist, sondern grünes, lebendiges Gras … Einen Moment, liebe Zuhörer, ich habe ein wenig Ärger mit meinem Mikrofonkabel. Nichts Ernstes, hat sich etwas im Gras
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