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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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kümmere mich immer um meine Kumpels.“
    Nun, warum eigentlich nicht? Das Glücksrad des Schicksals hatte sich lange gedreht, bevor es an der richtigen Stelle anhielt. Ich hatte nie einen Zweifel daran gehegt, daß ich eines Tages in der Position sein würde, meine schreiberische Begabung unter Beweis zu stellen. Jetzt müßten alle, die mich vor Jahren verspottet hatten – meine Englischlehrer und jene Herausgeber, die darauf bedacht gewesen waren, meine Existenz ausschließlich durch vorgedruckte Ablehnungsschreiben anzuerkennen –, ihr ungerechtes Urteil eingestehen. Und in der Zwischenzeit waren meine gesammelten Erfahrungen hinzugekommen, um mein ursprüngliches Talent noch zu steigern. Ich hatte alles verkauft, was man an der Haustür verkaufen kann, und auf diese Weise erwirbt ein Mensch nicht nur sprachliche Gewandtheit, sondern auch weitgesteckte Kenntnisse der menschlichen Natur. Gewiß war ich rundum besser ausgestattet als viele dieser hochdotierten Illustrierten- und Zeitungsautoren.
    „Tja … ich weiß nicht, ob ich die Zeit erübrigen kann …“
    „Okay, Supermann. Sagen Sie mir Bescheid, wenn der Markt weniger hergibt, dann komm ich wieder mit der neuen Einnahmequelle.“
    „Wieviel will Mr. Le ffaçasé …?“
    „Woher, zum Teufel, soll ich das wissen? Mehr als Sie wert sind – mehr als ich kriege, denn Sie sind ein Neunzig-Tage-Wunder, der Bursche, der das schundige Zeug auf das Gras gesprüht hat, durch das es durchgedreht ist. Aber weniger, als er Minerva-Medusa gegeben hätte. Kommen Sie mit, und hören Sie es von ihm selbst.“
    Meine früheren Besuche bei Zeitungen hatten der Aufgabe von Anzeigen gegolten, aber ich war darauf vorbereitet, den Daily Intelligencer als einen wahren Bienenkorb an Aktivität vorzufinden. Vielleicht summte es in einem Teil des Gebäudes, das die Zeitung beherbergte, tatsächlich, aber nicht in dem Stockwerk, das für die leitenden Leute reserviert war. Es döste einfach vor sich hin. Gootes führte mich vom Aufzug durch einen riesigen Raum, in dem Männer und eine vereinzelte Frau träge vor Schreibmaschinen saßen, benommen ins Nichts starrten oder Papierschwalben aus dem offenen Fenster fliegen ließen. Das einzige Anzeichen von Leben, das ich auf unserem wohl vierhundert Meter langen Fußweg sah, war ein Reporter (ich hielt ihn für einen solchen, weil er einen zu kleinen Hut auf dem Hinterkopf trug), der begeistert schmatzend ein Sandwich verzehrte, während er ein Magazin studierte, welches Fotos von Frauen mit entblößten Brüsten enthielt. Sogar die Warzen waren zu sehen.
    Hinter dem Redaktionssaal befanden sich eine Reihe abgeschlossener Büros. Ich will die Tatsache meiner außerordentlichen Nervosität, als wir uns dem berühmten Herausgeber näherten, nicht verleugnen. Vor der Milchglastür, auf der in schlichten, verblichenen Buchstaben – im Unterschied zu den Nachbartüren, wo die Schrift neu und glänzend aufgetragen war – „W. R.“ stand, fuhr ich zurück. Le ffaçasé. Gootes, der meine Aufregung bemerkte, verlegte sich auf einen breiten, karikierenden Dialekt.
    „Ist es Er, den du fürchtest, mein Junge? Vergiß es. Ist er nicht als Billy Casex geboren, nicht besser als alle anderen, und war seine Mutter nicht eine Clancy, verwandt mit den Finnegans? Er hat so oft darüber geschrieben, von adligen Hugenotten abzustammen, daß er es fast selbst glaubte, aber die Hugenotten waren dreckige Protestanten, und wenn seine Zeit kommt, wird W. R. nach dem Priester schicken und als der Sohn der Kirche, der er in seinem Herzen ist, die letzten Sakramente nehmen. Kommen Sie rein und sehen Sie den größten Schwindler im Journalismus.“
    Aber Gootes’ Jovialität ermutigte mich ebensowenig wie das leere, sonnenbeschienene Büro hinter der Tür. Irgendwie, wahrscheinlich aus dem Kino, hatte ich erwartet, daß der Schreibtisch des Herausgebers mit Manuskripten überhäuft war, während er ein halbes Dutzend Telefone gleichzeitig benutzte und zahllose Untergebene mit unverständlichen Handbewegungen bedachte. Aber Mr. Le ffaçasés Schreibtisch war leer bis auf eine emaillierte Schnupftabakdose und das signierte Foto eines Präsidenten, dessen Regierung täglich den heftigsten Sticheleien des Herausgebers ausgesetzt gewesen war. An den Wänden hingen gerahmte Originale der berühmtesten politischen Karikaturen des letzten Vierteljahrhunderts, aber weder ein Telefon noch ein Blatt Manuskriptpapier waren zu sehen.
    Doch wer konnte dieses Büro

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