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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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erkennbarer. Fast jeder würde die Wahl Gottes, Gootes zu sich zu nehmen und Sie am Leben zu lassen, mißbilligen, und wenn ich auch weiß, daß die Welt nicht den geringsten Verlust dadurch erleidet, daß er in eine schwülstig lärmende, den Reportern vorbehaltene Hölle gelangt, so hat er doch zumindest versucht, für seinen Gehaltsscheck eine erkennbare Gegenleistung zu produzieren.“
    „Mr. Le ffaçasé“, begann ich empört, aber er unterbrach mich.
    „Sie unverfälschter Schwachkopf“, brüllte er, „haben Sie doch wenigstens die Umsicht, wenn es Ihnen schon an Intelligenz und Anstand mangelt, zu schweigen, wenn Ihre Vorgesetzten sprechen. Gootes war ein fauler, schlampiger, träger, geschmackloser, absurder, diebischer, intrigierender Schmierfink, aber selbst, wenn er die Energie und den Mut dazu gehabt hätte, hätte er auch in zehn Generationen nicht der totale, schiere und prototypische Idiot werden können, als der Sie auf die Welt gekommen sind!“
    Ich weiß nicht, wie lange er diese beleidigende Tirade fortgesetzt hätte, denn das versteckte Telefon unterbrach ihn. „Was, in drei Teufels Namen, veranlaßt Sie, mich damit zu ärgern?“ bellte er in die Sprechmuschel. „Ja. Ja. Ich weiß, wann Redaktionsschluß ist. Ich war schon ein Zeitungsmann, da haben Sie noch vergeblich versucht, an Hundezitzen zu nuckeln. Haben Sie etwa den Ehrgeiz, mich zu ersetzen? Schwängern Sie sich schon mit einer Alraune, Sie … Sie … Journalist, Sie! Ich bin bei Redaktionsschluß des Intelligencer fertig, wie ich es schon war, ehe Ihr Vater den ersten lauwarmen Gedanken in seinem Holzkopf hatte, und das werde ich auch noch sein, wenn Sie Ihren nutzlosen Hausaufgaben in die wohlverdiente Vergessenheit gefolgt sind.“
    Er hängte den Hörer ein, nahm wieder das Mikro des Diktafons und zollte mir keine Aufmerksamkeit mehr. Er sprach deutlich und präzise mit gleichbleibender Monotonie und machte nicht die kleinste Pause, als lese er von einem vorgeschriebenen Manuskript ab, aber seine Augen waren auf einen imaginären Punkt auf der Nahtstelle von Decke und Wand fixiert.
    „Mit dem heutigen Tod von Jacson Gootes hat der Daily Intelligencer einen Sohn verloren. Es ist ein alter und guter Brauch, bei solch traurigem Anlaß innezuhalten und sich zu erinnern.
    Jacson Gootes war ein Reporter von außergewöhnlicher Redlichkeit, klarer Einsicht, nie ermüdender Energie und großem angeborenen Talent. Seine ernsthafte und gradlinige Beziehung zu einem Beruf, der ihm ans Herz gewachsen war, wurde ergänzt durch einen unbeschwerten und dennoch tiefgründenden Humor, eine Kombination, die seine Gesell schaft so erstrebenswert machte. Beliebt bei seinen Kollegen – doch keiner beklagt seinen Tod mehr als der Herausgeber, durch dessen Hände all die brillanten Beiträge gegangen sind.
    Aber wo der Intelligencer einen persönlichen und tiefempfundenen Verlust erlitten hatte, hat der amerikanische Journalismus einen weiteren Krieger auf dem Schlachtfeld verloren. Nicht durch Zwang oder willkürliche Auswahl, sondern aus freien Stücken ist derjenige, der der Öffentlichkeit durch die Presse dient, ein Soldat. Und als Soldat ist er bereit, zur rechten Zeit vorzurücken und, wenn nötig, sein Leben zu geben.
    Kein Mitglied einer schlagkräftigen Armee hat ein prächtigeres Ende als Jacson Gootes verdient. Er starb, nicht in einem Ausbruch von Wagemut, wie er gelegentlich Menschen zu erstaunlichen Heldentaten treiben kann, sondern verbissen und still in der Ausübung seiner Pflicht. Er war nicht nur ein Held, er war vor allem ein guter Zeitungsmann. W. R. L.“
    Tränen standen mir in den Augen, als der Herausgeber mit seinem Nachruf endete. Unter dem barschen, ja rücksichtslosen Äußeren mußte ein warmes, sanftes Herz schlagen. Man soll nicht zuviel um den äußeren Anschein geben, sage ich immer, und ich fühlte, ich würde nie mehr verletzt sein, welche Beschimpfungen er auch gegen mich ausstoßen sollte.
    „Wachen Sie auf, Sie mondsüchtiger Einfaltspinsel, und stellen Sie Ihre Privatbetrachtungen ein. Die Zeit ist vorbei, daß Sie wie ein verdammter Bettler, der Sie sind, von der Großzügigkeit des Intelligencer leben können. Sie haben Ihre Nutzlosigkeit als der Mann, der den ganzen Quatsch in Gang gesetzt hat, überlebt; die Angelegenheit ist zu ernst geworden.
    Nein, Weener, von nun an wird die Öffentlichkeit Sie unter Ihrer unverdienten Autorenzeile nur noch als den ersten Menschen kennen, der seinen Fuß auf

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