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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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Er spitzte die Lippen und ließ seine Hand liebevoll über den Apparat gleiten, ehe er ihn in die Ausläufer hineinsteckte. Seltsame Leuchtzeichen schienen ein Hinweis darauf zu sein, daß er Blitzlichtaufnahmen unter der Oberfläche machte.
    Aber die Schafe und der Kameramann konnten mich nicht vom Eindruck einer Falle ablenken, die die Vertiefung aus Gras zu werden schien, während Gootes so aufgedreht war, daß er nicht einmal einen simulierten Stoizismus annehmen konnte. In aufallender Panik begann ich mit einem hektischen Aufstieg, alle Begeisterung meiner ersten Begegnung mit dem grünen Hügel hatte sich vollständig verflüchtigt. Die Ziege hob den Kopf, um von meiner unwürdigen Kraxelei Notiz zu nehmen, aber die Schafe knabberten verbissen weiter.
    Das Loch konnte, wie ich schon sagte, nicht mehr als ein paar hundert Meter im Durchmesser messen, und obwohl die losen Ausläufer mein Fortkommen behinderten, muß ich die Strecke bis zum Rand schon zweimal zurückgelegt haben, bevor ich bemerkte, daß er genauso weit wie am Anfang von mir entfernt war. Gootes, der eine Richtung schräg zu der meinen eingeschlagen hatte, war ebenso erfolglos. Seine fuchtelnden Arme und hektischen Körperbewegungen ließen erkennen, daß er sich seiner prekären Lage bewußt war. Nur Slafe war völlig ruhig, vielleicht nahm er unsere Bemühungen gar nicht wahr, denn er hatte noch eine weitere Kamera herausgeholt, lag jetzt auf dem Rücken und zielte mit dem Objektiv über unsere Köpfe auf den Grenzbereich von Gras und Himmel.
    Hysterie verbrannte meine Lungen, als ich meinen alptraumhaften Aufstieg fortsetzte. Vielleicht hat die Angst mich verwirrt, aber jetzt schien das Unkraut mich nicht nur passiv, sondern auch aktiv zu behindern. Die Ausläufer klammerten sich spiralenförmig um meine Beine; die überall weiche Oberfläche entwickelte jetzt trügerische Stellen wie Treibsand, und während der eine Fuß einigermaßen sicheren Halt fand, sank der andere tief ein und ließ mich straucheln. Als ich mit dem Gesicht nach unten lag, faßten die Pflanzenausläufer nach meinen Armen und meinem Hals. Die grünen Halme, jetzt alles andere als sanft, zerkratzten mein Gesicht und erstickten meine nutzlosen Hilfeschreie. Ich schluchzte wie ein Kind, denn ich wußte, ich war dazu verdammt, in diesem gräßlichen Morast zu sterben, versunken in einem widernatürlichen Meer.
    Ich war so verzweifelt, daß ich alle Anstrengungen aufgab und leise weinend liegenblieb, auf nichts anderes wartend, als daß mich das Unheimliche vernichten würde, als ich merkte, daß das Gras seinen Griff löste und ich nicht tiefer einsank; in der Tat schien es, daß die kleinste Bemühung mich befreien könnte. Ich kam auf die Knie und stand schließlich auf, aber der Kampf hatte mich so erschüttert, daß ich keinen Versuch machte, vorwärts zu kommen, sondern mich umblickte und mich wunderte, daß ich, wenn auch für ein paar weitere Augenblicke, noch am Leben war.
    „Landen Bauch, zuviel rumlaufen, hee? Mann lucki-lucki, nicht landen Bauch.“ Gootes hatte seine Bemühungen, den Rand zu erreichen, aufgegeben, sich anscheinend bis hierher durchgekämpft, um mir, wenn ich sein Pidgin richtig verstand, diese absurde und selbstverständliche Information zu übermitteln.
    „Das ist kaum die Zeit für Flapsigkeiten“, kanzelte ich ihn ab.
    „Eine bessere kann ich mir nicht vorstellen. Die Realität ist durch die eine oder andere Flapsigkeit entwichen. Rafe hat seine“ – er wies mit dem Arm auf den immer noch geschäftigen Kameramann –, „und ich habe meine. Ich wette, W. R. hat ein Teleskop oder Periskop oder Spektroskop irgendwie auf uns gerichtet und wird dafür sorgen, daß der Rettungstrupp zehn Minuten, nachdem alles Leben ausgelöscht ist, eintrifft.“
    Um die Wahrheit zu sagen: Ich hatte ganz vergessen, daß unsere Expedition nur ein Knüller des Daily Intelligencer war, um die Auflage noch weiter hochzutreiben. Hier in diesem isolierten Loch war es schwierig, eine frühere Existenz in Betracht zu ziehen; mich selbst sah ich auf merkwürdige Weise als natürlichen Teil des Unkrauts. Die Erinnerung daran, daß wir zu einem bestimmten Zweck hier waren, daß andere von unserem Wagnis betroffen waren und daß wir wohlbegründet auf Hilfe rechnen konnten, löste mich aus meiner subjektiven Verflechtung mit dem Gras, so wie die Entspannung meines Körpers mich kurz vorher von seinen physischen Fesseln befreit hatte. Hoffnungsvoll blickte ich in den

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