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Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen. Roman

Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen. Roman

Titel: Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Spilker
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wohl vergessen.«
    »Hey Thomas, war nicht ernst gemeint!«
    Es besteht also immer noch, dieses Band zwischen uns. Sie hört an meinem Ton sofort heraus, dass irgendetwas nicht stimmt.
    »Ich habe wirklich nur angerufen, weil ich wissen wollte, wie es dir geht. Was die Kunst macht und so.«
    Ich glaube ihr kein Wort. Sie muss irgendeinen triftigen Grund haben, sich nach sechs Monaten Funkstille bei mir zu melden. Andrea hat immer irgendeinen Hintergedanken. Vielleicht ist es wegen Ursula. Hat sie etwas von Ursula gehört? Aber von wem? Und vor allem was? Immerhin sagt sie »Kunst« und nicht »Job« oder »Arbeit«.
    »Ach, du kennst das ja. Wir haben den ganzen Sommer über kaum bezahlte Aufträge gehabt und setzen gerade voll auf Cole.«
    »Macht der schon wieder ein neues Album?«
    »So wie es aussieht«, lüge ich.
    »Das ist cool von Cole, wenn er dafür sorgt, dass ihr eure Miete bezahlen könnt. Aber auf seine Musik könnte ich verzichten.«
    »Ja, ja, ich weiß.«
    »Irgendwie vermisse ich dieses ständige Auf und Ab in deinem Leben.«
    »Ach, das hatte ich ganz vergessen, dir zu sagen: Ich hätte überhaupt nichts dagegen, wenn du das Auf und Ab auch noch mitnehmen würdest. So wie die ganzen anderen Sachen, die du mitgenommen hast. Ich kann es nämlich echt nicht gebrauchen.«
    »Thomas?«
    »Ja?«
    »Lass uns bitte nicht mehr über die Vergangenheit reden, das haben wir schon viel zu oft gemacht. Ich habe angerufen, weil ich Lust hatte, mit dir zu reden. Lass es uns nicht verderben.«
    »Wie du meinst.«
    Der Gesprächsfluss kommt ins Stocken, so als wäre einer von uns zu weit gegangen. Ich wahrscheinlich. Sie wollte ein unverfängliches Gespräch anfangen und fühlt sich nicht ernst genommen.
    »Und, äh, wie geht es dir so?«
    »Schon gut, Thomas. Ich habe jetzt gerade keine Lust mehr. Tut mir leid.«
    »Wieso? Ich …«
    »Ich melde mich später wieder. Eine gute Reise noch. Und sei froh, dass du gerade nicht in Hamburg bist.«

    Kurz darauf kommt der IC mit kreischenden Bremsen auf freier Strecke zum Stehen. Ein bis zwei Kilometer vom nächsten Bahnhof entfernt scheint er in unsicherem Grund stecken geblieben zu sein. Einige Zeit lang passiert gar nichts. Ganz vorn im Zug meine ich zwei Personen aussteigen zu sehen, aber ich kann mich auch irren. Allgemeines Aufstöhnen, als über die plärrenden Lautsprecher die Aufklärung erfolgt: Die Lok habe einen Motorschaden. Man müsse sie gegen eine neue austauschen, was bedauerlicherweise mindestens zwei Stunden Verspätung bedeute. Über die Anschlussmöglichkeiten informiere man die Fahrgäste beizeiten.
    Ich hänge in meinem Sitz, und es will mir nicht gelingen, aufzustehen. Nicht einmal diese Bewegung steht mir noch zur Verfügung, wo alles um mich herum zum Stillstand gekommen ist.
    Immer sind es Zweierreihen, in denen wir gehen müssen. Ich schaue zu Boden und versuche an nichts zu denken, weil ich ja auch nicht reden darf. Nicht spielen, nicht reden. Hände an die Hosennaht. Weitergehen. Alle haben Angst und verteidigen sich, so gut sie können, gegen die anderen, aber nicht gegen die Ordnung. Die Erwachsenen sind die Ordnung, und die ist wie eine Mauer. Das Ende der Welt.
    Nach einer Stunde dämmrigen Wartens ruft endlich jemand an. Jimi. Er hat sich einen Husten eingefangen.
    »Na, wie geht’s?«
    »Ganz gut, danke. Ich stecke gerade fest, aber grundsätzlich bin ich einer interessanten Sache auf der Spur.«
    »Was für einer Sache?«
    »Verschütteten Erinnerungen.«
    »Aha.« (Husten.) Er scheint zu überlegen, ob ich das ernst gemeint habe.
    »Als Kind bin ich offenbar in einer Art Gesundheitsknast gewesen, so ähnlich wie dieses KdF-Bauwerk auf Rügen, wo wir mal waren, erinnerst du dich? Und dieses ›Erholungsheim‹ will ich mir mal anschauen.«
    »Wo bist du denn gerade?«
    »Auf dem Weg in den Schwarzwald.«
    »Aber das ist die falsche Richtung, mein Lieber. Rügen …« (Husten.) »… Du weißt doch wohl, wo Rügen liegt.«
    »Ich sagte ja auch nur
so ähnlich
wie dieses KdF-Ding.«
    »Und das war außerdem kein Gesundheitsknast, sondern ein Seebad für die sogenannte Volksgemeinschaft. Und auch das war es nicht, weil es ja nicht fertig geworden ist. Es ist also eigentlich nur eine Betonruine in Prora … Und was sind das für verschüttete Erinnerungen?«
    »Endlose Waldwanderungen, Krankengymnastik, Arztbesuche, Heimweh. Ich kann es nicht so genau beschreiben, es ist verschüttet, wie gesagt. Aber ich habe bei meinen Eltern ein paar

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