Es ist ja so einfach
dankbar. Bei diesem trockenen Klima plötzlich ohne Wasser zu sein, hätte ich schrecklich gefunden. Ich fragte: »Wie ist er übrigens? John Muir, meine ich, und auch den Neffen.«
»Bruce ist ganz puppig. Er ist ungefähr zweiundzwanzig und direkt süß. Seine Mutter ist auch so. Von John Muir weiß ich nicht viel. Er sieht jedenfalls grimmig aus. Soll als Farmer tüchtig sein, ganz vernarrt in sein Land. Mir kommt er ein bißchen stumpfsinnig vor.«
»Und wie ist seine Frau?« Ich hoffte, diesmal meine Theorie bestätigt zu finden — daß ein langweiliger Mann eine lebhafte Frau haben kann. Sie war die eine, die für mich von Bedeutung sein konnte.
»Er hat gar keine. Sind bloß drei Personen in dem Haus: Mr. Muir, Bruce und seine Mutter. Sie ist goldig, rosa und rundlich, sieht aus wie ein Bonbon. Schätzt Katzen sehr und hat davon eine Masse.«
Peter lachte. »Klingt alles ganz reizvoll«, sagte er, und Andy meinte, es sei ein Glück, daß Venedig sich mit Katzen verträgt und sie niemals herumjagt. Übrigens habe er schon mal durch das Gitter gelinst. Das Farmhaus läge mächtig nahe, man könnte die Leute sogar sprechen hören.
Ehe wir uns daran machten, einige Dosen für eine Mahlzeit zu öffnen, standen wir alle vier ein Weilchen an den Fenstern des Wohnzimmers und schauten hinaus. Die Sonne war untergegangen, ihre letzten Strahlen hatten das Meer in sanftes Rosa getaucht. »Herrlich ist es hier«, sagte ich, »aber trotzdem können wir von einem Rundblick nicht leben. Ich werde morgen nach Thurston fahren und mich nach einer Stellung umsehen.«
Trina blickte mich erschrocken an. »Eine Stellung? Aber warum denn? Bis Thurston sind’s fünfzehn Kilometer.«
»Weiß ich, doch in Edgesea gibt es sicher keine geeignete Arbeit für mich.«
»Wäre es Ihnen denn hier zu langweilig? Als ich Sie zuerst sah, so kühl und elegant, so wunderbar gekleidet, dachte ich mir schon, es würde Ihnen vielleicht zu still sein. Nun ja, ich denke, man wird Ihnen viele Arbeitsmöglichkeiten bieten — anders als bei mir, weil ich gar nichts leisten kann, außer Verheiratetsein, und sogar das... Aber, Helen, wird es denn für Ihren Bruder nicht zu einsam?«
»Das kann ich nicht ändern. Ich werde nachmittags um halb sechs zurück sein, und dann haben wir etwas, das wir als Geld benutzen können.«
»Haben Sie denn jetzt gar keins?« fragte Trina, offenherzig wie immer. »Ein Jammer! Geld ist ja so ‘was Lästiges. Ich besitze natürlich keine Bohne, deshalb weiß ich, wie unangenehm das ist. Ich hatte immer gedacht, es käme bloß darauf an, wagemutig zu leben, aber jetzt habe ich festgestellt, daß das ganz schön schwer ist, wenn der Mensch gar kein Geld hat. Immerhin habe ich mich daran gewöhnt. Das könnten Sie doch auch?«
»Leider nicht. Aber das Arbeiten wird mir nichts schaden, denn ich schaffe gern etwas.«
Peter schwieg, doch ich wußte, wie sehr ihn das bedrückte. Am liebsten hätte er gesagt: >auch ich werde mir eine Stellung suchen<, wußte aber, daß er daran für eine ganze Weile nicht mal im Traum denken durfte. Ich glaube, Trina spürte, wie ihm zumute war, denn sie sagte plötzlich: »Helen, einen Moment mal, ich bin am Überlegen. Sprechen Sie jetzt nicht mit mir, denken und reden zugleich kann ich nämlich nie.« In tiefen Gedanken zog sie ihre hübschen Brauen zusammen, und als die Inspiration kam, lächelte sie strahlend.
»Ich weiß! Könnten Sie nicht einfach diese Koppeln verkaufen und bloß das Haus behalten? Die brauchen Sie doch nicht selbst. Teilen Sie sie in mehrere Strandabschnitte auf. Die Leute waren schon seit jeher gerade auf diesen Strand erpicht, sagt Mrs. Morris. Dann hätten Sie’s doch himmlisch, wenn Sie von dem Erlös leben könnten, nicht wahr, Peter?«
Eine Minute blieb es still, dann sagte er langsam: »Ich weiß, es wirkt ganz gemein egoistisch, Helen, aber laß uns lieber nichts verkaufen, wenn wir’s nicht unbedingt müssen. Wir haben doch beide etwas Spargeld. Könnten wir denn nicht davon leben, Helen, und, sobald ich wieder in Form bin, beide eine Stellung annehmen? Es ist doch ein Geschenk von Mrs. Cato. Ist wohl zu sentimental von mir, aber ich möchte es gern behalten, wie es ist.«
»Natürlich«, bekräftigte ich. »Wir wollen den Gedanken gar nicht weiter verfolgen. Ich suche mir einen Job, klar? Was sollte ich sonst anfangen, wenn ich den ganzen Tag am Strand hocke? Ohne festen Beruf käme ich mir verloren vor.«
»Meine Güte«, sagte Trina
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