Es ist ja so einfach
Respektsperson. Was war es dann? Geld oder Mädels?«
»Keins von beiden.« Ein Weilchen machte Peter eine würdevolle Miene, dann lachte er. War ja zwecklos, es bei diesem unerhörten Mädchen mit Würde zu versuchen. Er schluckte, ehe er sagte: »Tatsache ist, daß ich krank wurde und meine Stellung aufgeben mußte. Ist nichts Besonderes, und ich möchte nicht, daß darüber geredet wird.«
Ich hielt den Atem an. Jetzt kamen sicher von Trina die unvermeidlichen Fragen, die Peter peinlich waren. Mehr als einmal hatte ich, ehe wir die Stadt verließen, bemerkt, wie er diesen Fragen, die nette Mädels ihm stellten, peinlich betroffen auswich. Doch Trina besaß den Takt, so zu tun, als sei sie uninteressiert, und tat das unfreiwillige Eingeständnis leichthin ab mit den Worten: »Ach so. Dann kommen Sie hier bald wieder auf den Damm. Und was für Glück Sie haben, auf diesem himmlischen Fleck Erde zu wohnen, anstatt in Edgesea. Dieses Nest macht mich noch total plemplem. Das letzte Kaff.«
»So schien es mir auch«, stimmte ich zu. »Und weshalb gibt’s da zwei Kaufläden genau einander gegenüber, die beide mit dem Namen >Hennessy< über dem Tor versehen sind? In den einen bin ich gegangen, um Lebensmittel zu kaufen, und da dachte ich mir: Kaufe lieber auch in dem andern etwas. Sie sehen nicht aus wie Bruder und Schwester. Und warum streiten sie miteinander? Würden doch in so einem kleinen Ort gewiß besser abschneiden, wenn sie sich zusammentäten.«
Trina lachte. »Selbstverständlich würden sie das, aber sie befehden sich mit Genuß, obwohl sie wissen, daß sie Schaden davon haben. Und Geschwister sind sie nicht. Das ist unser großes Geheimnis von Edgesea — sie sind ein Ehepaar.«
»Du lieber Himmel!« rief Peter. »Sie wollen doch nicht sagen, daß dieser lange dürre Bursche und die kleine rundliche Frau einmal verheiratet waren! Was ist denn dazwischengekommen?«
»Na, das war alles schon, bevor ich herkam. Bin ja erst drei Monate hier, wenn’s mir auch vorkommt, als wären’s schon drei Jahre. Vor zwei Jahren sollen die Hennessys einen schrecklichen Streit gehabt haben. Bis dahin schienen sie sich gut vertragen zu haben, bis dies plötzlich geschah und sie ihr Geld einpackte und abzog. Alle glaubten, sie käme gar nicht zurück, aber bald war sie wieder da und eröffnete das Geschäft genau ihm gegenüber. Nun belauern sie einander wie Katze und Hund. Jeden Morgen schließen sie im selben Moment ihre Läden auf, und sie platzt, mit einem Kaktus im Blumentopf, heraus. Haben Sie die greulichen Kaktusse auf dem Gestell vor ihrer Ladentür bemerkt?«
»Habe ich. Schlage aber vor, Kakteen zu sagen«, antwortete ich.
»Geben Sie doch nicht so an. Na, wenn die alte Melly so einen Topf draußen hinstellt, zischt sie vor Zorn, und Alf beantwortet das, indem er, wie immer, seinen fürchterlichen schwarzen Tabak qualmt und, ihr zugewandt, auf die Straße spuckt.«
»Melly. Was für ein seltsamer Name. Ich dachte, das M über der Tür hieße Mary oder Martha«, sagte ich.
»Melisande, meine Beste — nichts Geringeres. Ist das nicht köstlich? Es heißt, daß ihr der Name verhaßt ist, und so zahlt Alf ihr’s heim, indem er eine alte Platte mit dem Titel >Melisande wohnt im Walde< oder so ähnlich spielen läßt. Die stellt er auf seinem blechernen Grammophon ganz laut ein, und dann kocht die Frau vor Wut. In ihrer Blütezeit hat er sie selber immer Melly genannt, aber jetzt reibt er ihr den Namen bei jeder Gelegenheit unter die Nase.«
»Na, hier haben Sie bestimmt schöne Eindrücke vom Dorfleben. Sonst noch interessantes Ortsgeschwätz?«
»Nichts Pikantes. Die Posthalterin ist eine sture alte Jungfer und gräßlich ehrpusselig. Und die Morris sind ebenso, mit ihrer scheußlichen Gemüserohkost und ihrem Gerede über das Berufensein und den Ernst des Lebens. Die machen mich beinah verrückt, aber es ist ein Trost, daß das auf Gegenseitigkeit geschieht. Hallo, Sie bekommen ja Besuch. Eben biegt ein kleines Lastauto ins Tor.«
Wir gingen beide an die Haustür und spähten hinaus. In der nächsten Minute waren Peter und Trina ganz verdutzt, weil ich, förmlich bibbernd vor Freude, aus dem Hause stürzte. Hier kam ja der starke rechte Arm, den wir so sehr brauchten! Aber — aus welchem Grunde mochte Andy erscheinen?
Peter folgte mir mit Trina und erklärte ihr: »Also, das ist Andy, der Knabe, der Helens Wohnung betreut hat. Was in aller Welt...?« Doch Trina unterbrach ihn.
»Peter, was kommt denn
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