Es ist ja so einfach
Stunden und Zukunftsängste gehabt hatte, doch sie sprach davon nie, und wenn einer von uns es erwähnte, lachte sie nur und gab zurück, sie sei Gott sei Dank leicht beschwingt und grüble nie lange.
Wenn sie wollte, hätte sie selbstverständlich im Camp allerlei Flirt und Liebschaften haben können. Gelegenheit dazu bot sich reichlich, denn Trina war außerordentlich beliebt, und sämtliche Jünglinge verfolgten sie buchstäblich. Wenn sie schon, wie Peter sagte, ein Karnickel war, so auch ein sehr umsichtiges. Irgendwie brachte sie es fertig, zu jedem charmant zu sein und doch alle in taktvoller Distanz zu halten.
Zwei Tage vor Weihnachten bog ein großes Auto mit einem teuren Rennboot auf dem Anhänger in unser Tor. Ich ging ihm mit bedauernder Miene entgegen. »Leider ist bei uns voll besetzt« und beschloß am Torpfosten ein entsprechendes Schild zu befestigen, um mir diese peinlichen Absagen zu ersparen.
Die Wagentür öffnete sich, und heraus sprang ein gutaussehender junger Mann. »Tut mir leid, hier so plötzlich anzukommen, aber wir sitzen zu sehr in der Tinte. In einem Camp weiter unten hat es eine blöde Verwechslung gegeben, die Dussels haben unsere Zeltplätze doppelt vermietet, und die andere Gesellschaft kam vor uns. Könnten Sie uns hier noch hineinpflanzen?»
Ich schüttelte den Kopf. Da ging die hintere Wagentür auf, aus der das Gegenstück zu dem schönen jungen Mann trat. Offenbar seine Schwester. Sie entschuldigte sich mit viel Charme. »Es ist ganz schrecklich, Sie zu bedrängen, doch wir sind praktisch obdachlos, und hier ist’s geradezu himmlisch. Könnten Sie uns nicht dazwischenquetschen? Ihr Grundstück ist doch so groß; wir wären zufrieden mit einem Platz da oben in der Koppel.«
Ich lachte. »Das würde wohl kaum ein reiner Genuß. Es handelt sich auch nicht um die Platzfrage, denn Platz gibt es reichlich — wir haben aber so viele Gäste hier, daß weitere uns zu sehr belasten würden. Unser Betrieb ist noch neu, und die Badegelegenheiten und Kocheinrichtungen sind zu bescheiden. Ich schicke Sie sehr ungern fort; es wäre für Sie auch nicht komfortabel genug.«
In dieser Minute entstiegen dem Auto noch drei Personen, ein zweiter junger Mann und zwei hübsche junge Mädchen, und alle begannen zugleich zu reden.
»Das braucht Ihnen keine Sorge zu machen«, sagte das eine Mädchen.
»Baderäume? Brauchen wir nicht! Das Meer ist doch zum Baden groß genug«, sprach der junge Mann mit einem entwaffnenden Lächeln.
»Kochgelegenheit? Wer will denn kochen? Wir werden einfach Dosen aufmachen«, erklärte das zweite Mädchen mit einer Stimme, die einen Vogel von seinem Ast locken konnte.
Ich stimmte zu, weil ich einer bestrickenden Stimme nie zu widerstehen vermag. Also steckten wir zwei weitere Plätze ab. Zwei schöne große Zelte wurden aufgeschlagen und das elegante Boot bei Flut zu Wasser gebracht, wo schon andere ankerten. Als Trina die Neuankömmlinge kennengelernt hatte, sagte sie zu uns: »Ich habe ihnen erklärt, daß ich sie eigentlich Platzschnorrer nennen müßte, aber es sind tatsächlich zwei Paare — Philip Beale und seine Schwester Jean, und Jim und Trix Tanner. Und eine Kusine, Donna. Sind liebe Menschen und haben an dir einen Narren gefressen. Natürlich sind sie ja ganz dein Typ — elegant und weltgewandt und wirklich nett. Also überlasse ich ihre Betreuung dir.«
Obgleich mich Trina damit keineswegs kritisieren wollte, war ich ein wenig geknickt, als sie sagte, sie seien ganz mein Typ. Ich hatte mir stets zugute gehalten, daß ich keinerlei >Typ< bevorzuge, sondern mit Menschen jeder Art auskomme. Die Menschen blieben sich überall gleich, und so weiter — so hatte doch >Tante Maudie< ständig dahergeschwatzt. Und ich hatte nicht nur bei Mrs. Brooks eine Schlappe erlitten, sondern auch bei John Muir. Das war recht demütigend für jemand, der sich jahrelang >auf Menschenkenntnis spezialisiert< hatte. — Aber mit den Platzschnorrern hatten wir wahrhaftig unser Vergnügen. Sie warfen einen Blick in das Gewimmel des Küchenhauses, wo fünf Frauen unter lautstarken Debatten kochten und ein ganz geduckt wirkender Mann sich bemühte, für sich eine Tasse Tee herzurichten — dann begaben sie sich spornstreichs zu Trinas Laden und kauften ihr die ganzen Vorräte ab. Darauf fuhren sie ins Dorf, erwarben bei Melly einen Primuskocher und bei Alf einen Kochtopf und erklärten, nunmehr autark zu sein.
Alles, was sie sahen, lobten sie in nettester Weise, hielten
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