Es ist ja so einfach
um den Alkoholgenuß im Camp zu unterbinden, konnten aber natürlich nicht wie die Polizisten einschreiten. Immerhin, es verlief alles recht ordentlich, und unsere Bestimmung, daß um Mitternacht allgemeine Ruhe eintreten sollte, wurde eingehalten. Gewöhnlich blieben Peter oder ich wach, bis alles still war, doch gerade an diesem Abend sah er bleich und matt aus, deshalb wollte Andy ihn unbedingt vertreten.
»In die Klappe mit euch allen«, verlangte er. »Ich und Venedig, wir werden die Augen schon offenhalten. Gibt nichts Besseres als eine Dänische Dogge, um Leute zur Räson zu bringen. Dabei würde Venedig keiner Fliege was antun, und das Feine ist, daß die Leute das nicht wissen.«
Peter lehnte eine letzte Tasse Tee ab und war froh, daß er sich hinlegen konnte. Mir gefiel sein abgespanntes Gesicht gar nicht, und ich wünschte, wir hätten ihn veranlassen können, uns die Morgenarbeit das eine Mal allein machen zu lassen. Aber es war zwecklos, ihn schonen zu wollen, deshalb sagten Trina und ich nichts davon, sondern blieben bei Tee und Zigaretten noch plaudernd sitzen, obwohl Schlaf auch für uns wichtiger gewesen wäre.
»Am vorigen Weihnachtsabend«, begann Trina plötzlich, »veranstalteten die Ärzte in unserer Stadt ein großes Fest. Sie hatten erst eine Art Kongreß in der Stadt gehabt, und einige bedeutende Mitglieder wohnten über die Feiertage bei unseren Ärzten; sie alle trafen sich also wieder, tranken massenweise Cocktails und fachsimpelten.«
»Das muß ja zum Verzweifeln lustig gewesen sein«, sagte ich. »Hat es Angus denn Freude gemacht?«
»Ja. Weil er sich mit einem Spezialisten mal gründlich über Nieren unterhalten konnte, diejenigen, die der Mensch in sich hat, meine ich, nicht die gebratenen auf Toast. Ich saß in einer Ecke, wo mir eine andere Doktorsfrau die ganzen Rezepte ihrer Großmutter für verschiedene Fleischpasteten vorbetete. Und als wir nach Hause kamen, benahm ich mich ganz blöde.«
»Gingst mit einem Schwips zu Bett, ja? Nun, das wäre ja für die Weihnachtszeit nichts Unerhörtes, wenn ich auch nicht einsehen kann, weshalb die Leute gerade dann so trinken.«
»Oh, das war’s nicht. Schlimmeres; vielleicht waren die Cocktails daran schuld. Jedenfalls — ich fing an zu heulen und sagte, wenn wir noch öfter zu solchen >Parties< gingen, würde ich wahnsinnig, und überhaupt, Gespräche über Nieren seien kein Festtagsthema.«
»Da gebe ich dir recht. Meinte Angus das nicht auch?«
»Im Herzen wohl, glaube ich, aber er versuchte natürlich, mir klarzumachen, daß es ein großer Vorzug für ihn gewesen sei, diesen Spezialisten kennenzulernen, und daß er viel Neues erfahren hätte. Und da sagte ich, warum man zu Festlichkeiten ginge, wenn man da nur lernen wollte, und schon gab’s noch mal Krach. Am nächsten Morgen allerdings wurde der Tag für uns ganz glücklich, weil Angus einen anderen Arzt telefonisch bat, ihn bei dringenden Fällen zu vertreten; wir fuhren dann allein über Land und machten ein Picknick. Angus ist, wenn er von den Ärzten weg und in die Landluft kommt, ein ganz anderer Mensch. Ach, ich wünschte ja so sehr, er wäre ‘was Vernünftiges und Unbedeutendes, wie zum Beispiel Farmer.«
»Manche Farmer scheinen aber auch nicht besonders gemütlich zu sein.«
»Du meinst Muir? Zuweilen denke ich, daß wir vielleicht falsch mit ihm umgegangen sind. Die Platzschnorrer mögen ihn anscheinend gern und amüsieren sich dort köstlich heute abend. Ich konnte die Tanzmusik hören.«
»Armes, kleines Aschenbrödel! Wärst du denn gern dabeigewesen?«
»Was? Im Hause dieses Mannes, der über unser Camp so häßlich geurteilt hat? Um keinen Preis! Im übrigen bin ich noch nie ohne Angus zu einer Party gegangen und werde es auch nicht tun. Laß uns schlafen gehen, Helen. Morgen wird es einen Mordsbetrieb geben, und es ist so furchtbar heiß.«
Ich schlief nicht viel. Peter hatte angefangen zu husten, mit einem Geräusch, das mich beunruhigte. Wenn er nun wieder eine seiner scheußlichen Erkältungen bekam, gerade jetzt, wo er sich ein bißchen erholt hatte? Und ich wußte, daß er sich nicht davon abbringen ließ, auch morgen mitzuarbeiten.
Wir begannen recht früh, um mit der üblichen Morgenarbeit fertig zu sein, bevor Campgäste wach wurden. Aber schon um fünf schien es, als bliese jedes Kind eine Trompete oder eine Trillerpfeife. Sämtliche Tiere waren wach geworden und brachten sich lärmend in Erinnerung. Peter kam blaß und fröstelnd, aber
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