Es ist nicht alles Gold was glänzt
großzügige Schenkung – Sie dürfen versichert sein, daß wir sie für einen guten Zweck verwenden werden.«
Es klopfte laut an der Tür. Alle schraken zusammen – außer James, der es jetzt mit allem und jedem aufgenommen hätte. Es war Harveys Chauffeur. James hatte die angeberische weiße Uniform mit der weißen Mütze schon immer gehaßt.
»Ah, der tüchtige Mr. Mellor«, sagte Harvey. »Gentlemen, ich bin sicher, er ist uns heute auf Schritt und Tritt gefolgt.«
Die vier erstarrten vor Schreck, aber der Chauffeur hatte ganz offensichtlich keine düsteren Schlüsse aus seinen Beobachtungen gezogen.
»Ihr Wagen steht bereit, Sir. Sie wollten um 19 Uhr wieder im Claridge sein, um noch etwas Zeit vor Ihrer Verabredung zum Abendessen zu haben.«
»Junger Mann!« brüllte James.
»Ja, Sir«, antwortete der Chauffeur eingeschüchtert.
»Wissen Sie, daß Sie sich in Gegenwart des Vizekanzlers dieser Universität befinden?«
»Nein, Sir. Bitte entschuldigen Sie, Sir.«
»Nehmen Sie sofort Ihre Mütze ab!«
»Jawohl, Sir.« Der Chauffeur zog seine Mütze und ging, vor sich hin fluchend, zum Wagen zurück.
»Vizekanzler, ich breche unser Beisammensein wirklich sehr ungern ab. Aber wie sie hörten – ich habe tatsächlich eine Verabredung …«
»Aber selbstverständlich, selbstverständlich. Und lassen Sie mich Ihnen nochmals in aller Form für Ihre äußerst großzügige Schenkung danken, die vielen Leuten, die es verdienen, zugute kommen wird. Wir alle wünschen Ihnen eine glückliche Rückkehr in die Staaten und hoffen, daß Sie sich unserer ebenso herzlich erinnern mögen, wie wir Ihrer gedenken werden.«
Harvey ging zur Tür.
»Ich werde mich hier und jetzt von Ihnen verabschieden, Sir«, schrie James. »Es wird mich zwanzig Minuten kosten, diese verdammten Treppen hinunterzukommen. Sie sind ein prächtiger Mensch, und Sie waren äußerst hochherzig.«
»Aber ich bitte Sie – nicht der Rede wert«, sagte Harvey im Überschwang der Gefühle.
Wie wahr, dachte James – für dich war es nicht der Rede wert.
Stephen, Adrian und Jean-Pierre begleiteten Harvey zu dem wartenden Rolls-Royce.
»Professor«, sagte Harvey, »ich habe nicht alles ganz verstanden, was der alte Kauz gesagt hat.« Während er sprach, schob er, stolz und verlegen zugleich, das Gewicht der schweren Robe auf seinen Schultern zurecht.
»Nun, er ist ziemlich taub und alt, aber er hat das Herz am rechten Fleck. Er wollte Ihnen zu verstehen geben, daß diese Schenkung, was die Universität anbelangt, anonym bleiben muß, obgleich natürlich die Oxford-Hierarchie die Wahrheit erfahren wird. Wenn es aber an die Öffentlichkeit gelangte, kämen womöglich allerlei unerwünschte Individuen, die noch nie in ihrem Leben etwas für die Erziehung getan haben, plötzlich daher und wollten einen h.c.-Titel kaufen.«
»Natürlich, natürlich, ich verstehe. Das finde ich völlig in Ordnung«, sagte Harvey. »Ich möchte Ihnen danken für diesen unvergeßlichen Tag und wünsche Ihnen sehr viel Glück für die Zukunft.«
Er kletterte in den Rolls-Royce. Während der Wagen sich zur Rückfahrt nach London sachte in Bewegung setzte, winkte er den dreien begeistert zu.
Team gegen Metcalfe 3:1.
»James war brillant«, sagte Jean-Pierre. »Als er hereinkam, wußte ich bei Gott überhaupt nicht, wen ich vor mir hatte.«
»Ich auch nicht«, sagte Adrian. »Kommt, wir wollen ihn erlösen – wirklich der Held des Tages.«
Alle drei sausten die Treppe hinauf, völlig vergessend, daß sie zwischen fünfzig und sechzig Jahre alt aussahen, und stürzten in das Büro des Vizekanzlers, um James zu beglückwünschen. Dieser lag, ohne einen Laut von sich zu geben, mitten im Zimmer auf dem Boden: Er war ohnmächtig geworden.
Nach einer Stunde hatte sich James mit Adrians Hilfe und dank zweier großer Whiskys im Magdalen College wieder erholt und befand sich bei bester Gesundheit.
»Du warst phantastisch«, sagte Stephen. »Genau in dem Augenblick, als ich allmählich die Nerven verlor.«
»Schade, daß wir das nicht filmen konnten. Dafür hättest du einen Oskar bekommen«, meinte Adrian. »Nach dieser Vorstellung muß dein Vater dich einfach zur Bühne gehen lassen.« James sonnte sich in seinem ersten ruhmreichen Augenblick seit drei Monaten. Er konnte es kaum erwarten, Anne davon zu erzählen … »Anne.« Er warf einen raschen Blick auf seine Uhr. »18.30 Uhr! Verflucht, um 20 Uhr bin ich mit Anne verabredet – ich muß sofort gehen. Also,
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