Es ist nicht alles Gold was glänzt
mir, wer Kesler dazu angestiftet hat. Wer war das Gehirn hinter dieser Brut von Haifischen?«
Der Inspektor war sich durchaus bewußt, in welch scheußlicher Lage Stephen sich befand. Im Lauf seiner Karriere hatte er vielen Menschen in der gleichen Situation gegenübergestanden, und er war Stephen für dessen kooperatives Verhalten sehr dankbar.
»Ich kann alle Fragen beantworten, soweit ich sicher bin, daß sie meine eigenen Untersuchungen nicht beeinträchtigen«, begann er vorsichtig. »Der Mann, den wir festnageln möchten, ist Harvey Metcalfe.«
»Und was wissen Sie von diesem Burschen?«
»Er ist Amerikaner – in der ersten Generation – und hatte seine Finger in mehr dubiosen Geschäften in Boston als Sie sich in Ihren kühnsten Träumen vorstellen können. Er hat sich selbst zum Multimillionär und auf seinem Weg nach oben viele andere Leute bankrott gemacht. Mittlerweile hat er einen so routinierten und vorausschaubaren Stil entwickelt, daß wir ihn auf hundert Kilometer Entfernung ausmachen können. Es wird Sie nicht gerade freuen, zu hören, daß er sich als Mäzen großen Stils um Harvard verdient gemacht hat – vermutlich, um sein Gewissen zu erleichtern. Bisher ist es uns leider kein einziges Mal gelungen, ihm irgend etwas nachzuweisen – und ich zweifle sehr daran, daß es uns diesmal gelingen wird. Er war niemals ein Direktor der Prospecta Oil, sondern hat lediglich auf dem freien Markt Aktien gekauft und verkauft. Soviel wir wissen, hat er David Kesler noch nicht einmal persönlich gekannt. Silverman, Cooper und Elliott wurden von ihm angeworben, damit sie das schmutzige Geschäft für ihn abwickeln, und die haben ein helles junges Bürschchen, noch nicht ganz trocken hinter den Ohren, aufgetan, um ihre Geschichte für sie an den Mann zu bringen. Nur Pech für Sie, Sir, nicht wahr, daß es sich bei dem betreffenden jungen Mann um Ihren Freund David Kesler handelt.«
»Ach, lassen wir den armen Teufel aus dem Spiel«, sagte Stephen. »Was ist mit Harvey Metcalfe? Wird er wieder ungeschoren davonkommen?«
»Ich fürchte ja«, sagte der Inspektor. »Zwar wurden für Silverman, Elliott und Cooper Haftbefehle ausgestellt, aber das Trio hat sich längst nach Südamerika abgesetzt. Nach dem Fiasko mit dem Posträuber Ronald Biggs 1974 in Brasilien bezweifle ich jedoch, ob wir jemals mit Hilfe eines Auslieferungsverfahrens ihrer habhaft werden, obwohl die amerikanische und die kanadische Polizei ebenfalls Haftbefehle gegen sie vorliegen haben. Die drei sind zudem äußerst schlau vorgegangen. Sie haben das Londoner Büro der Prospecta Oil geschlossen, sind vom Mietvertrag zurückgetreten und haben ihn an den Grundstücksverwalter, Conrad Ritblad, zurückgegeben und beiden Sekretärinnen mit einem Monatsgehalt im voraus gekündigt. Ihre Rechnung für die Ölbohranlage bei Reading & Bates haben sie beglichen, ebenso ihren Angestellten in Aberdeen, Mark Stewart, ausbezahlt, und schließlich sind sie am Sonntag mit der Morgenmaschine nach Rio de Janeiro abgehauen, wo auf einem Privatkonto 1 Million Dollar auf sie warteten. Harvey Metcalfe hat sie gut belohnt und David Kesler die Suppe auslöffeln lassen.«
»Clevere Burschen«, sagte Stephen.
»O ja«, erwiderte der Inspektor, »eine saubere kleine Operation. Des Naturtalents Harvey Metcalfe durchaus würdig.«
»Werden Sie versuchen, David Kesler festzunehmen?«
»Nein, aber wie ich schon sagte: Wir würden ihn gern vernehmen. Er kaufte und veräußerte 500 Aktien, aber wir glauben, daß das lediglich deshalb geschah, weil er selbst an das Ölmärchen glaubte. Wenn er wirklich klug wäre, würde er nach England zurückkommen und der Polizei bei ihren Nachforschungen behilflich sein. Aber ich fürchte, der arme Kerl ist einfach unter diesem Druck in eine Angstpsychose geraten und hat das Feld geräumt. Jedenfalls wird die amerikanische Polizei ein wachsames Auge auf ihn haben.«
»Eine letzte Frage«, sagte Stephen. »Sind da irgendwelche anderen Leute, die ebenso idiotisch gehandelt haben wie ich?«
Der Inspektor widmete dieser Frage längeres Nachdenken. Mit den anderen Großinvestoren hatte er nicht soviel Erfolg gehabt wie mit Stephen. Sie alle hatten – über ihre Beziehungen zu Kesler und zur Prospecta Oil befragt – ausweichende Antworten gegeben. Wenn er ihre Namen preisgab, würde er vielleicht einiges über sie erfahren. Die Polizei hat viele Mittel und Wege, um Informationen einzuholen.
»Ja, Sir, aber … Sie verstehen
Weitere Kostenlose Bücher