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Es muss nicht immer Grappa sein

Titel: Es muss nicht immer Grappa sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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Überprüfen Sie einfach den Wagen, dann werden Sie feststellen, dass es stimmt. Den Rest erzähle ich Ihnen später. Einen geruhsamen Sonntag noch.«
Tamilische Currywurst
    Ich bekam jeweils vierzig Zeilen für Silius und Moreno.
    FEINKOSTKÖNIG FESTGENOMMEN – ERSTICKTE ER DIE KAVIAR-OMA?
    Peter S. (47) wird sich umstellen müssen: Die Küche der Justizvollzugsanstalt bietet weder Hummer noch Kaviar, sondern Erbsensuppe und Stampfkartoffeln. Seit gestern sitzt der Inhaber einer bekannten Feinkostladenkette in Untersuchungshaft. Er hat zugegeben, von der 78-jährigen Ekaterina S. erpresst worden zu sein. Angeblich habe er ihr 150.000 Euro Schweigegeld gezahlt. Mit der Summe wollte sich die alte Frau in ihrer Heimat ein Haus kaufen – wir berichteten. Die Polizei glaubt, dass Silius den Mord an der 78-Jährigen begangen hat. Ein wichtiges Indiz dafür könnte sein, dass kein Geld gefunden worden ist.
    Ekaterina S. wurde vor zwei Wochen tot in ihrer Wohnung entdeckt – zusammen mit illegal eingeführten Kaviardosen im Wert von 35.000 Euro. Der Mörder hatte der alten Frau eine Plastiktüte über den Kopf gezogen und sie so erstickt. Auf dieser Tüte prangte das Logo der Feinkostkette Silius.
    Ich wiederholte noch ein paar bekannte Fakten und wandte mich dann dem Abgesang der Moreno zu.
    SCHLECHTER TAG FÜR KIKI MORENO – SOAP-STAR TÖDLICH VERLETZT
    Kiki Moreno ist tot. Sie wurde auf offener Straße von einem Auto erfasst. Der Fahrer flüchtete unerkannt. Die Polizei geht von einem gezielten Anschlag aus.
    In der Seifenoper Gute Tage – schlechte Tage spielte die 24-Jährige die Hauptrolle der Sandy. Diese Figur war ihr wie auf den Leib geschneidert: Sandy ist im Film eine junge, lebenshungrige Frau, die unbedingt aufsteigen will und dabei Fehler macht. Welche Fehler machte Kiki Moreno?
    Ich schilderte die Verbindungen zu Carstens, die enge Freundschaft mit Boris Gogol und deutete die Affäre mit einem Dritten an. Dann fragte ich:
    Wer hat die schöne junge Frau auf dem Gewissen? Die Brutalität der Tat lässt vermuten, dass hier Leidenschaft und Wut im Spiel waren. Das reale Leben hat Kiki Moreno auf grausame Weise eingeholt.
    »Große Klasse, Grappa«, lobte Jansen nach der Lektüre. »Du darfst den Rest des Sonntags mit deinem neuen Freund verbringen.«
    »Gibt es hier irgendwo eine Pommesbude in der Nähe?«
    »Klar. Auf dem Weg zur City. Weiß gekachelt von außen. Die Currywurst ist da klasse – auch wenn die Wirte Tamilen sind. Was willst du denn da?«
    »Was kaufen«, grinste ich. »Wlad wird Hunger haben nach der schweren Gartenarbeit. Und ich hab nichts im Haus.«
    »Grappa-Baby«, spottete mein Chef. »Mutter Teresa ist eine egoistische Schlampe gegen dich.«

    Die Currywurst aus dem Ruhrgebiet ist eine international bekannte Spezialität. Natürlich wird sie nicht in überkandidelten Feinkostläden wie denen von Peter Silius angeboten, aber man kann sie an fast jeder Ecke kaufen. Ob in mobilen Brätereien, in Einkaufszentren, vor Baumärkten oder in der Nähe großer Möbelhäuser – nirgends ist die Currywurst mehr wegzudenken. Über die Details der Rezeptur existieren tausend unterschiedliche Meinungen. Eine Bratwurst gehört jedenfalls immer dazu. Ob danach Ketchup oder eine eigens hergestellte scharfe Soße darüberkommt, hängt von der Qualität des die Delikatesse zubereitenden Personals ab. Unabdingbar ist Currypulver, das über alles gestreut wird. Ein extra dafür erfundener Currywurstschneider, der die Wurst im Handumdrehen in Stücke zerschneidet, rundet das professionelle Bild ab.
    Ich habe die Wurst erst in späten Jahren schätzen gelernt. Sie muss dunkel gebraten und rattenscharf gewürzt sein. Auslöser für meine neue Vorliebe war nicht die Erkenntnis, dass Serrano-Schinken und französische Leberpastete Schickimicki sind, sondern eine Novelle mit dem Namen Die Entdeckung der Currywurst von Uwe Timm. Darin berichtet eine alte Frau, die in den letzten Kriegstagen eine Imbissstube in Hamburg betreibt, aus ihrem Leben. Nach dem Krieg ›erfindet‹ diese Frau die Currywurst, um sich und ihre Kinder durchzubringen. Seit der Lektüre dieser Geschichte gönne ich mir ab und zu mal eine und denke über das alltägliche Leben und die scharfe Wurst nach.
    Der tamilische Wurstbratologe packte vier geschnetzelte Würste mit viel Soße und zwei Portionen Pommes rot-weiß in eine Styroporschachtel. Dazu nahm ich drei Flaschen Bier.
    Ich bezahlte und machte mich auf den Weg zu meinem Haus. Ab und

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