Es muss nicht immer Grappa sein
an.
Silius sah zur Tür und ich drehte mich um. Kleist und ein Beamter im Grünrock.
Dem Chef der Mordkommission gefroren die Gesichtszüge bei meinem Anblick. »Sie schon wieder, Frau Grappa. Darf ich fragen, was hier gerade passiert?«
»Herr Silius gibt mir ein Interview, Herr Kleist. Ich bin bei einer Zeitung beschäftigt. Schon vergessen?«
Peter Silius erhob sich. »Ich gestehe.«
»Was?«
»Ich habe Frau Schöderlapp hundertfünfzigtausend Euro gezahlt, damit sie über meine illegalen Geschäfte den Mund hält.«
»Ich nehme Sie vorläufig fest«, sagte Kleist. »Und Sie, Frau Grappa, übergeben mir endlich die Korrespondenz der Toten.«
Das hätte er früher haben können, dachte ich. Ein wenig mehr Höflichkeit und alles wäre gut gewesen. Der Uniformierte packte Silius am Arm und führte ihn hinaus.
»Also, Frau Grappa? Wo sind die Briefe?«, fragte Kleist.
»In meiner Wohnung. Ich bringe Sie Ihnen heute noch vorbei.«
»Das haben Sie schon mal versprochen. Ich begleite Sie.«
»Wie Sie wollen.«
Ich fuhr voraus. Er folgte mir in einem unauffälligen Wagen, der von einem Beamten in Zivil gesteuert wurde. In meinem Hirn ging alles durcheinander. Wenn Silius die Wahrheit gesagt und gezahlt hatte, wo war das Geld geblieben? Vielleicht hatte er aber auch nur gestanden, um sich als Mörder der Schöderlapp aus dem Gespräch zu bringen.
Ich hielt mich an die Geschwindigkeitsbeschränkungen, der Polizeiwagen hing an meiner Stoßstange. Kleist würde es fertigbringen, mir ein Knöllchen wegen Zuschnellfahrens zu verpassen.
»Eine schöne Gegend«, meinte er, als er ausstieg. »Mit sehr viel Grün.«
»Der Bierstädter Süden war schon immer so. Die Kohlen fliegen woanders durch die Luft. Wo wohnen Sie denn?«
»Mitten in der Stadt. An einer S-Bahn-Linie. Eine kleine Junggesellenbehausung.«
Huch, dachte ich. Teilt er mir gerade mit, dass er nicht verheiratet ist?
»Ist das Ihr Haus?« Neugierig musterte er das Erdhügelhaus.
»Nein, es gehört der Bank. Ich habe es erst kürzlich günstig erworben. Werde den Rest meines Lebens daran abzahlen müssen.«
»Interessante Architektur. Ein Halbrundtunnel mit Grasdach.«
Ein lautes Krächzen durchschnitt die Luft. Ich blickte auf. Der Rabe flog heran und ließ sich auf dem Dach nieder.
»Sie haben den scharfen Polizistenblick«, lobte ich. »Ich nenne das Haus den Rabenhügel . Und da sehen Sie auch, warum. Darf ich vorstellen? Das ist der Rabe Hugin. Hugin, das ist Hauptkommissar Friedemann Kleist.«
Kleist betrachtete das Tier, das uns scharf im Blick hatte. Erstaunlicherweise winkte der Hauptkommissar grüßend zu dem Vogel hinauf. »Ein germanischer Rabe also. Der denkende Begleiter Odins. Ist Munin auch in der Gegend?« Es gab keine Andeutung eines Lächelns. Der Rabe flog davon.
Ich überging seine Frage und trat zur Tür. Kleist folgte mir.
»Einen Augenblick«, bat ich und schloss die Haustür auf. »Ich bin gleich wieder da.«
Ich ging in mein Arbeitszimmer und holte den Beutel mit den Briefbündeln. Kleist nahm ihn, bedankte sich, setzte sich in den Wagen und verschwand. Täuschte ich mich, oder war er etwas umgänglicher geworden?
Abwarten, Grappa, sagte ich mir. Ein regenfreier Tag macht noch lange keinen Sommer.
Umarmung eines Gorillas
Es war Sonntag. Der Jahrhundertsommer machte seinem Namen erneut Ehre. Im Garten ließen die Lavendelsträucher die lila Köpfchen hängen, die Wiese war angegilbt und die Rosen bettelten um Wasser. Eine grob gemusterte Katze schlich aus dem Kräuterbeet und gab Fersengeld.
Ich schleppte ein paar Gießkannen voll Wasser zu den dürstenden Pflanzen. Der Garten war schön, machte aber Arbeit. Auf Knien herumzurutschen und Unkraut zu jäten war nicht meine Lieblingsbeschäftigung. Ich nahm mir vor, im Tageblatt eine Annonce aufzugeben. Suche jungen, kräftigen Mann für Arbeit im Garten – oder so.
Das Telefon klingelte. Jansen fragte, wo ich bliebe.
»Ich bin gleich da. Meine Blumen brauchten Wasser. In zwanzig Minuten sitze ich in meinem Zimmer.«
Ich machte mich ausgehfertig und verließ das Haus. Der Schlüssel steckte noch, als ein großer Schatten hinter der Wand des Carports hervorglitt. In Sekundenbruchteilen war der Mann bei mir und presste mich gegen die Tür.
»Nicht schreiän. Du öffnän und reingähn.«
Wlad. Verdammt! Er drehte den Schlüssel um, die Tür öffnete sich und er drückte mich in den Flur – den Arm von hinten um meinen Hals gelegt.
Blitzartig ging ich die
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