Es muss nicht immer Grappa sein
zu schaute ich in den Rückspiegel. Nein, niemand verfolgte mich.
Mein neuer Gärtner hatte gute Arbeit geleistet. Stolz präsentierte er einen von Unkraut befreiten Gartenweg und eine gefegte Terrasse.
»Klasse, Wlad«, lächelte ich. »Und jetzt gibt es was zu futtern.«
Wir setzten uns an den Gartentisch und verputzten alles. Ich trank Wein, Wlad das Bier. Viel geredet wurde nicht.
Nach dem Mahl verzog ich mich ins Haus. Wlad wollte auf einer Liege im Garten schlafen. Ich schaffte ein paar Decken herbei und gab sie ihm.
Nachts wachte ich einmal auf, schlich zum Fenster, öffnete es und lauschte. Der Gorilla schaute in die Sterne und summte Melodien. Sie klangen fremd und traurig.
Kuschelmonster im Unkraut
»Na, wie war die Nacht mit deinem Russen?«, fragte Peter Jansen am nächsten Morgen.
»Irgendwie romantisch. Er saß im Garten und sang russische Lieder. Ich glaube, er hat diese kleine Soap-Schlampe wirklich geliebt. Einfache Menschen haben oft reinere Gefühle als wir Intellektuellen. Die lieben – ohne Wenn und Aber.«
»Grappa-Baby! Was ist los mit dir?«, rief Jansen. »Hat das Kuschelmonster das Unkraut so genial gezupft, dass du deinen Zynismus verloren hast?«
»Ich versuche lediglich, reflexiv zu sein«, verteidigte ich mich. »Was dagegen?«
»Nö. Solange diese Nachdenklichkeit nicht auf deine Artikel abfärbt.«
»Mach dir keine Sorgen«, meinte ich. »Im Job werde ich – wie immer – knallhart sein.«
»Der Königspudel und dein Superbulle haben übrigens gleich eine Pressekonferenz angesetzt. Thema: Kiki Moreno. Geh lieber etwas früher hin, damit du noch einen Platz kriegst. Pöppelbaum weiß Bescheid.«
»Ich kann Ihnen mitteilen, dass es zu einer Festnahme im Tötungsdelikt Kiki Moreno gekommen ist«, begann der Königspudel.
Raunen in der Journalistenschar, die heute besonders zahlreich angerückt war. Die Kamerateams traten sich gegenseitig auf die Füße, verhedderten sich in den Kabeln, fluchten und drängelten. Die Luft im Konferenzraum des Präsidiums war schnittfest.
Der Oberstaatsanwalt übergab das Wort an den Leiter der Mordkommission. Kleist sah etwas mitgenommen aus und sein Hemd war nicht mehr frisch.
»Knips den Kleist mal«, sagte ich zu Pöppelbaum. »Der scheint ja einen richtigen Treffer gelandet zu haben.«
»Bei der festgenommenen Person handelt es sich um eine russische Staatsbürgerin namens Kalinka Gogol. Sie wird dringend verdächtigt, Frau Moreno absichtlich überfahren zu haben. Das Motiv könnte Eifersucht sein. Frau Gogol verweigert jegliche Aussage.«
»Wer ist Kalinka Gogol?«, wollte der Kollege vom Express wissen.
»Frau Gogol hält sich zurzeit mit einem Touristenvisum in Bierstadt auf. Ihr Ehemann, Boris Gogol, ist Inhaber einer Import- und Exportfirma. Er handelt hauptsächlich mit Erzeugnissen aus den östlichen Ländern.«
»Vor allem Kaviar«, sagte ich.
»Es muss nicht immer Kaviar sein«, schüttelte Kleist den Kopf. »Aber bei Gogol hat die Einfuhr von Kaviar tatsächlich die größte Gewinnspanne erbracht. Illegal eingeführt – versteht sich.«
»Und was hat die Moreno damit zu tun?«, rief eine Kollegin von Brisant.
»Frau Moreno war Gogols Geliebte«, erklärte Kleist. »Seine Ehefrau verlangte, dass er die Beziehung beendete. Doch dazu war Gogol nicht bereit.«
»Wie hat sie die Moreno denn erwischt?«, fragte jemand.
»Das ist ein wenig kompliziert. Frau Moreno hatte neben Gogol noch eine weitere Beziehung. Und zwar zu dessen Leibwächter.«
»Sind wir jetzt in der Soap?«, griente der Kollege von Taff. »Oder geht es ums reale Leben?«
Schlappes Gelächter kam auf.
»Die Verdächtige hat also diesen Mann gebeten, ein Treffen mit Frau Moreno zu vereinbaren, um mit ihr noch einmal in Ruhe zu reden«, machte Kleist weiter. »Der Leibwächter glaubte, mitfahren zu dürfen. Doch Frau Gogol stieg allein in den Wagen.«
»Woher wissen Sie das alles, wenn Frau Gogol schweigt?«, fragte ich.
»Ein anderer Angestellter von Gogol wusste über den Termin Bescheid«, sagte der Oberstaatsanwalt. »Er hat ausgesagt, dass Frau Gogol gefahren ist. Leider ist der erste Leibwächter, also der Geliebte von Frau Moreno, zurzeit nicht auffindbar. Wir fahnden nach ihm.«
»Haben Sie Gogol denn vernommen?«, fragte Pöppelbaum.
»Nein. Er ist erkrankt und damit vernehmungsunfähig. Das behaupten jedenfalls sein Arzt und die Anwälte. Die Staatsanwaltschaft lässt das gerade durch ein amtsärztliches Gutachten überprüfen.«
»Da wir
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