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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Volksdemokraten, die luxuriös eingerichtet war. Thomas wunderte sich: »Sind Ihre tschechischen Freunde so großzügig?«
    Marek grinste: »Ich bitt’ Sie, das is doch nicht mein Hauptgeschäft! Kommen S’ amol mit.« Marek führte seine Besucher in einen großen Raum neben der Küche. Hier lagen, meterhoch gestapelt, Hunderte von Bildbänden aus dem »Tausendjährigen Reich«. »Der Führer und die Kinder«, »Der Reichsparteitag in Nürnberg«, »Die Straßen des Führers«, »Der Sieg im Westen«, »Der Sieg im Osten«, so und anders lauteten die Titel.
    Menu • München, 6. Mai 1947
    Nach diesem Essen platzte beinahe die Militärregierung von Bayern.
     
    Aal in Salbei
    Kalbscroquettes
    Haselnußpudding
    Aal in Salbei:
Man schneide einen gut gereinigten Aal in Stücke, mariniere diese mindestens eine Stunde mit Zitronensaft, Pfeffer, Salz und feingehackten Kräutern, darunter etwas Salbei. – Man wickle dann jedes Stück in frische Salbeiblätter, brate sie zwanzig bis fünfundzwanzig Minuten in brauner Butter, serviere sie mit Zitronenscheiben garniert und mit Bratbutter übergossen. – Man reiche dazu neue, mit gehackter Petersilie bestreute Kartoffeln und Gurkensalat.
    Kalbscroquettes:
Man nehme sehnenfreies Kalbfleisch, drehe es mit eingeweichtem, ausgedrücktem Weißbrot ohne Rinde, in Butter hell vorgedünsteten Schalotten und Petersilie durch den feinsten Wolf. – Man gebe zu der Masse verquirlte Eier, würze sie mit Pfeffer, Salz, ganz wenig Sardellenpaste und Worcestersauce und schlage sie tüchtig. Man forme dann flache Medaillons, wälze sie in Semmelbröseln und brate sie in heißer Butter goldbraun. – Man richte sie auf Scheiben von hellgelb geröstetem Kastenweißbrot an und serviere mit Tomatenketchup.
    Haselnußpudding:
Man nehme vier Eigelb, rühre sie mit 75 Gramm Zucker, Saft und Schale einer halben Zitrone schaumig, menge 145 Gramm gemahlene Haselnüsse und zuletzt den steifen Schnee der vier Eiweiß darunter. – Man fülle die Masse in eine wie üblich vorbereitete Puddingform und koche sie eine Stunde im Wasserbad. – Man reiche zu dem Pudding Fruchtsaft oder heiße Weinschaumsauce.
    Thomas hob einen Band auf und blätterte. Ganzseitige Fotos zeigten Paraden, Bonzen, Generäle und immer wieder ihn, den »Führer«.
    »Is nur a klaner Teil hier herobn, ich hab’ den ganzen Keller voll. Dazu SS -Dolche, Orden, Totenkopfringe – was Sie wolln! Machen sich keine Vorstellung, wie das weggeht. Also, reinweg narrisch sind die Amis mit dem Dreck! Nehmen’s nach Hause mit, als Souvenirs!«
    Sie gingen in die Küche, woselbst sich der Lohn der verkauften Souvenirs in Form von Konservendosen, Fleisch und Whiskyflaschen präsentierte. »Ich hab’ gekauft an schönen Aal, Herr Scheuner. Können S’ mir machen Aal in Salbeiblättern? Is sich Lieblingsspeise von mir.«
    »An die Arbeit«, sagte Thomas. Er begann den Aal zu putzen und schnitt ihn in Stücke. Dabei berichtete Marek: »Was meine Auftraggeber sind, die mechten gern mit einem von Ihnen persönlich redn. Is sich alles arrangiert. Wenn S’ rüber wolln, kommt a Grenzer. Natierlich nehmen S’ Pläne nicht mit. Und ich bleib’ hier. Bei dem von Ihnen, wo dableibt.«
    Thomas und Bastian gingen in den Garten und hielten eine kurze Beratung ab. Bastian meinte: »Ich fahre. Du läßt Marek nicht aus den Augen. Wenn was passiert, übergibst du ihn den Amerikanern. Hoffentlich sprechen die da drüben Französisch!«
    Darüber befragt, äußerte Marek: »Wie die Pupperln. Fließend, meine Herren, fließend!«
    Thomas untersuchte den Aal. »Er muß noch eine Stunde marinieren«, sagte er. »Wenn Sie erlauben, sehe ich mich inzwischen in Ihrer Bibliothek ein bißchen um.«
    »Aber bittschön, mit Vergniegen, bedienen S’ Ihnen«, meinte Marek.
    Thomas bediente sich. Bildband um Bildband führte er sich zu Gemüte, sah und staunte: »Junge, Junge, was ist bei uns nicht alles dabeigewesen …«
    Fünfzehn Bücher durchblätterte er, zwanzig. Das einundzwanzigste hieß
»Der Führer und seine Getreuen«
. Thomas schlug die Seiten um. Holte plötzlich rasselnd Atem. Und schrie nach Bastian. Der kam erschrocken.
    »Schau dir das an …« Thomas wies auf ein großes Foto, das zwei Männer in SA -Uniform zeigte. Der eine war fett und aufgeschwemmt. Der andere war blond, schlank, groß und hochmütig. Er trug einen Schmiß auf der linken Wange. Darunter stand:
    STABSCHEF DER SA ERNST RÖHM
    UND SEIN STURMFÜHRER FRITZ EDER
    Thomas

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