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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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oder Fata Morgana gewesen war, wenn sie existiert hatte, würde sie jetzt unter der Brücke warten – wie der Troll im Märchen Three Billy Goats Gruff.
    Unter der Brücke. Versteckt unter der Brücke.
    Ben rannte nach Hause, drehte sich alle paar Schritte um, bis die Tür ihres Hauses hinter ihm ins Schloss fiel. Er erklärte seiner Mutter (die nach einem besonders anstrengenden Tag in der Fabrik so müde war, dass sie ihn kaum vermisst hatte), dass er Mrs. Douglas geholfen habe, Bücher zu zählen. Zum Abendessen gab es Nudeln und Reste des Truthahns vom Sonntag. Er stopfte drei Portionen in sich hinein, und mit jeder Portion verblasste die Mumie mehr, schien traumgleicher zu sein. Sie war nicht real, so etwas war nie real, sie erwachten nur zwischen den Werbespots der Spätfilme im Fernsehen oder in den Samstagsmatineen zum Leben, wo man, wenn man Glück hatte, für einen Vierteldollar zwei Monster bekommen konnte – und wenn man noch einen Vierteldollar übrig hatte, konnte man so viel Popcorn kaufen, wie man nur wollte.
    Nein, sie waren nicht real, Fernsehmonster und Filmmonster und Comicmonster gab es nicht in Wirklichkeit. Zumindest nicht, bis man dann im Bett lag, die letzten vier Bonbons aufgegessen hatte und das Bett sich in einen See der Träume verwandelte, draußen der Wind heulte und man Angst hatte, zum Fenster hinüberzuschauen, weil dort ein Gesicht sein könnte, ein uraltes, grinsendes Gesicht, das verdorrt war wie ein altes Blatt, anstatt zu vermodern, mit eingesunkenen Diamantaugen in tiefen schwarzen Höhlen, und eine klauenartige Hand, die eine Traube Luftballons hielt: Komm mit mir, Ben, komm mit in den Zirkus, füttere die Elefanten, fahr Karussell, Ben, o Ben, wie du fliegen wirst …

12
     
    Ben fuhr keuchend aus dem Schlaf hoch, noch ganz im Bann seines Traums von der Mumie gefangen, und er geriet fast in Panik über die Enge und Dunkelheit um sich herum. Er wand sich, und die Wurzel, die er eben noch als Rückenlehne benutzt hatte, bohrte sich ihm jetzt in den Rücken.
    Er sah Licht und drehte sich ihm zu, krabbelte hinaus ins Licht der Nachmittagssonne, hörte das Plätschern des Bachs, und plötzlich fiel ihm alles wieder ein. Es war Sommer, nicht Winter. Die Mumie hatte ihn nicht in ihr Wüstengrab verschleppt; Ben hatte sich nur vor den großen Jungs in einer sandigen Mulde unter einem halb entwurzelten Baum versteckt. Er war in den Barrens. Henry und seine Freunde hatten ein paar Kinder schikaniert, die flussabwärts spielten, weil sie Ben nicht finden und ihn schikanieren konnten. Glaubt mir, es war ein richtiger Babydamm. Ohne seid ihr besser dran.
    Ben betrachtete niedergeschlagen seine ruinierte Kleidung. Seine Mutter würde ihm die Hölle heißmachen.
    Er hatte so lange geschlafen, dass seine Glieder jetzt ganz steif waren. Er rutschte den Abhang runter und begann dann, am Bach entlangzulaufen. Jeder Schritt tat höllisch weh, er bestand nur noch aus Schmerzen. Auf jedem Quadratzentimeter seiner freiliegenden Haut schien getrocknetes oder trocknendes Blut zu kleben. Die Kinder, die den Damm gebaut hatten, würden bestimmt nicht mehr hier sein, tröstete er sich selbst. Er wusste nicht genau, wie lange er geschlafen hatte, aber wenn es auch nur eine halbe Stunde gewesen war, so hatte die Begegnung mit Henry Bowers und seinen Kumpanen Denbrough und seinen Freund doch mit Sicherheit davon überzeugt, dass irgendein anderer Ort – vielleicht Timbuktu – gesünder für sie sein würde.
    Mit schmerzverzerrtem Gesicht ging Ben am Ufer des Baches entlang; wenn Henry und die anderen jetzt zurückkämen, so hätte er nicht die geringste Chance, ihnen zu entkommen, das wusste er genau. Und es war ihm fast egal.
    Der Bach machte eine ellenbogenförmige Biegung, und hier blieb Ben unschlüssig stehen. Die Dammbauer waren doch noch da. Einer war wirklich Stotter-Bill Denbrough aus der Parallelklasse. Er kniete neben dem zweiten Jungen, der ans Ufer gelehnt dasaß, mit zurückgelehntem Kopf, mühsam nach Atem ringend. Unter seiner Nase, an seinem Kinn und Hals war eine Menge getrockneten Blutes. Mit einer Hand umklammerte er etwas Weißes.
    Stotter-Bill blickte hoch und sah Ben unschlüssig dastehen. Ben bemerkte bestürzt, dass mit dem blutverschmierten Jungen etwas nicht stimmte, dass Denbrough Todesängste auszustehen schien, und er dachte verzweifelt: Wird dieser Tag denn nie ein Ende nehmen?
    »K-K-K-Könntest du m-m-mir vielleicht h-h-h-helfen?«, fragte Bill Denbrough. »Sein

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