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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Ziegelbrocken und häufte sie in der Nähe der Öffnung auf. Wenn das Monster zurückkehrte, wollte er aus einer günstigen Position heraus angreifen können. Noch war es draußen ganz hell – jetzt, im Mai, würde es noch lange nicht dunkel werden -, aber angenommen, der Vogel beschloss abzuwarten?
    Mike schluckte mit trockener Kehle.
    Über ihm: Tack-tack-tack.
    Er hatte jetzt einen ganz ordentlichen Vorrat an Munition, der hier im trüben Licht, wo die Sonne nicht mehr hinkam, wie ein Haufen Geschirrscherben aussah, den eine Hausfrau zusammengefegt hatte. Mike wischte sich die schmutzigen Handflächen an seiner Jeans ab und wartete einfach darauf, was als Nächstes passieren würde.
    Zunächst geschah gar nichts; der Vogel tappte unermüdlich auf dem Schornstein hin und her; wie ein schlafloser Mensch, der um drei Uhr nachts ruhelos im Zimmer auf und ab läuft. Ob das fünf Minuten dauerte oder aber fünfundzwanzig, das konnte Mike danach nicht sagen.
    Dann hörte er wieder seinen lauten Flügelschlag. Der Vogel ließ sich vor der Schornsteinöffnung nieder, und diesmal begann Mike, der hinter seinem Ziegelhaufen kniete, ihn mit Wurfgeschossen zu bombardieren, noch bevor er den Kopf senken konnte. Ein Ziegelbrocken prallte gegen eines der gelben schuppigen Beine, und aus der Wunde sickerte Blut, das fast so schwarz aussah wie die Teeraugen. Mike schrie triumphierend auf, aber seine dünne Stimme ging im wütenden Kreischen des Vogels fast unter.
    »Verschwinde!«, brüllte Mike. »Ich werde dich immer weiter bombardieren, bis du von hier abhaust, das schwöre ich bei Gott!«
    Das Vogelmonster flog wieder auf den Schornstein hinauf und setzte seine ruhelose Wanderung fort.
    Mike wartete.
    Schließlich hörte er es erneut mit den Flügeln schlagen und davonfliegen. Er rechnete damit, dass die gelben Beine, die große Ähnlichkeit mit Hühnerbeinen hatten, abermals vor der Öffnung auftauchen würden. Doch das geschah nicht. Überzeugt davon, dass es sich um irgendeinen Trick handeln musste, wartete er noch längere Zeit, bis ihm schließlich klar wurde, dass das gar nicht der wahre Grund für sein Ausharren im Schornstein war, sondern dass er ganz einfach Angst hatte, seinen sicheren Zufluchtsort zu verlassen.
    Los, nun überwinde dich schon! Du bist doch kein Hasenfuß!, machte er sich selbst Mut.
    Er schob einige Ziegelstücke in sein Hemd und nahm in beiden Händen so viel mit, wie er nur tragen konnte. Dann trat er aus dem Schornstein heraus, wobei er versuchte, seine Augen überall gleichzeitig zu haben. In diesem Moment wünschte er sich sehnlichst, ein zweites Augenpaar im Hinterkopf zu haben. Vor ihm, rechts und links, erstreckte sich nur das öde Gelände, übersät mit den rostigen Überresten der Eisenhütte. Er wirbelte auf dem Absatz herum, überzeugt davon, den Vogel auf dem Schornstein zu erblicken wie einen auf Beute lauernden Geier, einen einäugigen Geier, der nur abwartete, bis der Junge ihn sah, um ihn dann zum letzten Mal anzugreifen und ihn mit seinem scharfen Schnabel zu zerfetzen und zu zerfleischen.
    Aber der Vogel war nicht da.
    Er war tatsächlich weggeflogen.
    Jetzt erst ließen seine Nerven ihn fast im Stich.
    Er stieß einen zittrigen Angstschrei aus und rannte auf den verwitterten Holzzaun zu, der das Feld von der Straße trennte. Unterwegs ließ er seine Munition fallen, und als sein Hemd aus der Hose rutschte, fielen auch die restlichen Ziegelvorräte heraus. Sich nur mit einer Hand festhaltend, setzte er über den Zaun, packte die Lenkstange seines Fahrrads und rannte eine ganze Weile mit ihm die Straße entlang, bevor er aufsprang. Dann trat er wie wild in die Pedale; er wagte weder sich umzusehen noch langsamer zu fahren, bis er die Kreuzung Pasture Road und Outer Main Street erreicht hatte, wo lebhafter Verkehr herrschte.
    Als er nach Hause kam, wechselte sein Vater gerade die Zündkerzen an ihrem Traktor aus. Will betrachtete seinen Sohn von Kopf bis Fuß und meinte dann, er sehe furchtbar schmutzig und staubig aus. Mike zögerte den Bruchteil einer Sekunde, dann erzählte er seinem Vater, er wäre auf der Heimfahrt vom Rad gestürzt, als er einem Schlagloch ausweichen wollte.
    »Hast du dir was gebrochen, Mikey?«, fragte Will und musterte seinen Sohn jetzt noch sorgfältiger.
    »Nein, Sir.«
    »Verstauchungen?«
    »Auch nicht.«
    »Ganz sicher?«
    Mike nickte.
    »Hast du ein Andenken mitgebracht?«, fragte Will.
    Mike zog das Zahnrad aus seiner Tasche und zeigte es seinem

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