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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Haar, strich ihr eine Strähne aus der Stirn.
    Das Badezimmer ist voller Blut, Daddy!, hätte sie in diesem Moment fast geschrien. Hast du es denn nicht gesehen? Es ist überall! Es kocht sogar auf der Glühbirne! Hast du es denn nicht GESEHEN?
    Aber sie schwieg, und er ging hinaus und schloss hinter sich die Tür. Sie blieb allein in ihrem dunklen Zimmer zurück. Sie lag immer noch wach und starrte in die Dunkelheit, als ihre Mutter um halb zwölf nach Hause kam und der Fernseher ausgeschaltet wurde. Sie hörte, wie ihre Eltern ins Schlafzimmer gingen, sie hörte die Bettfedern quietschen, als sie diese Sex-Sache machten, von der Greta Bowie einmal Sally Mueller erzählt hatte, sie brenne wie Feuer und kein anständiges Mädchen wolle dabei mitmachen (»Zuletzt pinkelt der Mann dir auf die Mumu«, sagte Greta, und Sally schrie: »Oh, ich würde nie zulassen, dass ein Junge so was mit mir macht!«). Wenn es so wehtat, wie Greta sagte, behielt ihre Mutter den Schmerz für sich. Sie hatte sie ein- oder zweimal leise aufschreien hören, aber das hatte sich ganz und gar nicht wie ein Schmerzensschrei angehört.
    Das langsame Quietschen der Federn wurde stetig schneller, irrsinnig schnell, und dann hörte es abrupt auf. Eine Weile war Stille, dann leise Stimmen, anschließend ging ihre Mutter ins Bad. Beverly hielt den Atem an, wartete gespannt, ob ihre Mutter schreien würde oder nicht.
    Aber es ertönte kein Schrei – sie hörte nur, wie Wasser ins Waschbecken floss, kurz darauf gurgelnd ablief, und wie ihre Mutter sich die Zähne putzte. Dann quietschten wieder die Bettfedern im Schlafzimmer ihrer Eltern, als ihre Mutter sich hinlegte.
    Fünf Minuten später begann ihr Vater zu schnarchen.
    Eine düstere Angst überkam sie und schnürte ihr die Kehle zu. Sie hatte Angst, sich auf die rechte Seite zu drehen – ihre Lieblingsposition zum Einschlafen -, weil sie dann vielleicht sehen würde, dass etwas sie durchs Fenster anstarrte. Also blieb sie stocksteif auf dem Rücken liegen und starrte an die Decke. Einige Zeit später – Minuten oder Stunden – fiel sie in einen leichten, unruhigen Schlaf.

3
     
    Beverly wachte wie immer auf, als im Schlafzimmer ihrer Eltern der Wecker klingelte. Sie musste rasch reagieren, denn gleich nach den ersten Tönen stellte ihr Vater ihn ab. Während er ins Bad ging, zog sie sich schnell an. Dazwischen betrachtete sie – wie neuerdings fast immer – im Spiegel ihre Brüste und versuchte zu entscheiden, ob sie über Nacht größer geworden waren. Ende des Vorjahres hatte sie die ersten Ansätze entdeckt, und zuerst hatte sie leichte Schmerzen gehabt, aber jetzt nicht mehr. Sie waren noch sehr klein – nicht einmal so groß wie Frühlingsäpfelchen -, doch ihr Vorhandensein ließ sich nicht leugnen. Es stimmte, die Kindheit würde enden und bald würde sie eine Frau sein.
    Sie lächelte ihrem Spiegelbild zu, schob mit einer Hand von hinten ihre Haare hoch und streckte ihre Brust heraus. Sie lachte leise vor sich hin. Es war ein ganz natürliches Kleinmädchenlachen … aber plötzlich fiel ihr ein, was am Vorabend im Bad passiert war, und ihr Lachen endete abrupt.
    Sie betrachtete ihren Arm, und da war die Schwellung, ein hässlicher großer blauer Fleck zwischen Ellbogen und Schulter.
    Der Toilettendeckel knallte, die Spülung wurde betätigt.
    Beverly schlüpfte rasch in verblichene Jeans und ein Sweatshirt mit dem Aufdruck DERRY HIGHSCHOOL. Sie beeilte sich, um ihren Vater heute Morgen nicht gleich wieder zu verärgern (sie wollte an diese Morgen nicht mal von ihm bemerkt werden). Und dann konnte sie es nicht länger hinausschieben – sie musste ins Bad. Im Wohnzimmer traf sie ihren Vater, der ins Schlafzimmer zurückging, um sich anzuziehen. Er hatte einen blauen Pyjama an, der ihm lose am Körper hing. Er grunzte ihr etwas zu, was sie aber nicht verstehen konnte.
    Sie stand einen Augenblick vor der geschlossenen Badtür und versuchte, sich seelisch auf das einzustellen, was sie vielleicht gleich sehen würde. Wenigstens ist es jetzt hell, dachte sie, und das tröstete sie ein wenig. Nicht viel, aber ein bisschen. Sie griff nach dem Türknauf, drehte ihn und ging hinein.

4
     
    Beverly hatte an diesem Tag viel zu tun. Sie machte ihrem Vater das Frühstück – Orangensaft, Rühreier, Toast à la Al Marsh (das Brot musste heiß, durfte aber nicht stark getoastet sein). Er setzte sich an den Tisch, verbarrikadierte sich hinter der Zeitung und aß alles auf.
    »Wo ist der

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