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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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aber Ben starrte wie gebannt Mike an und bemerkte Bills Blicke gar nicht. »Ich komme mir jetzt ziemlich mies deswegen vor, Mike. Ich komme mir vor wie ein Haufen Scheiße.«
    »Amen«, meinte Beverly.
    Mike schüttelte geduldig den Kopf. »Ihr braucht absolut keine Schuldgefühle zu haben. Keiner von euch. Glaubt ihr, es sei meine freie Entscheidung gewesen, hier in Derry zu bleiben – oder eure freie Wahl, es zu verlassen? Verdammt, wir waren Kinder. Aus diesen oder jenen Gründen sind eure Eltern weggezogen – und euch haben sie natürlich mitgenommen. Meine Eltern sind hiergeblieben. Und war das wirklich ihre freie Wahl – war es die freie Wahl eurer Eltern? Ich glaube nicht. Auf welche Weise wurde entschieden, wer hierbleiben und wer fortgehen würde? War es Zufall? Schicksal? Es? Irgendwas anderes? Ich weiß es nicht. Aber jedenfalls waren es nicht wir Kinder. Also macht euch keine Vorwürfe.«
    »Du bist nicht … nicht verbittert?«, fragte Eddie schüchtern.
    »Dazu habe ich viel zu viel zu tun«, sagte Mike. »Ich beobachte und warte nun schon sehr lange … bewusst seit etwa fünf Jahren, seit ich in einer Art Alarmbereitschaft bin. Und seit Jahresbeginn führe ich so eine Art Tagebuch. Und wenn jemand schreibt, so denkt er schärfer nach, glaube ich … vielleicht konzentriert man sich aber auch nur besser auf ein bestimmtes Thema. Und eines der Dinge, über die ich viel geschrieben und nachgedacht habe, ist das Wesen von Es. Es verändert sich, das wissen wir. Ich glaube, dass Es auch manipuliert, und dass Es einfach durch seine Natur den Menschen sein Siegel aufdrückt – so wie man den Gestank eines Skunks selbst nach dem Waschen in den Haaren behält, wenn es sein Drüsensekret in unmittelbarer Nähe verspritzt hat. Wie einem ein Grashüpfer Saft in die Hand spritzt, wenn man ihn fängt.«
    Mike knöpfte langsam das Hemd auf und zog es auseinander. Sie konnten alle das rosa Gewebe von Narben auf der Brust zwischen den Brustwarzen sehen.
    »Wie Krallen Spuren hinterlassen«, sagte er.
    »Der Werwolf«, stöhnte Richie fast. »O Himmel, Big Bill, der Werwolf! Als wir wieder in die Neibolt Street gegangen sind!«
    »Was?«, fragte Bill. Er hörte sich wie ein Mann an, der aus einem Traum geweckt worden ist. »Was, Richie?«
    »Kannst du dich nicht erinnern? «
    »Nein … du?«
    »Ich … fast …« Richie, der verwirrt und ängstlich zugleich aussah, verstummte.
    »Willst du damit sagen, dass Es nicht böse ist?«, fragte Eddie plötzlich. Er starrte wie hypnotisiert auf die Narben. »Dass Es nur ein Teil der … der natürlichen Weltordnung ist?«
    »Es ist nicht Teil einer natürlichen Ordnung, die wir verstehen oder gelten lassen«, sagte Mike und knöpfte das Hemd wieder zu, »und ich sehe keinen Grund, auf einer anderen Grundlage vorzugehen als dem, was wir wissen: Es tötet. Es tötet Kinder, und das ist falsch. Bill hat das vor uns anderen begriffen. Erinnerst du dich, Bill?«
    Bill nickte. »Ich wollte Es töten«, sagte er, und zum ersten Mal seit seiner Rückkehr sprach er das Pronomen »Es« bewusst wie einen Eigennamen aus. »Aber ich habe damals natürlich nicht an irgendeine Weltordnung gedacht. Ich wollte Es nur töten, weil Es Georgie ermordet hatte.«
    »Und willst du das immer noch?«
    Bill dachte intensiv darüber nach. Er betrachtete seine auf dem Tisch liegenden Hände und dachte an George im gelben Regenmantel mit Kapuze, wie er das Papierboot mit der dünnen Paraffinschicht in der Hand hielt. Dann sah er Mike an.
    »M-M-Mehr denn je«, sagte er.
    Mike nickte, als wäre das genau das, was er erwartet hatte. »Es hat seine Spuren an uns hinterlassen. Es hat uns seinen Willen aufgezwängt, wie Es dieser ganzen Stadt seinen Willen aufgezwängt hat, tagein, tagaus, selbst in den langen Perioden, wenn Es geschlafen oder überwintert hat oder was auch immer Es zwischen seinen … seinen Wachperioden macht.«
    Mike hob einen Finger.
    »Aber wenn Es uns seinen Willen aufgezwängt hat, dann haben wir Ihm irgendwie auch einmal unseren Willen aufgezwängt. Wir haben Es aufgehalten, bevor Es fertig war – das weiß ich. Haben wir Es geschwächt? Verletzt? Haben wir Es vielleicht sogar fast getötet? Ich glaube, so war es. Wir waren so nahe dran, Es zu töten, dass wir in dem Glauben fortgegangen sind, wir hätten es getan.«
    »Aber an den Teil kannst du dich auch nicht erinnern, oder?«, fragte Ben.
    »Nein. Ich kann mich völlig deutlich an alles bis zum 15. August 1958 erinnern. Aber

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