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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sich fast augenblicklich wieder auf. »Das war dein kleiner Beitrag zum Klub der Verlierer, oder nicht, Haystack?«
    »Ja, wahrscheinlich schon.«
    »Was für ein Mann!«, sagte Richie mit zitternder, ehrfürchtiger Stimme, dann verbeugte er sich über dem Tisch und steckte dabei jedes Mal fast die Nase in die Teetasse. »Was für ein Mann! Meine Fresse, welch ein Mann!«
    »Piep-piep, Richie«, sagte Ben feierlich und brüllte dann vor Lachen – ein tiefer Bariton, der keinerlei Ähnlichkeit mit seiner piepsigen Kinderstimme hatte. »Immer noch der alte Taugenichts.«
    »Wollt ihr meine Geschichte nun hören oder nicht?«, fragte Richie. »Ihr dürft mich auch ruhig mit eurem ›Piep-piep‹ zum Schweigen bringen, wenn’s euch zu viel wird. Ich kann einiges vertragen. Schließlich habt ihr hier einen Mann vor euch, der einmal ein Interview mit Ozzy Osborne gemacht hat.«
    »Erzähl«, sagte Bill. Er warf einen Blick auf Mike und stellte fest, dass Mike jetzt glücklicher aussah – oder entspannter – als bisher. Kam das daher, dass er – wie Bill selbst – eine fast unbewusste Annäherung, ein neu erwachendes Zusammengehörigkeitsgefühl der Anwesenden spürte, was bei alten Freunden, die sich nach Jahren wiedersehen, kaum je der Fall ist? Höchstwahrscheinlich war es so, dachte Bill … und ihm fiel ein, was Mike vor Kurzem gesagt hatte: … wenn es bestimmte Voraussetzungen … für den Glauben an magische Kräfte gibt, der es ermöglicht, die erforderlichen magischen Kräfte auszuüben, so werden sich diese Voraussetzungen unweigerlich einstellen. Es war kein besonders tröstlicher Gedanke. Er kam sich vor wie ein Mann, der auf den Sprengkopf eines Marschflugkörpers geschnallt ist.
    Piep-piep, in der Tat.
    »Nun, ich könnte eine lange, sentimentale Geschichte daraus machen, aber ich werde euch nur die Reader’s-Digest-Fassung servieren«, sagte Richie. »In dem Jahr, in dem ich nach Kalifornien umzog, lernte ich ein Mädchen kennen. Wir verliebten uns irrsinnig ineinander. Zogen zusammen. Anfangs nahm meine Freundin die Pille, aber sie vertrug sie schlecht. Dann wollte sie sich die Spirale einsetzen lassen, aber davon hielt ich nicht viel – damals kamen die ersten Berichte auf, dass sie doch nicht richtig sicher sei.
    Wir unterhielten uns sehr oft über Kinder und stimmten völlig überein, dass wir keine wollten, selbst wenn wir geheiratet hätten. Es wäre verantwortungslos, Kinder in so eine beschissene, gefährliche, überbevölkerte Welt zu setzen … blabla-bla … rhabarber-rhabarber-rhabarber, gehen wir und legen wir eine Bombe im Männerklo der Bank of America und dann wieder zurück auf die Matratze, ein bisschen Dope und eine Diskussion über den Unterschied zwischen Maoismus und Trotzkismus, wenn ihr versteht, was ich meine.
    Vielleicht bin ich auch uns beiden gegenüber zu hart. Scheiße, wir waren jung und einigermaßen idealistisch. Tatsache ist jedenfalls, ich hab mir die Drähte durchschneiden lassen, wie es die Leute in Beverly Hills mit ihrem unnachahmlichen vulgären Chic ausdrücken. Die Operation verlief problemlos, ich hatte keine Nachwirkungen. Die kann es nämlich geben, wisst ihr. Ich hatte einen Freund, dessen Eier sind etwa zur Größe der Reifen eines 1959er Cadillac angeschwollen. Ich wollte ihm zum Geburtstag ein Paar Hosenträger und zwei Fässer als Sackhalter schenken, aber leider sind sie vorher wieder abgeschwollen.«
    »Das hast du sehr schön mit deinem sprichwörtlichen Takt- und Anstandsgefühl ausgedrückt, Richie«, bemerkte Bill trocken, und Beverly begann sofort wieder zu kichern.
    Richie grinste. »Herzlichen Dank, Bill, für diese anerkennenden Worte aus so berufenem Munde. In deinem letzten Buch kam zweihundertsechsmal das Wort ›Scheiße‹ vor. Ich hab’s nachgezählt.«
    »Piep-piep, Schandmaul«, sagte Bill feierlich, und wieder lachten alle. Bill konnte kaum glauben, dass sie vor weniger als zehn Minuten über ermordete Kinder gesprochen hatten.
    »Erzähl weiter, Richie«, sagte Ben. »Aber fasse dich möglichst kurz. Die Zeit steht nicht still.«
    »Sandy und ich lebten zweieinhalb Jahre zusammen«, fuhr Richie fort. »Zweimal hätten wir fast geheiratet. Gut, dass wir’s letzten Endes doch gelassen haben – dadurch sind uns die ganzen Probleme mit Aufteilung des gemeinsamen Besitzes und so weiter erspart geblieben. Sie bekam ein sehr gutes Angebot, in einer auf Körperschaftsrecht spezialisierten Kanzlei in Washington zu arbeiten, und ich bekam

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